Schönes Leben – Ausgabe 77
Land, Kultur & Lebensart zwischen Elbestrand und Heidesand
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Silvia Müller aus Köthen (Sachsen-Anhalt) trägt eine<br />
gelbe Sicherheitsjacke mit der Aufschrift „Waldbrandteam<br />
Fire Crew“. Sie ist Mitglied im Verein Waldbrandteam e.V.,<br />
einem Zusammenschluss von Feuerwehrmitgliedern aus ganz<br />
Deutschland, die sich speziell dem Thema Wald- und Flächenbrandbekämpfung<br />
verschrieben haben. „Als Team beteiligen<br />
wir uns an der Ausbildung von Forst- und Feuerwehrmitarbeitern<br />
im Bereich der Vegetationsbrandbekämpfung<br />
sowie dem eigenständigen Einsatz von Feuer als Gegenfeuer<br />
zur Brandbekämpfung“, erklärt Silvia Müller. Auch das kontrollierte<br />
Brennen zur Flächenpflege im Naturschutz gehöre<br />
zu den Aufgaben der Fire Crew des Waldbrandteam e.V. <strong>–</strong> in<br />
enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und<br />
individuell angepasst an die Bedürfnisse der Eigentümer.<br />
Die Feuerwehrfrau aus Köthen ist mit Sebastian Schröder<br />
aus Vögelsen bei Lüneburg von „ForestFireWatch“ in Schutzausrüstung<br />
und mit Säge „bewaffnet“ auf der Übungsfläche<br />
unterwegs, um brennbares Material aus dem Weg zu räumen.<br />
„In vielen Wäldern gibt es Unmengen von Totholz. Im<br />
Brandfall kann das schnell zu Feuern jenseits der sogenannten<br />
Kontrollschwelle führen, die von Feuerwehren nicht mehr<br />
wirksam bekämpft werden können“, sagt Sebastian Schröder.<br />
Er ist nicht nur engagiertes Mitglied von „ForestFireWatch“<br />
und der Freiwilligen Feuerwehr seiner Heimatgemeinde<br />
Vögelsen, sondern auch noch Sicherheitsingenieur und<br />
Brandschutzbeauftragter der Feuerwehr Lüneburg Mitte.<br />
Besonders in der Nähe von Siedlungen können durch<br />
Vegetationsbrände, die außer Kontrolle geraten, rasch kritische<br />
Lagen entstehen, die auch Menschenleben bedrohen.<br />
„Zur Vorbeugung sollten daher unbedingt ausreichend breite<br />
Schutzstreifen zwischen Wäldern und Wohnsiedlungen angelegt<br />
werden. Vorbeugen ist der beste Schutz“, betont Sebastian<br />
Schröder.<br />
„Unsere Aktiven bilden sich regelmäßig im In- und Ausland<br />
fort, um ihr Wissen zu vertiefen und dieses in eigenen<br />
Ausbildungsangeboten an hiesige Feuerwehren und Forstmitarbeiter<br />
weiterzugeben“, erläutert sein Feuerwehrkamerad<br />
und Mitbegründer von „ForestFireWatch“, Dr. Michael Herrmann.<br />
Durch den Klimawandel, der die Brennbarkeit der<br />
Vegetation stark beeinflusst, werde die Brandgefahr auch in<br />
Deutschland in Zukunft stark ansteigen, warnt der Waldbrand-Experte.<br />
„Je trockener die Vegetation, desto leichter<br />
wird sie zu Brennmaterial und Brandlast“, sagt Dr. Michael<br />
Herrmann. Daher sollten Kommunen, Länder und der Bund<br />
für eine bessere Ausstattung der Feuerwehren, speziell zur<br />
Vegetationsbrandbekämpfung, sorgen.<br />
Je trockener die Vegetation, desto leichter<br />
wird sie zu Brennmaterial und Brandlast<br />
„Viele Feuerwehrleute müssen immer noch mit wärmeisolierender<br />
Einsatzbekleidung zu Wald- und Flächenbränden<br />
ausrücken, die eigentlich für den Innenangriff in brennenden<br />
Gebäuden konzipiert wurde“, erklärt der promovierte Jurist.<br />
Für die Bekämpfung von Vegetationsbränden bei hohen<br />
Außentemperaturen sei diese Bekleidung oft völlig ungeeignet.<br />
Auch die Fahrzeugausstattung der Feuerwehren müsse<br />
dringend verbessert werden. Gerade im Wald könnten viele<br />
Brandstellen mit den gängigen, großen Einsatzfahrzeugen<br />
der Feuerwehren gar nicht erreicht werden. Notwendige Ausrüstung<br />
müsste erst mühsam auf eilig herbeigeschafften,<br />
geländetauglichen Pick-Ups und Quads von landwirtschaftlichen<br />
Betrieben und Privatleuten umgeladen und in die Nähe<br />
der Brandherde geschafft werden. Dabei gehe in der entscheidenden<br />
Phase der Erstbekämpfung solcher Brände wertvolle<br />
Zeit verloren, in der sich das Feuer ungehindert ausbreiten<br />
kann. „Eine höhere Resilienz schützt Landschaft und<br />
Mit einer ferngesteuerten Mulch-Raupe wird alles brennbare Material<br />
vom Waldboden entfernt, um eine Brandschneise anzulegen.<br />
<br />
Foto: Carsten Weede<br />
Solche Brandschneisen können im Ernstfall verhindern, dass sich das<br />
Feuer immer weiter ausbreitet und auch auf Siedlungen übergreift.<br />
<br />
Foto: Carsten Weede<br />
Sommer 2022 55