4 be gender - Frauengesundheitszentrum Graz
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deutlich zu spüren. Sowohl Frauen als auch Männer waren sichtlich stolz darauf, mit<br />
ihrer Teilnahme einen Beitrag für andere zu leisten, ernst genommen zu werden und<br />
wichtig zu sein.<br />
Die hier ausgewählten Zitate aus den einzelnen Le<strong>be</strong>nserfahrungen ha<strong>be</strong>n keinerlei<br />
Anspruch auf Verallgemeinerung. Sie vermitteln a<strong>be</strong>r den Eindruck, dass es sich um<br />
Biographien handelt, die in vielerlei Hinsicht alltäglich sind und von vielen Frauen und<br />
Männern geteilt werden könnten. Die weitgehende Zufriedenheit, die viele<br />
ausdrücken, hat eine hohe Glaubwürdigkeit. Die vier Frauen ha<strong>be</strong>n nachvollziehbar<br />
Grund zufrieden zu sein. Ihre Le<strong>be</strong>nssituation hat sich ganz offensichtlich zum<br />
Besseren verändert hat, oder sie ha<strong>be</strong>n viel Hilfe aus der näheren und weiteren<br />
Umgebung erhalten. Dennoch ist es notwendig, gerade in diesem Bereich mit einer<br />
Interpretation sehr vorsichtig zu sein. Manche Erfahrungen können mit Ängsten und<br />
Tabus verbunden sein, ü<strong>be</strong>r die nicht ohne weiteres gesprochen wird 44 . Ein weiterer<br />
Grund für den Ausdruck von Zufriedenheit kann auch darin <strong>be</strong>gründet sein, dass<br />
diese Frauen es nicht gewohnt sind, ü<strong>be</strong>r ihre Situation als Expertinnen zu sprechen,<br />
und sie von Kindheit auf gehört ha<strong>be</strong>n, dass es gut ist, zufrieden zu sein. Oder auch,<br />
dass sie es als inneren Auftrag gesehen ha<strong>be</strong>n, ein möglichst positives Bild zu<br />
zeichnen 45 .<br />
Dort, wo die Interviewten ü<strong>be</strong>r ihre Erfahrung mit der eigenen Behinderung und einer<br />
dies<strong>be</strong>züglichen Diskriminierung sprechen, gehen sie auf die Themen ein, der der<br />
Anlass für die Studie waren. Auch in diesem Bereich ist ein deutlicher<br />
geschlechtspezifischer Unterschied festzustellen. Auffallend ist, dass Frauen dazu<br />
neigen, sich mit ihrer Behinderung zu arrangieren und einen Weg suchen, wie sie sie<br />
akzeptieren können. Die interviewten Männer erle<strong>be</strong>n die Behinderung eher als<br />
persönliche Einschränkung und reagieren viel sensibler auf dies<strong>be</strong>zügliche<br />
Diskriminierungen. Die interviewten Frauen sind dankbar für Unterstützungen, die sie<br />
<strong>be</strong>kommen und ärgern sich höchstens ü<strong>be</strong>r zu gut gemeinte Hilfestellungen. Die<br />
<strong>be</strong>fragten Männer fordern offener und selbstverständlicher Hilfeleistungen von der<br />
Gesellschaft. Sie wollen selbständig und unabhängig sein, auch wenn sie oft<br />
44<br />
Vgl. Sigot (2003), S.55. Sigot <strong>be</strong>schreibt sie, wie sehr unausgesprochene Erfahrungen der Frauen<br />
zu Sprachlosigkeit führen kann.<br />
45<br />
Wenn Frauen selbst ein Buch schrei<strong>be</strong>n, in dem sie ü<strong>be</strong>r ihre Erfahrungen als <strong>be</strong>hinderte Frauen<br />
<strong>be</strong>richten, schrei<strong>be</strong>n sie viel kritischer ü<strong>be</strong>r ihre Situation. Nachzulesen <strong>be</strong>i Ewinkel/Hermes (2002)<br />
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