Winter
| Die Dinge müssen sich weiterdrehen - Coverinterview mit Hubert Wetschnig | | Zu Tisch mit ... Christoph M. Achammer | | Hoch hinaus - Wie sich die Pandemie auf Wartungsverträge auswirkt | Greenwashing - es braucht mehr Tiefgang | Kommentare unter anderem von Andreas Gobiet, Julia Gorschkowa, Hannes Gerstmann, Clemens Hecht, Philipp Kaufmann und Alexander Bosak, Andreas Kreutzer, Yasmin Obojkovits | | Exklusiv im Fokus-Interview: Clemens Demacsek | | Was erwartet die Baubranche: Erich Benischek, Lukas Sattlegger, Georg Stadlhofer | Nachhaltigkeit auf Baustellen mit: Stefan Graf, Helmut Berger, Harald Mezler |mSanieren im Bestand: Herbert Hetzl, Helga Noack, Heinz Hackl, Robert Lechner |
| Die Dinge müssen sich weiterdrehen - Coverinterview mit Hubert Wetschnig |
| Zu Tisch mit ... Christoph M. Achammer |
| Hoch hinaus - Wie sich die Pandemie auf Wartungsverträge auswirkt | Greenwashing - es braucht mehr Tiefgang
| Kommentare unter anderem von Andreas Gobiet, Julia Gorschkowa, Hannes Gerstmann, Clemens Hecht, Philipp Kaufmann und Alexander Bosak, Andreas Kreutzer, Yasmin Obojkovits |
| Exklusiv im Fokus-Interview: Clemens Demacsek |
| Was erwartet die Baubranche: Erich Benischek, Lukas Sattlegger, Georg Stadlhofer | Nachhaltigkeit auf Baustellen mit: Stefan Graf, Helmut Berger, Harald Mezler |mSanieren im Bestand: Herbert Hetzl, Helga Noack, Heinz Hackl, Robert Lechner |
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Positionen & Meinungen<br />
Ohne ESG geht<br />
nichts mehr<br />
Weitblick. ATP-CEO Christoph M. Achammer im Gespräch über Nachhaltigkeit, integrale Planung, Frauen in<br />
Führungspositionen und warum er ein Kroatienfan ist.<br />
Autor: Lisa Grüner<br />
A<br />
uf dem Weg in das Büro von<br />
Christoph M. Achammer werde<br />
ich für eine Studentin gehalten,<br />
außerdem sei er ja gar nicht in<br />
Wien, heißt es seitens eines Mitarbeiters. Beide<br />
Missverständnisse können gleich aufgeklärt<br />
werden. Ich bin hier, um ein Interview zu führen,<br />
und ja, der Top-Architekt ist auch in seinem Büro,<br />
das wir nach ersten Schwierigkeiten, weil abends<br />
der Lift gesperrt wird, dann auch finden. Coronabedingt<br />
führen wir unser „Zu Tisch mit …“ im<br />
Wiener ATP-Büro. Gecatert wird von Dario, dem<br />
Besitzer des Lubin in der Hainburgerstraße 48<br />
im dritten Bezirk. „Das ist quasi unsere Kantine“,<br />
scherzt Achammer. „Besser man hat nachher<br />
keine Termine mehr.“ Damit fängt er an, von<br />
Kroatien zu schwärmen. „Ein sehr unterschätztes<br />
Land in meinen Augen. Stellen Sie sich vor,<br />
da gibt es Austern im See und am Land herrliche<br />
Trüffel, besser geht es doch gar nicht.“ Um mich<br />
davon zu überzeugen, dürfen wir zwei Austern<br />
probieren. Dazu bekommen wir einen Krauthaker<br />
Sauvignon aus Slavonien.<br />
„Herrlich, nicht wahr?“ Achammers Augen<br />
leuchten. Ich möchte ein bisschen etwas von<br />
ihm persönlich erfahren. Der studierte Architekt<br />
erzählt, dass er in Chicago arbeitete, als<br />
sein Vater anrief und ihn fragte, ob er nicht<br />
das Büro in Wien übernehmen möchte, das er<br />
ausbauen wollte. „Ich habe gesagt, ich komme,<br />
wenn du gehst, und er hat ja gesagt. Meinem<br />
Chef in Chicago habe ich gesagt, dass ich drei<br />
Monate unbezahlten Urlaub nehme und dann<br />
zurückkomme. Am 21. August 1987 sind wir<br />
durch das Büro gegangen, und mein Vater hat<br />
mich als neuen Chef vorgestellt. Am 22. August<br />
hat er das Büro geräumt. Das hat mich so beeindruckt,<br />
dass ich das Unternehmen mit meinem<br />
Senior-Partner Sigfried Tritthart neu aufgestellt<br />
und eine Verfassung im Bereich Nachhaltigkeit<br />
festgesetzt habe, und so ist ATP architekten<br />
ingenieure entstanden. Das mache ich jetzt 34<br />
Jahre.“ Der fünffache Vater ist seit 2002 Universitätsprofessor.<br />
„Noch bis nächstes Jahr lehre<br />
ich dort integrale Planung und Industriebau.<br />
Da spielt Nachhaltigkeit schon seit 15 Jahren in<br />
meinem Bestreben eine große Rolle. Wobei –<br />
ich habe immer gesagt, dass ein Umschwung<br />
zur Nachhaltigkeit passiert, wenn es in der Finanzbranche<br />
ankommt. Interessanterweise ist<br />
das im Schatten der COVID-19-Pandemie nun<br />
passiert. Das Nachhaltigkeitsthema ist voll angekommen,<br />
wenn man die Taxonomie, in welcher<br />
Tiefe sie auch kommt, ernst nehmen will.<br />
Jedenfalls ist sie da, und wenn ein Larry Fink von<br />
BlackRock sagt, „we don’t buy other stuff“, dann<br />
ist das sehr ernst zu nehmen. Achammer ist in<br />
einigen Aufsichtsräten von Immobilienfonds<br />
und stellt fest, dass die Kunden aus der Immo-<br />
bilienindustrie massiv auf die EU-Taxonomie<br />
reagieren. „Die Fondsinhaber fragen sich, was<br />
sie jetzt tun müssen, und am schnellsten reagieren<br />
die Banken. Vor eineinhalb Jahren haben sie<br />
noch gelacht, jetzt am Jahresende müssen sie in<br />
irgendeiner Form gemäß der ESG-Kriterien ihre<br />
Kreditportfolios darstellen und ab nächstem<br />
Jahr immer wieder.“<br />
Die Fonds müssen reagieren<br />
„Bei den Neubauten ist es das Problem der<br />
Anbieter“, so Achammer. „Wenn du nicht<br />
taxonomiekonform baust, wird es nicht gekauft.“<br />
Dabei verweist er auf das Dilemma,<br />
das die Architekten geschaffen haben. „Es gibt<br />
keinen kreativen Beruf in der ganzen Industrie,<br />
dem es gelungen ist, seine Bedeutung so zu<br />
minimieren. Im gesamten Lebenszyklus eines<br />
Gebäudes machen die Architekten und Ingenieure<br />
einen Kostenfaktor von unter zwei Prozent<br />
aus. Mit diesen zwei Prozent beeinflussen<br />
wir fast 50 Prozent derselben, sind aber in der<br />
Wertschätzung des Gesamtprozesses quasi bedeutungslos.“<br />
Dabei verweist er auf Produkte<br />
vom Auto bis zur Zahnpasta, wo das Design,<br />
aber auch die Gesamtkonzeption einen großen<br />
Stellenwert haben. „Ich habe für die Automobilindustrie<br />
Designcenter gebaut, da werden<br />
die Entwürfe für neue Modelle in einem fast<br />
sakralen Akt genauestens angesehen.“<br />
64 BauTecFokus