SPIEGEL START 01/2021
Das Magazin für Uni und Arbeit SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre. Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund. Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.
Das Magazin für Uni und Arbeit
SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre.
Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund.
Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.
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STUDIUM UND BERUFSEINSTIEG
nach ein paar Wochen auch Vorteile heraus: »Plötzlich wurden
die Veranstaltungen aufgezeichnet, ich konnte selbst entscheiden,
wann und wo ich sie mir ansehe. Das war vor allem bei schwierigen
Fächern wie Makroökonomie ein enormer Gewinn, sogar meine
Noten sind besser geworden.«
Könnte Daniel Dichte hören, was Mol erzählt, er würde vermutlich
eifrig nicken. Dichte, 29 Jahre alt, hat kein Kind. Doch er
hat eine Freundin in Spanien, drei zeitintensive Nebenjobs – und
er hat ADHS, das Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom. Wenn andere
gegen Abend müde werden, beginnt für Dichte die Zeit, in der er
am besten lernen kann: »Ab etwa 18 Uhr bin ich erfahrungsgemäß
am wachsten im Kopf.« Uni-Seminare fänden zu so später Stunde
an seiner Hochschule jedoch so gut wie nie statt. Dichte sagt: »Für
mich ist der Onlineunterricht ein Segen, weil ich nun selbst -
bestimmter lernen kann.« Zwar vermisse auch er den Kontakt zu
seinen Kommiliton:innen und die persönlichen Begegnungen mit
den Lehrenden, doch die positive Erfahrung habe für ihn über -
wogen. »Während des dritten Lockdowns wurde der Vater meiner
Freundin in Spanien sehr krank.« Er sei sofort nach Murcia gereist,
um der Familie beizustehen. Seine Vorlesungen, Seminare und
Gruppenarbeiten habe er von dort erledigt. »Hätte ich nicht online
studieren können, hätte ich nicht helfen können. Oder ich hätte
geholfen und dafür auf meine Scheine verzichten müssen.«
Kim Phuong Mol und Daniel Dichte hoffen, dass Onlinelehre
auch künftig Teil ihres Studiums bleiben wird – und damit sind
sie nicht allein. In einer im Wintersemester 2020/21 durchgeführten
Befragung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) unter
mehr als 27 000 Studierenden und über 650 Professor:innen
wünschte sich ein großer Teil, dass digitale Lehrelemente auch
nach der Pandemie gezielt eingebunden werden sollen, als Ergänzung
zur Präsenzlehre. Insbesondere Aufzeichnungen von Lehrveranstaltungen
finden Studierende demnach hilfreich.
Umfrageergebnisse wie diese überraschen Karin Bjerregaard
Schlüter nicht. Sie ist Digitalexpertin und organisiert aktuell im
Studiengang Leadership in digitaler Innovation an der Universität
der Künste Berlin die Weiterentwicklung der digitalen Lehre. »Corona
hat etwas beschleunigt, was schon längst überfällig war«,
sagt sie. »Im ersten Lockdown war es stressig, denn alle Lehrenden
– und auch die Studierenden – mussten sich neu organisieren und
erst einmal einarbeiten. Das war zeitraubend. Aber ich habe den
Eindruck, dass die meisten Studierenden mittlerweile viele Vorteile
in der Onlinelehre sehen.« Neben der Flexibilität, von der Mol
und Dichte schwärmen, nennt die Expertin weitere Beispiele. Die
Effizienz: »Gruppenarbeiten funktionieren digital viel besser, weil
schon die Aufteilung der Gruppen schneller geht. Niemand muss
warten, bis alle einen Platz gefunden haben.« Die Möglichkeiten:
»Das Studium wird internationaler, wenn man Lehrende aus aller
Welt für ein Seminar über Zoom zuschaltet oder Studierende per
Microsoft Teams an Veranstaltungen anderer europäischer Hochschulen
teilnehmen.«
Bjerregaard Schlüter ist überzeugt, dass sich in Zukunft eine
hybride Variante des Studiums durchsetzen wird. So werden Studierende
die Wahl haben, ob sie ihre Vorlesung lieber morgens
live im Hörsaal verfolgen wollen oder später zu Hause am Küchen -
tisch. Alles ins Internet verlagern, das möchte aber auch sie, ein
ausgewiesener Fan des Digitalen, nicht. Denn erstens hängt der
Erfolg von digitaler Lehre auch vom passenden Equipment und
einer ausreichend schnellen Internetverbindung ab – Dinge, die
längst nicht für alle Studierenden selbstverständlich sind. Und
zweitens: »Lernen ist immer eine Mischung aus Wissensvermittlung
und Emotion«, sagt Bjerregaard Schlüter. »Letzteres kann
man in der Onlinelehre nur sehr schwer rüberbringen.«
ACHTSAMKEIT ALS ERRUNGENSCHAFT
Dass Studieren mehr ist, als Vorlesungen zu absorbieren und Prüfungen
zu schreiben, das wurde in der Pandemie überdeutlich.
Betty Lohmeyer erzählt, dass sie sich häufig einsam gefühlt habe
– obwohl sie zunächst mit ihrem Freund und später auch mit dessen
HOCHSCHULEN IN DER
CORONAPANDEMIE
9. MÄRZ 2020
Die WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar,
Rheinland-Pfalz, muss als erste deutsche Hochschule
wegen Corona vorübergehend ihren Campus schließen.
Ein Studierender hatte sich mit dem Virus infiziert.
MÄRZ 2020
Bund und Länder beschließen erste Maßnahmen zur
Eindämmung des Coronavirus. Bereits laufende Präsenzveranstaltungen
an den Hochschulen werden ausgesetzt,
der Beginn des Sommersemesters nach hinten verlegt.
2. APRIL 2020
Die Kultusministerkonferenz verschiebt den Vorlesungsbeginn
des Wintersemesters auf den 1. November, einheitlich
für Universitäten und Fachhochschulen.
15. APRIL 2020
Es gibt erste Erleichterungen bei den Coronamaßnahmen.
Neben Prüfungen dürfen auch bestimmte Praxisveranstaltungen
wieder vor Ort stattfinden, sofern Hygiene- und
Abstandsregeln eingehalten werden. Der Großteil der Kurse
wird aber weiterhin digital abgehalten.
8. MAI 2020
Der erste Teil der Überbrückungshilfe für Studierende
startet: Sie können sich nun bei der staatlichen Förderbank
KfW vorübergehend zinsfrei Geld leihen.
16. JUNI 2020
Wer wegen Corona in eine Notlage gekommen ist, kann
einen Zuschuss bei seinem Studierendenwerk beantragen –
der zweite Teil der Überbrückungshilfe. Es gibt heftige
Kritik: Die Hürden seien zu hoch, die Beträge zu gering.
16. DEZEMBER 2020
Es gelten wieder verschärfte Coronaregeln: Hochschulen
sind geschlossen, Präsenzlehre findet quasi nicht statt. So
bleibt es für die folgenden Monate.
3. MÄRZ 2021
In einem Beschlusspapier der Bund-Länder-Konferenz
werden Öffnungsschritte festgelegt – und Hochschulen
mit keinem Wort erwähnt. Studierende protestieren.
23. APRIL 2021
Die Bundesnotbremse tritt in Kraft. Ab einer Inzidenz
von 100 ist auch an Hochschulen nur noch Wechselunterricht
erlaubt, ab einem Wert von 165 nur noch Distanz -
unterricht. Länder und Hochschulen kritisieren die Regelungen
– und erwirken später Änderungen. So entfällt die
Pflicht zum Wechselunterricht, bestimmte Praxisver -
anstaltungen sind auch bei hoher Inzidenz weiter möglich.
MAI 2021
Angesichts sinkender Inzidenzwerte bereiten einige Hochschulen
erste Öffnungsschritte vor.
AUGUST – SEPTEMBER 2021
Im Wintersemester soll es wieder mehr Präsenzlehre
geben, kündigen Länder und Hochschulen an. Was genau
das bedeutet und wie es funktionieren soll, dazu gibt es
viele Diskussionen – und nicht immer klare Antworten.
Nr. 1 / 2. 10. 2021 SPIEGEL START 13