ENTDECKEN | Kreuzfahrt 82 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
text BSimone Sever EIN SCHIFF WIRD KOMMEN »Riesen der Meere«. »Monster«. »Schwimmende Trabantenstädte«. »Das ist doch furchtbar.« »Wie kann man nur?« Auch <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Autorin Simone Sever hatte so ihre Bedenken, als sie für vier Nächte in Neapel an Bord eines der zurzeit größten Kreuzfahrtschiffe ging, die gerade auf den sieben Weltmeeren unterwegs sind. »Willkommen an Bord der Costa Toscana«, auf der alsbald aus einem anfänglichen »Was hat mich nur geritten auf solch‘ eine Kreuzfahrt zu gehen?« ein »Wow, das hätte ich niemals für möglich gehalten« wurde. Ahoi! Da liegt er vor mir, der Riesenpott. 62 Meter ragt er in den beinahe wolkenlosen neapolitanischen Himmel. 185.000 Tonnen schwer. Ein Gigant. Ein Riese. Eine Art Seeungeheuer, das mich in wenigen Minuten mit Haut und Haaren verschlingen wird. Und ich? Nicht allein steuere ich direkt auf den Schlund zu. »Immer weiter gehen«, sage ich mir, »nicht stehen bleiben. Das Ungeheuer wartet.« Kinder schreien. Mütter lachen. Väter treiben die Familie an. Alle mit einem Lächeln im Gesicht. »Wie die Lemminge«, denke ich. Diese ersten Momente überfordern mich. Zu viele Menschen, die man hier Passagiere nennt. Kleinkinder. Großmütter. Teenager. Freundesgruppen. Italiener. Viele Italiener. Na ja, und ich. Allein an Bord. Mal gucken wollen. Mal mitreden können. Berechtigte Zweifel. Wie bei all denen, die auf solch einem »Ungeheuer« wohl niemals Urlaub machen würden. Aber wie kann man sagen, dass man etwas nicht mag, wenn man es doch nicht probiert? Insofern bin ich jetzt hier und bewege mich vorwärts. Schritt für Schritt. Rein in den Schlund. Hinein in den Bauch des Riesen. rst einmal zurechtfinden. Mein immer finden, das hier natürlich Kabine heißt. Übrigens eine von insgesamt 2.663 Kabinen, verteilt auf 18 Decks, was also doch eher an ein Zimmer in einem Hotel erinnert. Sozusagen ein schwimmendes Hotelresort, eines von insgesamt zehn der Costa-Flotte, eine Art »Smart City« mit 6.554 Gästen, die auf der Costa Toscana unterkommen können. Das sind eine Menge Passagiere, die von 1.646 Crewmitgliedern behütet, bekocht, bespaßt, bespielt und belustigt werden. Insgesamt 8.376 Menschen an Bord, die ich nach dem Bezug meiner Balkonkabine gefühlt alle auf einmal und neben, vor und hinter mir am Buffet erlebe, das alle ssensgelüste erfüllt. in üppiges Buffet mit Pizza, Pasta, Fisch und Fleisch, Salaten, Desserts … aber eben auch mit den gefühlten 6.729 anderen Passagieren, die mir beinahe, während ich brav in der Schlange anstehe, auf die Füße treten. Hungrig mache ich mich auf die Suche nach einem ruhigeren Plätzchen, den ich bei Kiki Poke auf Deck 17 finde. Dort kann ich mir meine eigene hawaiianische Pok Bowl zusammenstellen. Köstlich, besonders auch, weil ich hier nicht Schlange stehen muss. In meinem Kopf singt Adriano Celentano »Azzurro, il pomeriggio è troppo azzurro«, der Nachmittag ist ganz blau. herbst <strong>2023</strong> 83