05.10.2021 Aufrufe

SPIEGEL START 01/2021

Das Magazin für Uni und Arbeit SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre. Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund. Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.

Das Magazin für Uni und Arbeit

SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre.

Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund.

Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.

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KOLUMNE: MEIN ERSTES JAHR IM JOB

»Ich erlebe

Weltpolitik

hautnah«

In jeder Ausgabe von SPIEGEL START

erzählen Berufsanfänger:innen von ihren

ersten Erfahrungen im Job. Nardine

Luca, 26, arbeitet als Projektmanagerin bei

der Münchner Sicherheitskonferenz.

N

ach dem Abitur wollte ich lernen, wie in anderen Ländern

Politik gemacht wird. Deshalb zog ich für mein

Studium nach Deutschland. Danach wollte ich eigentlich

in meine Heimat Ägypten zurückkehren und Poli -

tikerin werden. Doch ich blieb – und fand hier einen

Job, bei dem ich nicht nur zuschauen, sondern aktiv mitgestalten

kann.

Ich bin in Kairo geboren und aufgewachsen.

Dort habe ich eine deutsche Schule

besucht. Mein Vater arbeitet für eine deutsche

Firma und war überzeugt, dass mir die

Sprache nützen würde. Ich war in der zehnten

Klasse, als 2011 die ägyptische Revolution

begann, und fragte mich: Warum funktioniert

das mit der Demokratie in Ägypten

nicht – und wie machen es andere Länder?

Um das herauszufinden, beschloss ich, in

Deutschland Politikwissenschaft zu studieren.

An der Uni München machte ich einen

Bachelor in Politikwissenschaft und einen

deutsch-spanischen Doppelmaster in Internationalen

Beziehungen. Während dieser

Zeit änderten sich meine Pläne: Direkt nach

der Uni in die ägyptische Politik einzusteigen

schien mir nicht mehr allzu realistisch.

Außerdem hatte ich mich in Deutschland

gut eingelebt. Es kam mir sinnvoller vor,

erst einmal hier praktische Erfahrungen zu

sammeln.

Der Arbeitsmarkt für Politik-Absolvent:innen

war aber zunächst eine Enttäuschung.

Es ist ein Teufelskreis: Man muss Arbeitserfahrung haben,

um einen Job zu finden. Aber man muss einen Job finden, um Arbeitserfahrung

zu bekommen. Die wenigen interessanten Stellen

bei internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen

sind sehr begehrt – und erfordern oft finanzielle Aufopferung. Unbezahlte

Praktika werden in diesem Bereich leider häufig vorausgesetzt.

Innerhalb von drei Monaten verschickte ich 20 bis 25 Bewerbungen,

auch für Praktika oder Traineeships. Irgendwann stieß

ich auf eine Ausschreibung der Münchner Sicherheitskonferenz

Foto: Kuhlmann / MSC

AUFGEZEICHNET VON

HELENE FLACHSENBERG

für eine Projektassistenz. Als Münchnerin war mir die MSC natürlich

ein Begriff. Jedes Jahr, wenn die Hauptkonferenz stattfindet,

ist die Innenstadt abgesperrt und voller Polizist:innen, die dafür

sorgen, dass die Politiker:innen sich ungestört über Sicherheitspolitik

austauschen können. Viel mehr wusste ich damals allerdings

nicht.

Im Vorstellungsgespräch kam mir ein Zufall zugute. Wir sprachen

darüber, dass ich in Kairo aufgewachsen war. Eine Woche

später bekam ich einen Anruf von der MSC, ob ich schon im

nächsten Monat anfangen könne. Neben der Hauptkonferenz in

München veranstaltet die MSC regionale Core-Group-Meetings

zur Sicherheitspolitik einzelner Länder. Ein solches Meeting stand

kurz bevor – in Kairo. Und so wurde ich direkt ins kalte Wasser

geworfen.

Ich reiste als Projektassistentin nach Kairo, vor Ort übernahm

ich allerdings viel mehr Verantwortung als für diese Position üblich.

Schließlich beherrschte ich die Sprache – und ich kannte die Stadt,

das Land und die Kultur. Ich organisierte also Hotels und Transport,

suchte nach passenden Locations, durfte mich aber auch inhaltlich

einbringen. Beispielsweise schlug ich vor, wer sich als Moderator:in

eignen würde oder welche Teilnehmer:innen noch zu einem

Round Table eingeladen werden sollten. Das war zwar viel auf

einmal, aber es machte Spaß.

Nach dem Meeting bekam ich die ursprünglich anvisierte

Stelle als Projektassistentin bei der Hauptkonferenz in München.

Diese Stellen sind in der Regel befristet auf fünf bis sechs Monate.

In der Zeit um die Konferenz wächst das Team der MSC um 35

bis 50 Personen. Von diesen werden jedes Jahr einige ins Stammpersonal

übernommen. Ich war eine davon: Im Juni 2020 wurde

ich als Junior Projektmanagerin im Bereich Strategic Projects eingestellt.

Eine unbefristete Stelle, mitten in der Pandemie – darüber

freute ich mich sehr.

Von meinen Freund:innen aus der Uni fährt zwar niemand

Taxi, doch die Krise hat die Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht unbedingt

verbessert. Auch das Gehalt war

im Vergleich zu anderen Junior-Stellen gut:

3200 Euro brutto, davon kann ich selbst in

München gut leben.

In meinem Job kümmere ich mich nun

um strategische Projekte. Das Ziel der MSC

ist es, eine Plattform für offenen Dialog bereitzustellen,

und dadurch Vertrauen zu

schaffen und zur friedlichen Lösung von globalen

Konflikten beizutragen. Ich helfe mit,

dieses Ziel zu verwirklichen. Zum Beispiel

organisiere ich Veranstaltungen wie Konzerte

oder Lesungen für die Münchner Bevölkerung

– damit wir nicht nur als die Veranstaltung

gesehen werden, für die ein Wochenende

lang die Innenstadt gesperrt wird.

Ich habe aber auch die Möglichkeit, mein

Wissen und meinen besonderen Fokus auf

Ägypten und Nordafrika einzubringen. Neulich

konnte ich unseren CEO davon überzeugen,

bei einer Podiumsdiskussion einer

afrikanischen Organisation teilzunehmen.

Ein Jahr nach meinem Arbeitsbeginn

wurde ich befördert, inzwischen bin ich Projektmanagerin,

ohne das »Junior«. Noch immer möchte ich irgendwann

nach Kairo zurück. Doch für den Moment ist mein Job

ideal: Ich erlebe Weltpoli tik hautnah.

Ich habe in Konferenzsälen mit Heiko Maas und Emmanuel

Macron gesessen, lerne unglaublich viel. Ich begreife, welche Akteur:innen

wichtig sind, mit wem man sprechen muss, damit Dinge

in Gang kommen. Und ich habe das Gefühl, in meiner Organisation

wirklich gehört zu werden und etwas zu bewirken. Das ist

beim ersten Job nicht selbstverständlich, denke ich – gerade als

Politikwissenschaftlerin.

Nr. 1 / 2. 10. 2021 SPIEGEL START 25

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