BS 01-2023
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SCHIFFSTECHNIK<br />
ausgesetzt, wie es beim direkten Einsatz<br />
als Fahrantrieb der Fall wäre. Dadurch<br />
werden die Dieselmotoren stets im optimalen<br />
Wirkungsgrad betrieben und können<br />
von Anfang an kleiner ausfallen. Da<br />
die Dieselgeneratoren nur für die Stromerzeugung<br />
eingesetzt werden, sind sie zudem<br />
flexibel verortbar und müssen nicht<br />
am Schottel-Strang ansetzen. Diese Ortsunabhängigkeit<br />
sorgt im Maschinenraum<br />
für eine platzsparende Anordnung<br />
und gute Gewichtsverteilung im Schiff.<br />
Angetrieben wird das Verkehrssicherungsschiff<br />
über zwei Antriebspropeller,<br />
die von zwei Elektromotoren mit<br />
je 210 kW bewegt werden.<br />
Durch die Kombination der Dieselund<br />
Elektromotoren wird Brennstoff eingespart<br />
und damit auch Luftschadstoffe.<br />
Die »Emmerich« ist das erste dieselelektrische<br />
Verkehrssicherungsschiff in der<br />
Flotte des WSA Rhein, das die Abgasnorm<br />
der EU-Stufe 5 gemäß NRMM-<br />
Verordnung (Non-Road Mobile Machinery)<br />
für Binnenschiffe erfüllt.<br />
Auf der Stelle drehbar<br />
Das hybride Antriebskonzept der »Emmerich«<br />
bietet neben dem geringeren<br />
Schadstoffausstoß und der Treibstoffeinsparung<br />
noch einen weiteren Vorteil bei<br />
der Manövrierfähigkeit. Die zwei Ruderpropeller<br />
und das Bugstrahlruder werden<br />
durch Elektromotoren bewegt. Diese haben<br />
die Eigenschaft, im Gegensatz zu<br />
Dieselmotoren, unmittelbar auf Anpassungen<br />
bei Drehzahl und Drehmoment<br />
zu reagieren, was wiederum dem<br />
An- und Ablegen sowie dem Manövrieren<br />
zugutekommt. Das Fahrzeug kann<br />
somit problemlos in jede Richtung bewegt<br />
und auf der Stelle gedreht werden.<br />
Eine wichtige Eigenschaft im Arbeitsalltag<br />
des Verkehrssicherungsschiffes, das<br />
unter anderem bei der Bergung von<br />
Schifffahrtshindernissen aus dem Fahrwasser<br />
und in den Buhnenfeldern auf<br />
kleinem Raum beweglich sein muss.<br />
Zusätzlich reduziert die Laufruhe der<br />
Elektromotoren die Vibration und die<br />
Lärmbelastung, was das Arbeiten auf<br />
dem neuen Schiff für die Besatzung wesentlich<br />
angenehmer macht.<br />
Zulassung mit nur einem Diesel<br />
Ein technisches Highlight am Antriebskonzept<br />
der »Emmerich« ist das intelligente<br />
Power-Management-System,<br />
das die bedarfsgerechte Leistungsabgabe<br />
der Dieselgeneratoren regelt. Die Software<br />
dafür wurde eigens von Baumüller<br />
programmiert. Die Drehzahl der Motoren<br />
wird damit so angepasst, dass genau<br />
Der direkte Antrieb durch Elektromotoren ermöglicht eine gute Manövrierfähigkeit<br />
Die Dieselmotoren der »Emmerich« fungieren als Generatoren<br />
© Baumüller<br />
die Energie erzeugt wird, die das Schiff<br />
aktuell braucht. Dies bedeutet, dass das<br />
Fahrzeug beispielsweise in moderater<br />
Marschfahrt nur mit einem Generator<br />
angetrieben wird. Ist eine schnellere<br />
Fahrt nötig oder muss ein Manöver gefahren<br />
werden, schaltet sich sekundenschnell<br />
automatisch der zweite Generator<br />
zu. Die Software regelt das Zuschalten<br />
des zweiten Motors in einer Schnelligkeit,<br />
dass nicht permanent zwei Motoren laufen<br />
müssen und damit kein redundantes<br />
System erforderlich ist. Die »Emmerich«<br />
hat dank des smarten Power-<br />
Management-Systems die Zulassung bekommen,<br />
dass nur ein Dieselaggregat im<br />
Betrieb laufen muss. Dadurch konnte<br />
weiterer Kraftstoff einspart werden. Sollte<br />
in Not-Situationen schnell die maximale<br />
Leistung zur Verfügung stehen<br />
müssen, wird dies vom System erkannt<br />
und zur Verfügung gestellt.<br />
Weiterhin übernimmt das Power-<br />
Management-System die Synchronisation<br />
zum Landnetz, wenn das<br />
Schiff anlegt, so dass das Schiff mit Hilfe<br />
der Landstromanlage mit Energie versorgt<br />
wird und die dieselbetriebene<br />
Stromversorgung vom Bordnetz genommen<br />
werden kann. Es ist dabei so ausgeführt,<br />
dass auch weitere Energieträger,<br />
wie z.B. Batterie oder Brennstoffzelle hinzugefügt<br />
werden können.<br />
Informationen über den aktuellen Betriebsstatus<br />
aller Antriebe werden übersichtlich<br />
über einen Monitor am Steuerpult<br />
angezeigt. Der Schiffsführer ist so<br />
stets informiert und durch die Selbstregelung<br />
des Systems wird noch zusätzlich<br />
Energie und damit Kraftstoff eingespart.<br />
Autorin: Stefanie Lauterbach<br />
Baumüller Nürnberg GmbH<br />
© Baumüller<br />
Binnenschifffahrt <strong>01</strong> | <strong>2023</strong><br />
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