Schönes Leben – Ausgabe 77

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von Lothar Tabery
Der rote Backstein ist seit Jahrhunderten ein
beliebter und regionaltypischer Baustoff in
Norddeutschland. Viele Fassaden historischer
Bauten wurden durch ihn geprägt und
charakterisieren die Landschaften von
Ostfriesland bis Mecklenburg-Vorpommern.
Bauten aus Steinen gab es in der norddeutschen Tiefebene
schon vor der Herstellung von Backsteinen. Lange bestanden
Gebäude aus den leicht vergänglichen Materialien Holz,
Lehm und Stroh. Doch führte der Wunsch nach längerer
Lebensdauer für die Bauwerke schon damals zur Suche nach
Alternativen. Diese fanden sich in den auf Wiesen und
Äckern liegenden Feldsteinen, welche lediglich aufgelesen
und vergleichsweise einfach verarbeitet werden konnten. Die
Steine waren von eiszeitlichen Gletschern aus Skandinavien
während der drei letzten Kaltzeiten herantransportiert und
dabei meist gut gerundet worden, so dass sie teilweise wie
riesige Murmeln wirken. Da sie nur in Eiszeitgebieten auftreten,
beschränkt sich ihr Vorkommen auf die norddeutsche
Tiefebene und östlich angrenzende Regionen. Verwendet
wurden sie hier ab ca. 1000 nach Christus, vorwiegend aber
im 12. bis 15. Jahrhundert, vor allem für Kirchen, aber auch
für Befestigungen. Sie wurden teilweise bearbeitet und annähernd
zu Quadern geschlagen oder gespalten. In späteren
Zeiten verarbeitete man sie parallel zu den erst ab dem 15.
Jahrhundert im Elbe-Weser-Dreieck häufiger zum Einsatz
kommenden Backsteinen auch als „Steingemisch“ innerhalb
eines Gebäudes.
St. Viti Kirche Heeslingen
Unsere Serie „Die Spur der Steine: Baukulturgeschichte(n)
aus dem Elbe-Weser-Dreieck“ zeigt lohnenswerte
Ausflugsziele.
Das Foto zeigt die St.Viti Kirche beim Kloster in Zeven
Fotos: Christian Burmester
961 erbaut ist St. Viti in Heeslingen die älteste Kirche zwischen
Elbe und Weser. Als romanische Feldsteinkirche
erbaut, ist sie die Vorgängerin der Zevener Kirche. Bis 1141
war sie die Kirche des in dem genannten Jahr nach Zeven
verlegten Kanonissenstiftes (in einem Kanonissenstift war
nur die Äbtissin zur Ehelosigkeit verpflichtet. Die Kanonissen
konnten aus dem Stift wieder austreten und heiraten).
62 Sommer 2022