SPIEGEL START 01/2021
Das Magazin für Uni und Arbeit SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre. Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund. Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.
Das Magazin für Uni und Arbeit
SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre.
Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund.
Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ALLTAG UND BEZIEHUNG
DIE GRÜNE WELLE
Einst trutschig, heute hip: In Deutschlands Wohnzimmern blüht und gedeiht es
– und im Internet regnet es Herzchen für in Szene gesetzte
Zimmerpflanzen. Woher kommt die Sehnsucht nach mehr Natur zu Hause?
Und wie nachhaltig ist der Trend?
TEXT SOFIE CZILWIK UND CHRISTINA SPITZMÜLLER
FOTOS TAMARA ECKHARDT
Das Berliner
Geschäft »The Bota -
nical Room« bietet
ausgefallene Pflanzen,
die zugleich
als Designobjekte
fungieren können.
I
m Berliner Szenebezirk Kreuzberg, zwischen Bio-Supermarkt
und veganem Schuhladen, lässt Hanni Schermaul
um die Mittagszeit die Rollläden ihrer Boutique hoch. Im
Schaufenster werden keine Kleider oder Handtaschen ausgestellt,
sondern Pflanzen in allen möglichen Farben und Formen:
30 Jahre alte, dicke Kakteen und filigrane, langblättrige Grünpflanzen,
die an durchsichtigen Fäden am Fenster baumeln. Schermaul
bezeichnet ihren Pflanzenladen »The Botanical Room« als
Boutique, weil hier keine gewöhnlichen Gummibäume über die
Ladentheke wandern. Jede Pflanze ist ein Unikat, und jede findet
hier ihren passenden Topf.
Das einzige Kriterium für die Auswahl des Sortiments: Die
Pflanzen müssen Schermaul gefallen. »Wie eine lebendige Skulptur«
erfüllen Pflanzen Räume mit Leben, so empfindet sie es. Die
Pflanzen in ihrer Boutique sind Teil eines urbanen Lifestyles. Zum
modischen Kleidungsstil und der ausgefallenen Frisur kommt nun
das passende Grün. Und das Geschäft mit den Zimmerpflanzen
läuft gut: Allein in Deutschland wurden 2020 für 1,6 Milliarden
Euro Pflanzen verkauft. Jahrelang war das Niveau einigermaßen
stabil, aber vor allem in den vergangenen zwei Jahren sind die
Umsätze deutlich gestiegen. Auch der Marktanteil stieg im vergangenen
Jahr um sechs Prozent.
Patricia Rahemipour beobachtet den Trend zur Zimmerpflanze
schon länger. Sie ist Direktorin des Instituts für Museums -
forschung und kuratierte 2019 im Botanischen Garten in Berlin
eine Ausstellung: »Geliebt, gegossen, vergessen: Phänomen
Zimmerpflanze«. Wie erklärt sie sich den Hype? »Pflanzen sind
nicht nur schön, sie werden auch zum Designobjekt. Für mich war
das auffällig, als ich das erste Mal gesehen habe, dass es Blumentöpfe
gibt, die umgekehrt an der Decke montiert werden. Die
Zimmerpflanze wächst dann nicht nach oben, sondern nach unten
heraus.«
Bleibt die Pflanze da überhaupt noch Pflanze? Es gehe oft
nur noch darum, sagt Rahemipour, wie sie aussieht. »Das Bedürfnis
nach Individualisierung ist zurzeit groß, gleichzeitig machen
alle das Gleiche.« Sehe man bei seinem Freund eine besondere
Monstera-Variante, kaufe man sich selbst eine noch ausgefallenere
Variante. »Das ist dann auf der Ebene: mein Auto, mein Haus,
mein Schiff.« Oder eben: meine Altbauwohnung, mein Rennrad,
meine Zimmerpflanze. Auf Instagram, dem passenden Medium
74 SPIEGEL START Nr. 1 / 2. 10. 2021