BS 01-2023
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SCHIFFSTECHNIK<br />
60 Mrd. € für die Entwicklung von E-Mobilität eingeplant.<br />
Damit ging VW als »Front Runner« voran. Für Jost ist klar,<br />
dass alle Unternehmen, die als Zulieferer an der Branche<br />
dranhängen, sich umstellen und der Elektro-Strategie anpassen<br />
müssen. Das wird seiner Meinung nach mittelfristig<br />
auch Auswirkung auf die Schifffahrtssegmente haben, die<br />
ebenfalls mit Teilen aus der Automobilbranche beliefert werden.<br />
Um für die großen Konzerne Produkte weiter zuzuliefern<br />
und keinen Trend zu verpassen, werden auch sie<br />
ihre Portfolien neu ausrichten oder ihre Preise aufgrund fallender<br />
Stückzahlen erhöhen, ist sich Jost sicher. Wer da nicht<br />
mitmacht, den ereilt womöglich das Schicksal eines Kodak,<br />
erklärt er. Ein Unternehmen, das zu lange auf chemisch basierte<br />
Fotografie gesetzt hat und nicht auf Digitalisierung.<br />
Nachdem es Insolvenz anmelden und seine Rolle als Marktführer<br />
aufgeben musste, spielt es heute in der Fotowelt nur<br />
noch eine marginale Rolle. Ein anderes Beispiel ist Nokia.<br />
Das finnische Unternehmen war »der« führende Handy-<br />
Hersteller, hat aber den Smartphone-Trend komplett verpasst<br />
und ist heute weg vom Markt.<br />
Den Trend nicht zu verpassen, ist eine Motivation für Michael<br />
Jost. Die andere sind »schlicht und ergreifend« die Pariser<br />
Klimaziele. »Wenn wir als Gesellschaft bis 2050 CO 2 -neutral<br />
sein wollen, können wir nicht warten, sondern müssen<br />
handeln«, so sein Appell. In der Auto- wie auch in vielen anderen<br />
Industrien gibt es lang geplante Entwicklungs- und Produktionszyklen.<br />
Bei VW beispielsweise soll der letzte Verbrenner<br />
bis Ende dieser Dekade vom Band rollen. Das heißt, dass<br />
vielleicht schon bald, die ersten Auswirkungen auch in der<br />
maritimen Branche spürbar werden.<br />
Gemeint sind hier aber nur küstennahe Segmente. Jost geht<br />
nicht davon aus, dass zum Beispiel die Hochseeschifffahrt davon<br />
betroffen sein wird. Hier ist er sich sicher, dass es den Verbrenner<br />
noch eine lange Zeit geben wird. Ziemlich wahrscheinlich<br />
angetrieben durch Methanol, welches heute relativ gut verfügbar<br />
ist. Für Großmotoren kann sich Jost in Zukunft außerdem<br />
auch den Einsatz von E-Fuels durchaus vorstellen. Die<br />
Formel laute hier: »CO 2 -neutral und Energie optimal«.<br />
Teuer, aber effizient<br />
Sein Start-up fokussiert sich deshalb auf kleinere, schnelle<br />
Schiffe. Das »Leisure«-Segment hat er für den Markteinstieg<br />
darum ausgesucht, weil dort zum einen hohe Geschwindigkeit<br />
gefragt, zum anderen das entsprechende Klientel vorhanden<br />
ist. Laut Studien und seinen Erfahrungen, die er aus der<br />
Automobilbranche mitbringt, sind Fahrer hochpreisiger Autos<br />
wie Porsche eher bereit, Geld für Elektro-Mobilität auszugeben.<br />
Einerseits aus Leidenschaft zum elektrischen Fahren,<br />
andererseits, weil sie sich das finanziell erlauben können.<br />
E-Mobilität sei im Vergleich immerhin doppelt so teuer. Sie<br />
sei aber auch deutlich effizienter, so Jost und führt das Energie-Argument<br />
an: »Mit sechs Liter Diesel fährt man an Land<br />
ca. 100 km. Sechs Liter Diesel entsprechen dem Energiegehalt<br />
einer 60 kW-Batterie. Mit einer solchen Batterie fährt beispielsweise<br />
ein VW ID rund 350 km.«<br />
Die Argumente für Elektromobilität glaubt Jost auf seiner Seite.<br />
Mit seinem Konzept steigt er also zunächst dort in den Markt<br />
ein, wo es am einfachsten und schnellsten ist, die Marke zu etablieren.<br />
Nach und nach will er dann seine Kundschaft und Marktsegmente<br />
erweitern.<br />
Die Start-up-Gründer (v.l.): Vater Michael Jost mit seinen<br />
Söhnen Mike und Marc<br />
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Binnenschifffahrt <strong>01</strong> | <strong>2023</strong><br />
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