05.10.2021 Aufrufe

SPIEGEL START 01/2021

Das Magazin für Uni und Arbeit SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre. Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund. Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.

Das Magazin für Uni und Arbeit

SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre.

Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund.

Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.

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STUDIUM UND BERUFSEINSTIEG

gen? Was sollte vielleicht sogar in die Post-Corona-

Zeit übernommen werden?

CORONA ALS ANTRIEBSKRAFT

Für Betty Lohmeyer aus Hamburg war Corona der

Schubs, den sie gebraucht hat, so sagt sie es. Denn sie

habe nicht nur von der Politik irgendwann die Nase

voll gehabt, sondern auch von sich selbst. »Ich wollte

nicht mehr nur schimpfen und klagen, ich wollte dafür

sorgen, dass wir Studierenden gesehen werden, dass

wir uns Gehör verschaffen und dass wir nicht mehr

übergangen werden.« Im Juni dieses Jahres trat Lohmeyer

der Partei Bündnis 90/Die Grünen bei. Schon

in der Vergangenheit habe sie häufiger mit dem Gedanken

gespielt, sich politisch zu engagieren, den Eintritt

in eine Partei jedoch immer wieder aufgeschoben,

sagt sie. Die Unsicherheit, welche die richtige für sie

ist, habe sie abgehalten. »Ich hatte immer gedacht, dass

man 100 Prozent mit allem einverstanden sein müsste,

was eine Partei befürwortet, um ihr anzugehören. Doch

die Pandemie hat mir gezeigt, dass man nicht zu lange

zögern sollte.« Bei den Grünen will Lohmeyer jetzt

unter anderem die Bildungspolitik mitgestalten, sich

für die Bedürfnisse von Studierenden einsetzen.

Das Erleben einer Krise und das Gefühl, abgehängt

zu sein, als Anschub für politisches Engagement

– dieser Zusammenhang sei nicht ungewöhnlich, sagt

Student Dichte:

»Für mich ist der

Onlineunterricht

ein Segen«

der Politikwissenschaftler und Jugendforscher Mathias

Albert. Vor allem bei denjenigen, die sich ohnehin

schon für Politik interessiert hätten, könnten einschneidende

Veränderungen im eigenen Leben der letzte

Funke sein, den es braucht, um nicht mehr länger nur

zuzugucken, sondern mitmischen zu wollen.

Wächst durch Corona etwa eine neue, politischere

Generation Studierender heran? Um das beurteilen

zu können, sei es noch zu früh, sagt Albert: »Inwieweit

das Engagement langfristiger Natur ist und sich vielleicht

sogar zu einer Art Bildungsprotest entwickelt,

muss sich in den kommenden Monaten erst noch zeigen.«

Fest steht aber, dass sich in der Pandemie landauf,

landab Initiativen gegründet haben, um die Anliegen

der Studierenden zu vertreten. Im sächsischen Mittweida

beispielsweise organisierten Studierende in Eigenregie

Impfungen mit AstraZeneca und errichteten

ein Testzentrum auf dem Campus, weil sie nicht länger

auf offizielle Angebote von Politik oder Hochschule

warten wollten. In Berlin schaffte es »Nicht nur Online«,

ein Zusammenschluss von Studierenden aller

Berliner Hochschulen, ihre Kommiliton:innen hinaus

auf die Straße zu bringen, zu Seminaren unter freiem

Himmel. Bundesweit schrieben Studierende offene

Briefe an die Politik.

Die Kritik der Betroffenen ähnelt sich: Man habe

monatelang zugunsten der Allgemeinheit verzichtet,

doch zurück bekäme man nichts, mehr noch, man spiele

in den Planungen der Regierung gar keine Rolle.

Aber die Aktionen zeigen auch, wie aus dem Gefühl,

vergessen zu werden, der Impuls entstehen kann, die

Dinge selbst in die Hand zu nehmen – so wie bei Betty

Lohmeyer: »Durch meine Tätigkeit in der Politik kann

ich etwas bewegen. Der Stillstand aus der Corona-Zeit

ist endlich vorbei.«

FLEXIBILITÄT ALS VORTEIL

Die Coronakrise, das ist keine Frage, hätte niemand

gebraucht. Aber manchmal steckt eben sogar in der

Katastrophe etwas Positives. Auch bei Daniel Dichte

und Kim Phuong Mol war das so. Die beiden kennen

sich nicht. Dichte wohnt in Hamburg, Mol mehr als 400

Kilometer entfernt in Köln. Dichte studiert Technische

Informatik, Mol Wirtschaftspädagogik. Beide haben jedoch

eine Gemeinsamkeit: Sie genießen die neue Flexibilität,

die Corona an die Hochschulen gebracht hat.

Kim Phuong Mol, 28 Jahre alt, ist nicht nur Studentin,

sondern auch Mutter von zwei Töchtern, zwei

und fünf Jahre alt. Zur Uni brauchte sie vor Corona

eine halbe Stunde, davor musste sie ihren Kindern

Frühstück machen, sie anziehen und die Große zur

Kita bringen. Oft sei sie schon abgehetzt in die Vor -

lesung gekommen, erzählt Mol. Hatte die Kleinere

schlecht geschlafen, war es auch um Mols Konzentration

nicht gut bestellt: »Bei der dritten Veranstaltung

am Tag habe ich gemerkt, dass es eigentlich sinnlos

war, mich noch reinzusetzen. Doch weil der Stoff prüfungsrelevant

war, hatte ich keine Wahl.« War eines

der Kinder krank und der Vater beruflich unterwegs,

musste Mol zu Hause bleiben – und sich darauf verlassen,

dass die Kommiliton:innen sie später mit Materialien

und Aufzeichnungen versorgten.

Als die Politik im März 2020 den ersten Shutdown

verhängte, änderte sich diese Situation grund -

legend. Wie alle anderen Studierenden lernte Mol von

zu Hause aus. »Es war anstrengend«, sagt sie, »keine

Frage. Wer sitzt schon gern wochenlang in den eigenen

vier Wänden fest?« Doch für Mol kristallisierten sich

12 SPIEGEL START Nr. 1 / 2. 10. 2021

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