Karl Plagge - Darmstädter Geschichtswerkstatt
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fanden. Die Warschauer Juden waren überzeugt davon, dass man eine halbe Million Menschen nicht<br />
umbringen könne. Im Februar 1942 konnten wir Verbindung zu Anton Schmid herstellen, der zur<br />
deutschen Armee eingezogen worden war. Er nahm mit seinem Auto drei unserer Genossen … nach<br />
Bialystok und Warschau mit. Sie verbreiteten … die Wahrheit über die ungeheuerliche Ausrottung der<br />
Wilnaer Juden.“ 2<br />
Fluchtweg in die Kanalisation<br />
Fluchtweg aus der Kanalisation<br />
Shmuel Kaplinski<br />
Kaczerginski (l.) und<br />
Sutzkever im Ghetto, 1943<br />
Tafel 7: Jüdischer Widerstand<br />
Gescheiterter Aufstand<br />
Bei der erwarteten Liquidierung des Ghettos sollte ein Aufstand<br />
die Ghettoinsassen mobilisieren, um eine Massenflucht in die<br />
Wälder zu ermöglichen. Der Plan scheiterte jedoch, nachdem die<br />
FPO im Juli 1943 ihren Anführer Wittenberg durch Verrat verloren<br />
hatte und die Ghettobewohner dem Aufruf zur Rebellion nicht<br />
folgten. Im September 1943 wurde der Versuch, gegen eindringende<br />
SS-Truppen Widerstand zu leisten, blutig niedergeschlagen.<br />
In den Tagen der Ghettoliquidierung konnten ungefähr hundert<br />
FPO-Mitglieder durch die Kanalisation entkommen und sich<br />
zu den Partisanen durchschlagen.<br />
Partisanen<br />
„Im Gebiet von Wilna befanden sich zwei Partisanen-Stäbe.<br />
Einer war bei Narocz-See …, der andere bei Sorok Tatary im<br />
Rudnicker Waldgebiet. Es waren dies von Anfang an gemischte<br />
Abteilungen, in denen sich Litauer, Polen, Weißrussen<br />
und Juden unter der Führung sowjetischer Fallschirmspringer<br />
befanden. Später zweigten sich besondere jüdische<br />
Gruppen unter der Führung jüdischer Ghetto-Kämpfer ab.<br />
So entstanden auf dem Gebiet von Wilna innerhalb der allgemeinen<br />
Partisanenbewegung … drei rein jüdische<br />
Partisanengruppen. Die erste Gruppe mit dem Namen „Tod<br />
dem Faschismus“ stand unter der Leitung der Ghetto-Kämpfer<br />
Abba Kovner und Chjenka Borowska, die zweite Gruppe<br />
wurde von Resel Abraszka und die dritte von Kriaklis geführt.“<br />
3<br />
Shmuel Kaplinksi (1913–2000)<br />
Kannte als ehemaliger Ingenieur der Wilnaer Wasserwerke das<br />
Kanalisationssystem der Stadt und organisierte den Fluchtweg.<br />
Yekhiel Sheynboym (1914–1943)<br />
Schloss sich mit seiner Kampfgruppe der FPO an und fiel im<br />
Kampf gegen die eindringende SS.<br />
Shmerke Kaczerginski (1908–1954)<br />
Yekhiel Sheynboym<br />
Schriftsteller, mit Sutzkever an der Rettung jüdischer Kulturgüter<br />
beteiligt, FPO-Mitglied und Partisanenkämpfer; Verfasser zahlreicher Lieder<br />
im Ghetto („Shtile, shtile“); Auswanderung nach Argentinien, Verfasser wichtiger<br />
Beiträge zum jüdischen Widerstand.<br />
Abraham Sutzkever (geb. 1913)<br />
Jiddischer Dichter, FPO-Mitglied und Partisanenkämpfer, wichtiger Träger des<br />
Kulturlebens im Ghetto; 1944 Verfasser des ersten Berichts über den Kampf<br />
und die Vernichtung der Wilnaer Juden, Zeuge im Nürnberger Prozess gegen<br />
die Hauptkriegsverbrecher (1946); Auswanderung nach Israel.<br />
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