BS 01-2023
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WASSERSTRASSEN | HÄFEN<br />
»Wir müssen die Chancen nutzen«<br />
Bayernhafen hatte im vergangenen Jahr Grund zu feiern – in gleich zwei Häfen gab es<br />
Jubiläen. Doch das Niedrigwasser im Sommer und die allgegenwärtigen Störungen in<br />
den Lieferketten trüben den Gesamteindruck<br />
In Aschaffenburg wurde das 100. Jahr des<br />
Bestehens gefeiert, wenn auch, Coronabedingt,<br />
mit einem Jahr Verspätung. Der<br />
Hafen Nürnberg ist mittlerweile schon 50<br />
Jahre alt. Eine so lange Unternehmensgeschichte<br />
ist für bayernhafen-Geschäftsführer<br />
Joachim Zimmermann ein Beleg<br />
dafür, dass über eine lange Zeit erfolgreich<br />
gearbeitet wurde. Im Gespräch mit der<br />
Binnenschifffahrt lässt er das Jahr 2022 Revue<br />
passieren und richtet gleichzeitig den<br />
Blick auf kommende Herausforderungen.<br />
Herr Zimmermann, Jubiläen sind immer<br />
eine schöne Sache. Wie beurteilen Sie<br />
denn ansonsten das abgelaufene Jahr?<br />
Joachim Zimmermann: Wir hatten eigentlichen<br />
einen sehr guten Start ins Jahr. Doch<br />
dann kamen die Trockenheit und das<br />
Niedrigwasser, sowohl am Rhein als auch<br />
an der Donau. Wenn Schiffe nur noch mit<br />
500-600 t Ladung die Häfen erreichen,<br />
merken wir das natürlich, das schlägt sich<br />
leider auch in der Bilanz nieder. Und wenn<br />
noch dazu viel Frachtraum für Kohletransporte<br />
gebunden ist oder nach Südost-Europa<br />
für Getreidelieferungen aus der Ukraine<br />
abwandert, fehlen einfach die notwendigen<br />
Kapazitäten, um Gütertransporte auf das<br />
Wasser zu verlagern.<br />
Gab es denn Ambitionen?<br />
Zimmermann: Ja, durchaus. Einige Hafen-Kunden<br />
hatte sogar konkrete Projekte,<br />
die sich dann aus den genannten<br />
Gründen aber nicht umsetzen ließen und<br />
vorerst wieder in die Schublade gewandert<br />
sind. Aber aufgeschoben heißt ja<br />
nicht aufgehoben, es gibt sicherlich einen<br />
neuen Anlauf, wenn sich die Situation<br />
wieder normalisieren sollte – worauf wir<br />
alle natürlich hoffen.<br />
Umso mehr hat vermutlich die Bahn befördert<br />
...<br />
Zimmermann: Auch da gab es leider<br />
Probleme. Wir hatten in Aschaffenburg<br />
durch fehlendes Personal bei der DB einen<br />
Stellwerksausfall im Bahnnetz, der<br />
Hafen war dadurch faktisch sechs Wochen<br />
lang abgeschnitten. Auch die angekündigten<br />
Sanierungsprogramme auf der<br />
Joachim Zimmermann<br />
Geschäftsführer bayernhafen-Gruppe<br />
Schiene werden uns zu schaffen machen.<br />
Da muss man sich auch nicht wundern,<br />
dass immer noch viel zu viele Transporte<br />
über die Straße rollen.<br />
Alles in allem also kein so gutes Jahr?<br />
Zimmermann: Von den reinen Umschlagzahlen<br />
her sicherlich nicht, zumindest<br />
auf der Wasserseite. Den Bahnanteil<br />
konnten wir dagegen relativ stabil halten.<br />
Aber wir ruhen natürlich nicht, sondern<br />
modernisieren die Häfen weiter und<br />
bereiten sie auf künftige Aufgaben vor.<br />
Was sind die wichtigen Projekte?<br />
Wir haben das Containerterminal in Regensburg<br />
erfolgreich erweitert und sind<br />
bayernhafen-Gruppe<br />
Zu bayernhafen gehören sechs<br />
Binnenhafen-Standorte: Aschaffenburg,<br />
Bamberg, Nürnberg,<br />
Roth, Regensburg und Passau.<br />
Jährlich werden rund 9 Mio. t an<br />
Gütern über Schiff und Bahn umgeschlagen.<br />
800 ha Gesamthafenfläche<br />
und mehr als 400 ansässige<br />
Unternehmen mit mehr als<br />
13.000 Beschäftigten machen<br />
bayernhafen zu einem leistungsstarken<br />
Logistik-Netzwerk.<br />
© BÖB<br />
in Nürnberg noch mitten dabei, das Terminal<br />
auszubauen. Die Sanierung an<br />
Kai 1 läuft bereits. Im nächsten Jahr werden<br />
auch die Kaiflächen für Bahn und<br />
Lkw so modernisiert, dass dort ein Umschlag<br />
mit mobilen Geräten möglich<br />
wird. Das ganze Projekt läuft noch zwei<br />
Jahre. Auch in Aschaffenburg werden<br />
Kaianlagen saniert. Dort wird auch der<br />
Hafenbahnhof automatisiert und digitalisiert.<br />
Das sind für uns große Investitionen,<br />
die helfen sollen, mehr Kapazitäten<br />
für umweltfreundliche Transportlösungen<br />
zu schaffen.<br />
Bei welchen Gütergruppen sehen Sie die<br />
besten Perspektiven?<br />
Zimmermann: Immer noch bei Containern.<br />
Aber auch die Menge bei mineralischen<br />
Stoffen für die Bau- und Abfallwirtschaft<br />
steigt weiter an. Je länger<br />
die Entfernungen zwischen den Standorten<br />
werden, umso interessanter wird<br />
der Transport auf der Wasserstraße.<br />
Dafür braucht es die bestmöglichen Voraussetzungen.<br />
Nun wurde gerade mit<br />
dem Haushalt für <strong>2023</strong> der Etat für die<br />
Wasserstraßen um 350 Mio. € gekürzt. Ist<br />
das nicht das falsche Signal?<br />
Zimmermann: Natürlich hätten wir uns<br />
das anders gewünscht und haben auch<br />
bis zum Schluss darum gekämpft, dass es<br />
nicht zu der Kürzung kommt. Leider vergeblich.<br />
Damit öffnet sich die Schere zwischen<br />
dem tatsächlichen Bedarf für die<br />
Unterhaltung und den Ausbau der Wasserstraßen<br />
immer weiter. Das widerspricht<br />
allen politischen Bekundungen<br />
und auch den Zielsetzungen, die im Masterplan<br />
Binnenschifffahrt verankert wurden,<br />
der unter anderem eine Verdopplung<br />
des Anteils der Binnenschifffahrt<br />
am Modal Split vorsieht.<br />
Sie sind auch Präsident des Bundesverbandes<br />
Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB).<br />
Die Kritik am Etatbeschluss fiel letztlich<br />
aber doch ziemlich moderat aus …<br />
Zimmermann: In unserer Kritik an der<br />
Verringerung des Budgets haben wir uns<br />
immer klar positioniert. Wir haben ledig-<br />
52 Binnenschifffahrt <strong>01</strong> | <strong>2023</strong>