HANSA 11-2019
LNG-Neubau Atair | Europort | MPP-Report | Finanzierung Asien und U.K. | Start-Ups | Makler & Agenturen | MARINTEC 2019 | Maritime Silk Road | 23. HANSA-Forum
LNG-Neubau Atair | Europort | MPP-Report | Finanzierung Asien und U.K. | Start-Ups | Makler & Agenturen | MARINTEC 2019 | Maritime Silk Road | 23. HANSA-Forum
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SCHIFFFAHRT | SHIPPING<br />
»Wir wollen Fake News verhindern!«<br />
Schiffsgrößenwachstum vs. städtische Lebensqualität: Eine Gruppe von Kreuzfahrthäfen<br />
will mit dem »Call for Action 2030« einen Kompromiss finden. Der Initiator<br />
zieht für die <strong>HANSA</strong> eine erste Zwischenbilanz. Von Michael Meyer<br />
Nicht nur, aber auch in der italienischen<br />
Tourismus-Hochburg Venedig<br />
sind die immer größeren Kreuzfahrtschiffe<br />
und die immer größeren<br />
Passagiermassen gar nicht mehr so gern<br />
gesehen wie es noch vor einigen Jahren<br />
der Fall war. Einige Hafenstädte beziehungsweise<br />
deren Bürger klagen mittlerweile<br />
immer öfter über Umwelt- und<br />
Lärmbelastung, überlastete Verkehrsund<br />
Infrastruktursysteme.<br />
In Venedig gab es sogar lautstarken Protest.<br />
Hafenchef Pino Musolino sah sich daher<br />
gezwungen, aktiv zu werden. Er verfasste<br />
einen Brief mit einem »Call for<br />
Action 2030« an verschiedene Kreuzfahrthäfen<br />
Europas – darunter auch Hamburg<br />
–, um sich an einen Tisch zu setzen und<br />
Lösungen zu suchen. Darin hieß es: »Der<br />
Kreuzfahrtsektor war und ist eine großartige<br />
Einnahmequelle und eine Jobmaschine.<br />
Die daraus resultierenden Konflikte<br />
scheinen in der sehr nahen Zukunft aber<br />
nicht mehr handhabbar zu sein.«<br />
Jetzt fand ein erstes Treffen statt. Der<br />
Einladung gefolgt waren Vertreter aus<br />
Amsterdam, Palma de Mallorca, Bergen,<br />
Cannes, Dubrovnik, Malaga und Marseille<br />
Fos. Auch ein Vertreter des Internationalen<br />
Verkehrsforums nahm teil.<br />
»Die Kick-off-Sitzung war ein wichtiger<br />
erster Schritt in einem Prozess, der<br />
uns dazu veranlassen wird, einen Plan<br />
zur Innovation der europäischen Kreuzfahrtindustrie<br />
im Hinblick auf ökologische<br />
Nachhaltigkeit und soziale Akzeptanz<br />
zu erstellen«, sagte Musolino jetzt<br />
der <strong>HANSA</strong>. Es wurden Schlüsselthemen<br />
identifiziert, vor allem die Notwendigkeit,<br />
Emissionen zu reduzieren. »Alle erkennen<br />
an, dass wir einen Kompromiss zwischen<br />
der Größe der Schiffe und den physischen<br />
Eigenschaften der europäischen Stadthäfen<br />
finden müssen. Die soziale Akzeptanz<br />
gegenüber der Branche sollte verbessert<br />
werden«, so der Hafenchef weiter. Man<br />
wolle die Situation wissenschaftlich bewerten,<br />
»um Fake News zu vermeiden«.<br />
Neue Flotte der »Europa-Klasse«?<br />
Das Hauptziel der Initiative ist es, eine gemeinsame<br />
Plattform für maßgeschneiderte<br />
Strategien zur nachhaltigen Unterstützung<br />
der Entwicklung der Kreuzfahrtindustrie<br />
auf die Beine zu stellen, mit dem Ziel, die<br />
Bedürfnisse der Branche stärker mit den<br />
Anforderungen der Städte und Regionen in<br />
Einklang zu bringen. Man will nicht weniger<br />
als einen neuen und nachhaltigen Ansatz<br />
definieren, »mutig genug, um sogar<br />
mittelfristig die Schaffung einer kompatibleren<br />
Flotte in Betracht zu ziehen, die wir als<br />
neue ›Europa-Klasse‹ bezeichnen könnten.«<br />
»Die Teilnehmer sind sich einig über<br />
die Bedeutung der wirtschaftlichen Aspekte<br />
der Kreuzfahrtindustrie, haben aber<br />
gleichzeitig die Notwendigkeit erkannt,<br />
koordiniert einzugreifen, um die mit der<br />
Kreuzfahrtindustrie verbundenen Auswirkungen<br />
und Belastungen zu verringern<br />
oder zu beseitigen und gemeinsam mit den<br />
Betreibern das bisher angenommene Geschäftsmodell<br />
zu überdenken«, so das Abschluss-Statement.<br />
Um ein besseres Verständnis<br />
zu entwickeln, hatte der Hafen<br />
von Venedig eine Umfrage und eine Bewertung<br />
durchgeführt, um die spezifischen Bedürfnisse<br />
und Maßnahmen zu ermitteln,<br />
die für jeden der Häfen maßgeblich sind.<br />
Für den Moment fanden die Häfen zu<br />
einigen Zwischenergebnissen: Alle bekräftigten<br />
ihr Engagement für die Bewältigung<br />
der Umweltaspekte, wobei in den<br />
verschiedenen Häfen spezifische Lösungen<br />
entwickelt werden sollen. Es müsse<br />
ein »tragfähiger und praktikabler Kompromiss«<br />
zwischen der Größe der Schiffe<br />
und den geografischen und physischen<br />
Merkmalen der europäischen Häfen gefunden<br />
werden, von denen sich viele erheblich<br />
von den Häfen der übrigen Welt<br />
unterscheiden. Zudem sei es notwendig,<br />
den organisatorischen Aspekt der gesamten<br />
Wirtschaftskette zu verbessern, um<br />
die Auswirkungen auf die städtische Mobilität<br />
und die Lebensqualität in jedem<br />
Zielgebiet zu minimieren.<br />
Inwieweit die Initiative zu konkreten<br />
Ergebnissen führt – das explizite Ziel ist<br />
es, solche den maßgeblichen Institutionen<br />
vorzuschlagen, bleibt abzuwarten.<br />
Das nächste Treffen ist bereits terminiert,<br />
es findet im Januar auf Mallorca<br />
statt. Für die Zwischenzeit haben sich<br />
die Teilnehmer darauf geeinigt, auf die<br />
Ausarbeitung eines Aktionsplans »hinzuarbeiten«.<br />
n<br />
46 <strong>HANSA</strong> International Maritime Journal <strong>11</strong> | <strong>2019</strong>