SPIEGEL START 01/2021
Das Magazin für Uni und Arbeit SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre. Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund. Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.
Das Magazin für Uni und Arbeit
SPIEGEL START ist der Begleiter für Studierende auf ihrem Weg zum ersten Job und richtet sich an junge Leute unter 30 Jahre.
Bei SPIEGEL START steht der Mensch im Mittelpunkt: Themen wie z.B. Partnerschaft und Familie, Arbeitswelt, das Erreichen individueller Ziele und Lebensträume stehen im Vordergrund.
Die erste Ausgabe erscheint am 02.10.2021. Ab 2022 erscheint SPIEGEL START vier Mal im Jahr.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT
scher:innen, Expert:innen und Aktivist:innen. Es gäbe
deutlich weniger Nutztiere in diesem Deutschland,
kaum noch große Ställe; auf den Feldern würden statt
Mais und Weizen mehr Bohnen, Lupinen, Erbsen und
Sojapflanzen wachsen. Auf den Wiesen und Äckern
lebten mehr Tier- und Pflanzenarten, das Grundwasser
würde sich erholen, die deutschen Treibhausgasemissionen
sinken. Die Menschen trügen Schuhe aus Ananasblättern
und Synthetik und äßen Burger aus Fleischersatz.
Ab und zu würden sie Tabletten nehmen oder
angereicherte Lebensmittel essen, um ihre Nahrung
zu ergänzen. Aber im Großen und Ganzen lebten sie
gesünder als heute.
Deutschland in seiner veganen Variante sähe
auch anders aus. »Unter diesen Bedingungen benötigen
wir viel weniger Flächen, die bisher für den Anbau
von Futtermitteln belegt sind«, sagt Achim Spiller,
Agrarökonom an der Universität Göttingen. »Um eine
Kalorie aus Rindfleisch zu erhalten, müssen wir für
die Futtermittel der Tiere sieben Kalorien investieren,
die wir als Pflanzen auch direkt essen könnten. Bei
Schweinefleisch ist das Verhältnis immer noch eins zu
drei.« In der Landschaft stünden weniger Ställe, aber
mehr Treibhäuser für heimisches Obst und Gemüse,
vermutet Spiller. Wärme und Strom kämen aus Solaranlagen
und Windrädern, auf freien Flächen wüchsen
Energiepflanzen wie Raps für die Biogasanlagen.
Bisher wird etwa die Hälfte Deutschlands landwirtschaftlich
genutzt. Von den knapp 17 Millionen
Hektar sind rund 12 Millionen Ackerfläche und 5 Millionen
Grünland wie Weiden und Wiesen. Auf etwa
4,4 Millionen Hektar wächst derzeit Futter für Tiere –
26 Prozent der gesamten Agrarfläche. »Da die Versorgung
mit Proteinen aus Pflanzen wie Bohnen, Erbsen
und Lupinen aber deutlich effizienter ist als mit Fleisch
und Milch, würden bis zu zwei Millionen Hektar frei«,
sagt Urs Niggli, Vordenker des Ökolandbaus und bis
März 2020 Leiter des Forschungsinstituts für biologischen
Landbau in der Schweiz. Im veganen Deutschland
würde diese Fläche, immerhin so groß wie Rheinland-Pfalz,
genutzt: für mehr Naturschutzräume, mehr
Blühstreifen und Hecken für Insekten und Vögel. Weite
Moorflächen, auf denen keine Rinder weideten, würden
vernässt. An den Küsten stünden große Wassertanks,
in denen Algen für Lebensmittel gezüchtet würden.
»Nackte Böden, von denen der Wind die Ackerkrume
abträgt, würde es kaum noch geben«, glaubt
die Öko-Agrarberaterin Anja Bonzheim. »Wir haben
dann mehr Vielfalt in der Natur und auf dem Teller:
Wir essen neben Gemüse und Getreide auch mehr
Nüsse und Samen, mehr Bohnen, Amaranth und Buchweizen.«
Ein veganes Deutschland röche auch anders. Der
stechende Ammoniakgestank aus gedüngten Feldern
wäre verschwunden. Kleegras würde den tierischen
Dünger überflüssig machen. Die Überdosierung von
Stickstoff, derzeit ein großes Problem für Böden, Gewässer
und Wasserwerke, ginge massiv zurück. »An
den Stadträndern können riesige Kompostfarmen entstehen«,
sagt Christian Vagedes von der Veganen Gesellschaft
Deutschland. »Wir ersparen der Natur den
Wahnsinn von heute, dass wir jedes Jahr elf Millionen
Lastwagen mit Gülle irgendwohin kippen müssen.«
»Der Mist ist der heilige Christ, haben die Leute
früher gesagt«, sagt dagegen Kay Bohne in der warmen
Küche seines Dreiseithofs aus braunem Fachwerk im
sächsischen Stollsdorf. Bohne ist ein guter Bekannter
von Daniel Hausmann, beide sind Mitglieder im Bioverband
Gäa. Ihre Höfe trennen nur ein paar Hügel,
aber auch eine Weltanschauung: Während Hausmann
vegan ackert, nutzt der Bohne-Hof Tiere in traditioneller
bäuerlicher Ökolandwirtschaft.
Bohne kommt aus dem Nachbardorf, kaufte seinen
Hof nach der Wende und baute mit seiner Frau
Synke auf 20 Hektar Ackerland und 50 Hektar Wald
einen Biohof auf. Sie halten eine kleine Herde von
Biobauernpaar
Bohne mit Nutzpferden:
»Wir halten
und schlachten
Tiere, aber ich habe
mehr Verständnis
für einen Veganer
als für jemanden,
der Billigschnitzel
für 2,99 Euro kauft«
46 SPIEGEL START Nr. 1 / 2. 10. 2021