JAMEOS man die Jameos del Agua auch für private Veranstaltungen mieten. Als sie im ahr feierlich eröffnet wurden, gab es noch ede Woche eine Tanzveranstaltung, quasi eine Disko im Lavatunnel, und im Pool konnte man gemeinsam mit Schildkröten planschen. Heute ist man da ein wenig strenger geworden und dennoch funktionieren die Jameos seit jeher so, wie es Manrique sich erdacht hat: als Begegnungsraum. Konzerte internationaler Künstler finden im eigens geschaffenen Auditorium statt, das so aussieht, als säße man in einem griechischen Theater. Sting war schon da, The Weilers, gerade hatte John Malkovich ein Theatergastspiel. Mittlerweile können sich Besucher auch im neu gestalteten Museum über die Geschichte der vielen Lavatunnel auf der Insel und der Entstehung der Jameos informieren. Inzwischen ist die Sonne hinter dem Vulkan untergegangen und die Band Tabaiba hat begonnen, die Hauptbühne einzuweihen, und den Konzertbesuchern mit Latino-Rhythmen ordentlich einzuheizen. Ich liebe das Beobachten, mich einfach in eine Ecke zu stellen und zu gucken. Aber egal, wohin ich mich auch wende, ins Gespräch komme ich trotzdem in Sekundenschnelle. Es scheint doch noch etwas ungewöhnlich zu sein, dass sich Besucher, vor allem aus dem nicht Spanisch sprechenden Ausland, auf das kleine Festival verirren. Zu Unrecht, wie ich finde. Auerdem gehört auch zur Wahrheit, dass die Bewohner von Lanzarote neugierige und unheimlich nette Zeitgenossen sind. Bitte sehr, noch ein Bier – oder doch lieber Wein? – und natürlich die Frage, was mir denn an ihrer Insel gefalle. Wie ich Manriue finde und, natürlich, ob ich auch den lokalen Wein schon probiert habe. Für mich sind das dann immer jene Momente, in denen ich kurz innehalte, und zwar nicht, weil ich überlegen müsste, um den Bewohnern im Fall des Falles nicht auf den Schlips treten zu wollen. Nein, sondern weil dann auch immer ein kleiner Film vor dem inneren Auge abgespult wird. Bei Lanzarote ist es ja eigentlich einfach. Der Reiz des Rauen, der Sprödheit der Naturgewalten ist allgegenwärtig. Du bist plötzlich auf einer Insel, die dich derart mit Sonne und Wind beschenkt, dass ich nicht zweimal überlegen muss. Dass ich bereits um sechs Uhr morgens aufstehe, um eine Runde um den Volcán del Cuervo zu drehen, weil ich mich sonst schneller, als mir lieb ist, als träge flieender Lavafluss fühle. Dabei ist diese Wanderung schlichtweg atemberaubend, vor allem in den frühen Morgenstunden, wenn noch nicht so viel los ist. Wo auf der Welt kann man entspannter in einen Vulkan klettern? Ja, beinahe schon hineinflanieren Die mrundung dauert für Normalsterbliche 90 Minuten zu Fuß und der Blick über alte Lavafelder und die kleinen Vulkankuppen im Hintergrund, die je nach Sonnenlicht in Braun, Rot, Ocker, Grau, Grün und Schwarz gegen das Blau-Weiß des Wolkenhimmels um die Deutungshoheit konkurrieren, ist dabei ein steter Begleiter. Eine irdische Mondlandschaft. Noch eine Spur eindrucksvoller in Sachen Vulkane und Co. wäre da noch der Nationalpark Timanfaya. Auch hier, beim wichtigsten Aushängeschild der Insel, hatte Manrique seine Finger im Spiel. Ihm war bewusst, dass diese natürliche Urgewalt ein Touristenmagnet sein würde – wenn man sie ein bisschen erschließt. Also wurden dort im Westteil der Insel, in dem vor 200 Jahren die letzten großen Eruptionen und Lavawalzen in Richtung Meer wanderten, befestigte Straßen durch die Vulkan- und Kraterlandschaft gezogen. Mit Bussen können die Touristen jetzt hautnah an einigen der insgesamt 25 Vulkane vorbeifahren und ein Guide erklärt die geologischen Feinheiten des Nationalparks. Auf Lanzarote sind es nämlich überwiegend sogenannte Schlackenkegel, die sich entlang der Eruptionsspalten bildeten, was man an der typischen abgeflachten Form gut sehen kann. Selbstverständlich braucht so ein Park aber auch ein Panoramarestaurant und ein paar Gimmicks. So wird in der »Teufelsküche« überwiegend mit Erdwärme gekocht, die man nach dem Essen zur eigenen Belustigung draußen hautnah erleben kann. Mitarbeiter des Nationalparks lassen in Erdspalten mal eben Stroh brennen oder füllen Wasser in eines der Löcher, das dann, sehr zur Freude der jüngeren Besucher, als künstlicher Geysir nach oben herauspustet. Der Weg auf dem kleinen Trampelpfad zur »alten Küche« des Restaurants lohnt sich. Von dort aus hat man einen wunderbaren Blick auf die Vulkanlandschaft, die in den verschiedensten Erdtönen strahlt. Und das Meer, der Strand? Wie sieht es denn damit aus, fragt eine junge Frau mit grünen Strähnen, Collegejacke, Hotpants und schweren Lederstiefeln. Sie stellt sich mir als Gabi vor und wippt derart munter zum Cumbia und schafft es dabei dennoch, unfallfrei ihren Cocktail zu trinken, während sie auf meine Antwort wartet. Strand also. a, hat Lanzarote. Im berfluss. Am schönsten finde ich die Klippen von Los Hervideros. Hier ist ein Lavafeld von den Vulkanausbrüchen im Timanfaya einst ins Meer gerauscht und hat dafür gesorgt, dass die Bruchkante ganz besonders rau und durchlöchert scheint. Auch dort haben die Menschen die Landschaft begehbarer gemacht, ein paar Pfade und Treppen geschlagen. Wenn unten das Meer dann anrauscht und durch eines der vielen Löcher nach oben spritzt, ist das eine willkommen Abkühlung – und ein großer Spaß gleichermaßen. Direkt ins Wasser kann man hier jedoch nicht, das wäre zu gefährlich. Dafür kann ich mich von den dunklen Felsen und den roten Vulkankegeln dahinter gar nicht wirklich sattsehen. Ähnlich – und doch ganz anders – ergeht es mir am Strand von Famara. Sand auf etwa vier Kilometern zwischen den mächtigen Klippen und dem kleinen Dorf Caleta de Famara. Dazu Wellen, soweit das Auge reicht, und Wind, sodass Surfer aller Art, also egal ob mit oder ohne Segel, auf ihre Kosten kommen. 98 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2023</strong>
ENTDECKEN | Lanzarote Die Insel hat nicht nur ein klares Meer, sondern auch einige feine Sandstrände zu bieten – wie etwa hier an der Südküste bei Puerto del Carmen. CACTUS Der ikonische Pool in den Jameos del Agua (l.) und der Kaktusgarten (r.) sind nur einige der vielen künstlerischen Vermächtnisse von César Manrique. herbst <strong>2023</strong> 99