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BS 01-2023

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BDS<br />

Bundesverband der Selbständigen Abteilung Binnenschiffahrt e. V.<br />

Vertreten durch den Vorsitzenden Torsten Stuntz, MS »Stella Maris« und die stellvertretenden<br />

Vorsitzenden Nikolaus Hohenbild, Detlef Maiwald, Stephen Mnich, Gebr. Mnich OHG<br />

Geschäftsstelle und Schriftleitung: Andrea Beckschäfer, Sekretariat Birgit Kühn<br />

August-Bier-Str. 18 | 53129 Bonn | Tel. 0228 / 746377 | Fax 0228 / 746569 | zentrale@bds-binnenschiffahrt.de<br />

Votum zur EU-Besatzungsordnung<br />

Mehr als 90 Teilnehmer von Unternehmer- und Arbeitnehmerseite<br />

waren bei der online durchgeführten »sector consultation« zur europäischen<br />

Besatzungsordnung am 14. Dezember anwesend. Die<br />

Veranstaltung wurde gemeinsam von EBU/ESO und der ETF unter<br />

Schirmherrschaft von CESNI organisiert und durchgeführt. Zu den<br />

vielen Themen, die zur Diskussion standen, konnten die Teilnehmer<br />

sowohl an interaktiven Abstimmungen über »wooclap« teilnehmen,<br />

als auch ihre Meinung in Wortbeiträgen und schriftlich im Chat äußern.<br />

Zum Teil wurden die Abstimmungen zu einzelnen Fragen<br />

nach der Diskussion auch nochmal wiederholt. Insgesamt gibt es<br />

daher jetzt zu den diskutierten Fragen ein gutes Meinungsbild, das<br />

in der weiteren Arbeit von CESNI/QP/Crew an den Standards für<br />

eine europäische Besatzungsordnung sehr nützlich sein wird.<br />

Alternative zu Betriebsformen?<br />

Intensive Diskussionen hatte es im Vorfeld zu der Frage gegeben, ob<br />

es eine zusätzliche Alternative zu den Betriebsformen geben sollte,<br />

die ausschließlich auf einer Aufzeichnung der Arbeitszeiten der angestellten<br />

Besatzungsmitglieder beruhen. Nachdem sich bereits bei<br />

der »sector consultation« im vergangenen Jahr das Gewerbe mit<br />

großer Mehrheit für die Beibehaltung der Betriebsformen ausgesprochen<br />

hatte, sprach sich dieses Mal mit 64,1 % eine große<br />

Mehrheit gegen eine zusätzliche Alternative zu Betriebsformen aus.<br />

Darüber hinaus wurde die Frage gestellt, ob eine Alternative mit<br />

Aufzeichnung der Arbeitszeiten auf alle Schiffe anwendbar sein sollte<br />

oder nur auf Schiffe, die sich in einem begrenzten Gebiet bewegen.<br />

Die Abstimmung zu dieser Frage wurde nach Diskussion wiederholt<br />

und beide Male war die überwiegende Mehrheit (73 %und<br />

69,05 %) der Auffassung, dass dies nur für Schiffe anwendbar sein<br />

sollte, die in einem begrenzten Gebiet unterwegs sind.<br />

Eindeutig auch die Auffassungen zu der Frage, ob gegebenenfalls<br />

auf Schiffen, die nur auf Basis der Aufzeichnung der Arbeitszeiten<br />

der angestellten Besatzungsmitglieder arbeiten, die Fahrzeit<br />

des Schiffes als Arbeitszeit für die gesamte Besatzung aufgezeichnet<br />

werden sollte oder nur die Arbeitszeit des einzelnen<br />

Besatzungsmitgliedes individuell. 70 % sprachen sich dafür aus,<br />

nur die individuell aufgezeichnete Arbeitszeit zu zählen.<br />

Vorgeschriebene Ruhezeiten<br />

Eine markante Veränderung im Ergebnis ergab sich nach erneuter<br />

Abstimmung zu der Frage, ob man – unabhängig von der Betriebsform<br />

– sechs oder acht Stunden ununterbrochene Ruhezeit bevorzugen<br />

würde. Nachdem klar wurde, dass ein Minimum von sechs<br />

ununterbrochenen Stunden die meisten Gestaltungsmöglichkeiten<br />

für die Besatzung eröffnet und zudem ein regelmäßiger Rhythmus<br />

von acht Stunden an der täglichen Höchstarbeitszeit von 14 Stunden<br />

scheitert, sprachen sich 62,5 % dafür aus, die heute in A2 und B vorgeschriebene<br />

Mindestruhezeit von sechs Stunden beizubehalten.<br />

Verpflichtende Ruhetage für Unternehmer?<br />

Kontrovers ging es zu bei der Frage, ob auch für den Unternehmer<br />

– das heißt für den selbstfahrenden Schiffseigner als Besatzungsmitglied<br />

– in der Besatzungsordnung verpflichtende Ruhetage<br />

vorgeschrieben werden sollten. Zur Klarstellung: Es geht<br />

nur darum, die Einsatztage als Besatzungsmitglied zu beschränken,<br />

nicht die sonstige unternehmerische Arbeit. Darüber<br />

hinaus könnten Ruhetage natürlich auf dem Schiff verbracht werden.<br />

Während es für nahezu jeden Unternehmer verständlicherweise<br />

schwer vorstellbar ist, sich bei seinem Einsatz beschränken<br />

zu lassen, lautet das Gegenargument, dass es heute – zumindest<br />

theoretisch – möglich ist, sein Schiff 365 Tage im Jahr 14 Stunden<br />

am Tag zu fahren.<br />

In der Diskussion wurde deutlich, dass alle Unternehmer in der<br />

Praxis Ruhetage einlegen und dass große Bedenken bestehen,<br />

durch überzogene Vorschriften die unternehmerische Verantwortung<br />

zu stark einzuschränken. 63,04 % sprachen sich daher in<br />

erneuter Abstimmung nach der Diskussion gegen verpflichtende<br />

Ruhetage für den Unternehmer aus.<br />

Bei der Frage nach der Anzahl möglicher Ruhetage lehnten nahezu<br />

80 % die Vorschläge zwischen 25 und 40 pro Jahr ab. Bei der<br />

Frage nach einem Referenzzeitraum war das Bild etwas differenzierter.<br />

29,17 % sprachen sich für einen Referenzzeitraum von 40<br />

Tagen aus, 6,25 % für sechs Monate, 50 % für ein Jahr und 14,58 %<br />

für einen anderen Zeitraum.<br />

Mindestbesatzung beim Laden/Löschen<br />

Muss die gesamte Mindestbesatzung z.B. dann an Bord sein,<br />

wenn beim Laden/Löschen das Schiff verholt werden oder an eine<br />

Liegestelle gewechselt werden muss, wenn das Auto abgesetzt<br />

werden oder an der Liegestelle ein anderes Schiff herausgelassen<br />

werden soll? Heute ist es vielfach üblich und geduldet, diese Aktionen<br />

– sofern der Schiffsführer dies für verantwortbar hält –<br />

auszuführen, auch wenn die Mindestbesatzung nicht an Bord ist.<br />

Mit überwältigender Mehrheit (79,17 %) sprachen sich die<br />

Teilnehmer dafür aus, dass es in solchen Situationen im Prinzip<br />

erlaubt sein sollte, das Schiff auch ohne die Mindestbesatzung zu<br />

bewegen. Darüber hinaus waren 70,45 % der Auffassung, dass<br />

dies auch bei einer nur aus zwei Personen bestehenden Besatzung<br />

erlaubt sein sollte, das heißt, dass der Schiffsführer das Schiff alleine<br />

bewegen darf. 65,91 % waren der Auffassung, dass hierfür<br />

auch keine zusätzlichen Ausrüstungsgegenstände erforderlich<br />

sein sollten.<br />

Bei der Frage nach den Begrenzungen votierten 31,82 % dafür,<br />

dass das Schiff am selben Quai bleiben müsse, 29,5 % stimmten für<br />

eine begrenzte Entfernung, 27,27 % für keine Begrenzungen und<br />

11,36 % hatten andere Vorschläge wie zeitliche Begrenzung oder<br />

Differenzierung zwischen ruhendem und Strömungsgewässer. <br />

66 Binnenschifffahrt <strong>01</strong> | <strong>2023</strong>

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