SPIEGEL START 01/2021
Das Magazin für Uni und Arbeit SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre. Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund. Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.
Das Magazin für Uni und Arbeit
SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre.
Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund.
Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.
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ALLTAG UND BEZIEHUNG
Esperit, ein niederländischer
Zimmerpflanzen-Großzüchter,
achtet auf
Nachhaltigkeit –
die Endabneh -
mer:innen erfahren
davon aber nichts.
BUND. Vor allem aber speichert Torf Kohlenstoff, und beim Abbau
stößt er das klimaschädliche CO 2 aus.
Auch bei Esperit aus Holland wird Torf verwendet – er ist
fester Bestandteil der für das Unternehmen speziell angefertigten
Pflanzenerde. Sowohl in der EU als auch in Deutschland sucht
man vergebens nach Beschränkungen beim Torfverkauf. Aus der
Industrie ist er nicht wegzudenken, beim Privatgebrauch wird
an das Gewissen der Verbraucher appelliert. Aber: Wer eine
Zimmerpflanze kaufen will, muss davon ausgehen, dass Torf im
Topf ist.
PFLANZEN ALS STÜCK HEIMAT
Seit Ende 2019 soll ein EU-weiter »Pflanzenpass« mehr Klarheit
bringen – aber auch der macht den Weg der Pflanze nicht wirklich
nachvollziehbar. Vielmehr geht es um Importbestimmung zur
Vermeidung von Einschleppung von Schädlingen. Nur die letzte
Station der Aufzucht muss in dem Pass angegeben werden. Echte
Transparenz? Fehlanzeige.
Dem Hype tut das keinen Abbruch. Esperit bedient die steigende
Nachfrage nach trendigen Pflanzen. Auf der Suche nach
dem nächsten großen Verkaufsschlager ist kein Weg zu weit. »Wir
sind in Kontakt mit bestimmten Leuten, meistens aus Asien, Afrika
oder Südamerika«, erklärt Yoram Westhoff. »Sie suchen in ihren
Regionen nach neuen Pflanzen, die sie an uns verkaufen können.
Es sind sozusagen Pflanzenjäger, Plant-Hunters, weil sie immer
auf der Jagd nach Pflanzen sind.«
Aber auch auf der Farm in den Niederlanden werden neue
Trends produziert. Sobald eine Pflanze anders wächst, aus der
Masse heraussticht, eine andere Farbe annimmt, züchten die Gärtnerinnen
und Gärtner von Esperit Plants mehrere Jungpflanzen
aus dieser Abweichlerin. Das dauert in der Regel zwei bis fünf
Jahre.
Eine Investition, die sich lohne, meint Yoram Westhoff. Er
zeigt auf eine Ansammlung von hüfthohen Gewächsen mit riesigen
Foto: Christina Spitzmüller / DER SPIEGEL
grünen Blättern und einem schwarzen Stiel. Alocasia Black Sabrina
heißt die Neuschöpfung – Alocasias haben eigentlich einen grünen
Stiel. Eine aber wuchs mit einem schwarzen. »Das ist das Außergewöhnlichste,
was wir in den letzten Jahren gefunden haben.«
Ein Fehler der Natur, sagt er. »Aber ein schöner Fehler.« Die Alocasia
Black Sabrina wird mittlerweile hundertfach produziert und
verkauft.
Stehen die Pflanzen dann erst mal in den Wohnungen, muss
sich der Mensch kümmern. Gibt es neben ihrem Designwert auch
noch eine emotionale Mensch-Pflanzen-Verbindung? Rahemipour
glaubt, dass Pflanzen für viele ein Stück Heimat seien. »Es ist
etwas anderes, ob ich etwas Lebendiges oder einen geerbten
Schrank von Wohnung zu Wohnung umziehe. Ich habe zum Beispiel,
als ich vor vielen Jahren von zu Hause ausgezogen bin, einen
Pfennigbaum von meiner Mama geschenkt bekommen. Mittlerweile
gibt es diesen Pfennigbaum in Hunderten Setzlingen. Aber
der ursprüngliche Pfennigbaum ist ein ganz wichtiger Teil meines
Lebens, und der darf nicht sterben.«
In der Botanik gebe es ein interessantes Konzept, das sich
»plant blindness« nennt, so die Kulturwissenschaftlerin. Das könne
man sich so vorstellen wie das Salz im Essen. »Ist es drin, fällt es
nicht weiter auf, ist es aber nicht drin, fehlt es.« Bei Pflanzen sei
das genauso. Die Leute sind von Grün umgeben, und sie sehen,
dass das Ambiente stimmig ist. Aber sie verstehen nicht so richtig,
warum.
Die Zimmerpflanze als Lebensbegleiterin also, zu der Menschen
eine Beziehung aufbauen und ohne die eine Leerstelle bleibt.
Für Hanni Schermaul aus Berlin-Kreuzberg sind die stilvollen
Pflanzen in erster Linie ein Geschäft. Dass sie in gute Hände geraten,
ist ihr trotzdem wichtig, sagt sie. Jeder Kunde, jede Kundin
bekomme mit den gekauften Pflanzen einen Steckbrief, auf dem
steht, wie oft sie gegossen werden darf und wie viel Licht sie
braucht. Ein Raum ohne Pflanze, sagt Hanni Schermaul, sei kein
vollständig eingerichteter Raum.
Nr. 1 / 2. 10. 2021 SPIEGEL START 77