Winter
| Die Dinge müssen sich weiterdrehen - Coverinterview mit Hubert Wetschnig | | Zu Tisch mit ... Christoph M. Achammer | | Hoch hinaus - Wie sich die Pandemie auf Wartungsverträge auswirkt | Greenwashing - es braucht mehr Tiefgang | Kommentare unter anderem von Andreas Gobiet, Julia Gorschkowa, Hannes Gerstmann, Clemens Hecht, Philipp Kaufmann und Alexander Bosak, Andreas Kreutzer, Yasmin Obojkovits | | Exklusiv im Fokus-Interview: Clemens Demacsek | | Was erwartet die Baubranche: Erich Benischek, Lukas Sattlegger, Georg Stadlhofer | Nachhaltigkeit auf Baustellen mit: Stefan Graf, Helmut Berger, Harald Mezler |mSanieren im Bestand: Herbert Hetzl, Helga Noack, Heinz Hackl, Robert Lechner |
| Die Dinge müssen sich weiterdrehen - Coverinterview mit Hubert Wetschnig |
| Zu Tisch mit ... Christoph M. Achammer |
| Hoch hinaus - Wie sich die Pandemie auf Wartungsverträge auswirkt | Greenwashing - es braucht mehr Tiefgang
| Kommentare unter anderem von Andreas Gobiet, Julia Gorschkowa, Hannes Gerstmann, Clemens Hecht, Philipp Kaufmann und Alexander Bosak, Andreas Kreutzer, Yasmin Obojkovits |
| Exklusiv im Fokus-Interview: Clemens Demacsek |
| Was erwartet die Baubranche: Erich Benischek, Lukas Sattlegger, Georg Stadlhofer | Nachhaltigkeit auf Baustellen mit: Stefan Graf, Helmut Berger, Harald Mezler |mSanieren im Bestand: Herbert Hetzl, Helga Noack, Heinz Hackl, Robert Lechner |
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Zum Autor<br />
Andreas Kreutzer ist Geschäftsführer des Beraternetzwerks<br />
Kreutzer Fischer & Partner mit Sitz in Wien. Seit nahezu<br />
30 Jahren unterstützt KFP unter anderem Unternehmen bei<br />
Marktanalysen und Projekten.<br />
Verzerrte Wahrnehmung<br />
Kommentar: Andreas Kreutzer<br />
Das Verhältnis von Wahrnehmung zu Wirklichkeit stellt ein Grundproblem<br />
dar, das für Philosophie und Wissenschaft seit der Antike zu<br />
den großen Herausforderungen zählt. Speziell die öffentliche Wahrnehmung<br />
ist oftmals nicht viel mehr als Fiktion. So auch beim Thema<br />
Baustoff-Recycling. Denn das ubiquitäre Deutungsmuster hat nur noch<br />
bedingt etwas mit der Realität zu tun. Baustoff-Recycling wird in Österreich<br />
seit Beginn der 1990er-Jahre professionell betrieben<br />
– ob mobil auf Baustellen oder stationär. Aufbereitungsanlagen<br />
sind flächendeckend vorhanden. Zuletzt wurden<br />
über achtzig Prozent der mineralischen Fraktion der<br />
Verwertung zugeführt. Mehr als sieben Millionen<br />
Tonnen Recycling-Baustoffe kommen Jahr für Jahr<br />
zum Einsatz. Die Gründe liegen nicht zuletzt in<br />
den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die<br />
es in Österreich zum Teil seit Jahrzehnten<br />
gibt, wie etwa das Altlastensanierungsgesetz,<br />
die Deponieverordnung und die Recycling-Baustoff-Verordnung.<br />
Für viele<br />
Bauunternehmen ist Baustoff-Recycling<br />
bereits Usus. Strabag erzeugte<br />
bzw. verwendete im Geschäftsjahr<br />
2020 rund 500.000 Tonnen Sekundärbaustoffe.<br />
Bei Porr werden jährlich rund<br />
zwei Millionen Tonnen an Baurestmassen<br />
recycelt.<br />
Ende der Deponien<br />
Laut aktuellster Novelle der Deponieverordnung dürfen ab 2024 die<br />
meisten mineralischen Baustoffe – etwa Ziegel aus der Produktion, dem<br />
Straßenaufbruch und dem Betonabbruch – in keinem Fall mehr deponiert<br />
werden. In den Jahren 2026/2027 wird die Liste auf Gipsplatten,<br />
Gipswandbauplatten, faserverstärkte Gipsplatten sowie künstliche Mineralfasern<br />
erweitert. Doch auch in anderen bauaffinen Warengruppen<br />
landet kaum noch etwas auf der Deponie. So werden seit vielen Jahren<br />
etwa von allen in Österreich ausgebauten, weil erneuerten Kunststofffenstern<br />
91 Prozent nachweislich einer Wiederverwertung zugeführt.<br />
Zugegeben, bei Verbundmaterialien ist eine industrielle Lösung für eine<br />
sortenreine Trennung nach wie vor nicht wirklich in Sicht. Aber Hand<br />
aufs Herz, hat aus umwelttechnischer Sicht die Wiederverwertung von<br />
Baustoffen wirklich höchste Priorität, zumal deren Lebenszyklus<br />
deutlich länger ist, als der der meisten anderen Waren<br />
und Güter, die unsere Volkwirtschaft begründen?<br />
Äpfel- und Birnenvergleich<br />
Fenster werden im Durchschnitt alle 45 Jahre<br />
erneuert, Vollwärmeschutz nach rund sechzig<br />
Jahren und Dachmaterial für Steildächer nicht<br />
vor siebzig Jahren. Dem gegenüber stehen<br />
etwa Mobiltelefone mit einer durchschnittlichen<br />
Nutzungsdauer von drei Jahren und<br />
Kleidungsstücke werden nach rund fünf<br />
Jahren entsorgt. Hat eigentlich schon<br />
jemand erhoben, wie viele ungetragene<br />
Teile direkt im Altkleidercontainer landen?<br />
Durch geplante Obsoleszenz fallen alleine<br />
in Österreich jährlich hunderte Tonnen<br />
an zusätzlichem Elektroschrott an. Nicht, dass<br />
deshalb ein Recycling von Baumaterialen nicht<br />
notwendig wäre, aber haben wir in Sachen Kreislaufwirtschaft<br />
nicht andernorts dringenderen Handlungsbedarf? Um am<br />
Bau zu bleiben, beispielsweise im angesagten Holzbau: Brettsperrholz<br />
und Leimbinder können aufgrund des Bindemittels im Prinzip nicht<br />
wiederverwertet, sondern nur verbrannt werden. Verbrennt man Holz,<br />
wird die viel gelobte CO2-Senke aber wieder aufgefüllt. Vielleicht sollten<br />
wir öfter mal die durch eine Nachhaltigkeits-Olympiade getriebenen<br />
Argumentationen zu Ende denken.<br />
<strong>Winter</strong> 2021<br />
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