ENTDECKEN | Puerto Rico RITMO DE LA NOCHE Der Begriff Boricua verrät bereits viel über die Wurzeln der Bewohner des US-Territoriums. Lange bevor Christoph Kolumbus 1493 Puerto Rico entdecke, besiedelten Taínos die Insel und bezeichneten sich und ihre Heimat als Borinquen, das Land des tapferen und noblen Herrn. Mit den Spaniern kamen dann afrikanische Sklaven ins Land, es folgten kriegerische Auseinandersetzungen mit den Franzosen, Engländern und Holländern. 1898 wurde die Karibikinsel zum US-Territorium erklärt, seit sind Puerto Ricaner S-Bürger.So erklärt sich auch der hohe Reiseverkehr zwischen dem Festland und der Insel: Festland- und Inselhopping ist für amerikanische Staatsbürger ohne Reisepass möglich. Auf der Karibikinsel gibt es rund 3,2 Millionen Einheimische, auf dem Festland der USA wohnen rund 5,8 Millionen Menschen puerto-ricanischer Abstammung, davon knapp 900.000 in New York. Spanisch und nglisch gelten als ozielle Sprachen, wobei Spanisch dominiert. Häufig wird aber auch Spanglish, eine Kombination, gesprochen. Das Attribut »Alt« hat sich Old San Juan, Puerto Ricos Hauptstadt, redlich verdient. Oder vielmehr: hart erkämpft. Die jahrhundertealten Festungen, das imposante Castillo San Felipe del Morro im Westen und das Castillo San Cristobal im Osten, sind heute wichtige Zeugen der Ära, in der die Hauptstadt für verschiedene Nationen ein strategisch wichtiger Punkt und im wahrsten Sinne des Wortes »reicher Hafen« war. 2021 hat das historische Zentrum 500-jähriges Jubiläum gefeiert. Auch wenn man den Bauwerken entlang des als Schachbrettmuster angelegten Stadtkerns ihr Alter durchaus ansieht, machen sie jede Unperfektheit durch ihren Charme wett. Entlang der kopfsteingepflasterten, hügeligen »Calles«, durch die ein Auto nur mit viel Fahrgeschick gelenkt werden kann, ist die bunte Kolonialarchitektur ein beliebtes Fotomotiv. Keine Fassade gleicht der anderen – und das ist gesetzlich vorgeschrieben. Die Bewohner haben freie Auswahl aus einem Farbenkatalog, von Hellgelb über Schweinchenrosa bis Dunkelgrün, nur darf ihre Selektion nicht der ihrer direkten Nachbarn gleichen. 1983 wurde das Areal zum nesco-Weltkulturerbe ernannt. Seit befindet sich der Stadtkern mit der vor über 450 Jahren gebauten San José Church, einem der ältesten Gotteshäuser in Amerika, an seinem jetzigen Platz. Die Stadtplanung in Gitterform ist nicht nur zur Orientierung praktisch, sondern lässt auch die hitzige Luft zirkulieren. Besonders clever: Die Häuser und Gebäude wurden so angelegt, dass eine Seite stets schattig ist. Tagsüber drängen sich vor allem Festland- und Kreuzfahrttouristen durch die schmalen Straße, doch sobald die Sonne untergeht, füllen sich die vielen Bars und Restaurants mit einem Mix aus Einheimischen und Besuchern. Was ihnen allen gleich ist: ihr Appetit auf die puertoricanische Küche, zum Beispiel Spezialitäten wie Mofongo und Plátanos, begleitet vom Nationalgetränk, der Piña Colada, und Musik! Aus den vielen Etablissements tönen Salsa-Klänge ebenso wie die Reggaeton-Songs von Daddy Yankee und Bad Bunny. Während sich Urlauber zurückhaltend in die Musik eingrooven, verlieren sich die Puerto Ricaner im Tanz, der für sie eine wichtige Ausdrucksform ist – nicht nur körperlich. So war Reggaeton – vor allem in der Anfangsphase – auch ein Mittel, eine (gesellschafts-)politische Meinung zu äußern. Bei Frauen ging es häufig um die manzipation, darum, frei zu sein. San Juan lässt sich hervorragend mit thematischen Touren erkunden: Wer zum Beispiel die »The Spoon Experience« wählt, geht auf eine kulinarische Reise, die selbstverständlich mit einem Kaffee beginnt. ugenio Ruiz aka Don Ruiz setzte die Kaffeeleidenschaft seines Grovaters mit einer Kaffeefarm in Yauco, der »Ciudad de café« fort, der bekanntesten Anbauregionen der Wachmacherbohne. Im Südwesten der Insel, auf knapp 1.000 Metern gelegen, wächst das schwarze Gold auf fruchtbaren Tonböden bei idealen Temperaturen. Alternativ bietet das Café »Chocolate Cortés« Kakao- und Schokoladenspezialitäten. Gründerin Elaine Shehab weiß um die Qualitäten der Bohne – im Rahmen eines umfangreichen Forschungsprojekts wurden zehn Sorten mit optimal kombinierten igenschaften definiert: »Kakao aus Puerto Rico ist mild mit blumiger Note, hat eine leichte Fruchtsäure und verfügt über zurückhaltende Holz- und Nussaromen.« Während sich kulinarische und historische Fakten im Laufe der Tour und des Tages in den Erklärungen von Guide Pablo Garcia Smith im schnellen Tempo abwechseln, wird der Gang bei sengender Hitze und mit vollem Magen immer langsamer. Denn sicher ist: Die puertoricanische Küche ist »rico«. Sowohl was die Zutaten und Zubereitung als auch die Größe der Portionen angeht. Da hilft nur ein Verdauungsschnaps. Rum, um genau zu sein. Und der lässt sich am besten in der »Kathedrale des Rums«, der Bacardí-Destillerie in Cataño, verkosten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts durfte Zucker zollfrei auf das amerikanische Festland exportiert werden. Damit erfuhr die puerto-ricanische Zuckerindustrie einen regelrechten Boom. In den 1930er-Jahren erbaut, ist die Produktionsstätte auch heute noch die größte Premium-Rum-Brennerei der Welt. In der modernisierten Anlage wird Rum verkostet – und natürlich Piña Colada gemixt.
Hinein ins Vergnügen: Bei einem Bummel durch San Juans lebendige Altstadt umhüllt Besucher echtes karibisches Flair – angefangen bei der Mittagspause mit puerto-ricanischen Häppchen über Salsa-Klänge und Street-Art an der Straßenecke bis hin zum Besuch einer Rumdestillerie.