Karl Plagge - Darmstädter Geschichtswerkstatt
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Wehrmachtsoffizier und Held?<br />
<strong>Karl</strong> <strong>Plagge</strong>, 1942 <strong>Karl</strong> <strong>Plagge</strong>, 1956<br />
Rückkehr nach Darmstadt<br />
In den Monaten nach dem Rückzug aus Wilna gelang es <strong>Karl</strong> <strong>Plagge</strong>, die HKP-Einheit durch die Wirren des<br />
Kriegsendes in den Westen zu bringen und sie ohne Verluste den Alliierten zu übergeben. Nach kurzer<br />
Gefangenschaft kehrte er nach Darmstadt zurück. Da sein Elternhaus<br />
in der Hoffmannstraße im September 1944 zerstört worden<br />
war, lebte er zunächst in Neunkirchen im Odenwald. 1948 zog er<br />
wieder nach Darmstadt in die Otto-Hesse-Straße 4 und nahm seine<br />
Tätigkeit in den Hessenwerken, die durch sein Entnazifizierungsverfahren<br />
unterbrochen worden war, wieder auf. Bis zu seinem<br />
Tod war er Mitglied der Geschäftsleitung und blieb der Familie<br />
Hesse freundschaftlich verbunden. Über sein Privatleben ist wenig<br />
bekannt. Aus den wenigen überlieferten Briefen geht aber<br />
hervor, dass er sich voller Zweifel und Schuldgefühle mit den Erfahrungen<br />
und seiner eigenen Rolle während der Besatzungszeit in<br />
Wilna auseinandergesetzt hat. Am 19. Juni 1957 starb <strong>Karl</strong> <strong>Plagge</strong><br />
im Alter von knapp sechzig Jahren.<br />
„ ...in das Bewusstsein eingegraben“<br />
„Als ich aus dem Krieg zurückgekehrt war, kamen auch für<br />
mich schwere Zeiten, da ich alles verloren hatte und meine<br />
Familie Greisdorf, Überlebende des HKP,<br />
Stuttgart 1948 (vorne v.l.: Tante Emma,<br />
Eliezer, Mutter Mina; hinten v.l.: Vater<br />
David, Bruder Boris, Onkel Leo)<br />
Tafel 11: Wehrmachtsoffizier und Held?<br />
Existenz neu aufbauen<br />
musste. Wie viel glücklicher<br />
war ich jedoch<br />
daran, als die jüdischen<br />
Familien, die ich damals<br />
in Stuttgart besuchte.<br />
Herr Leo Greisdorf sag-<br />
<strong>Karl</strong> <strong>Plagge</strong> (Mitte) mit der Familie Hesse<br />
und Patensohn Konrad, 1947<br />
Geschäftsführung der Hessenwerke: Kurt<br />
Hesse (Mitte), <strong>Karl</strong> <strong>Plagge</strong> (2.v.l.)<br />
te mir damals: ‚Sie haben zwar alles verloren, wie wir auch,<br />
aber Sie können gehen durch die Straßen, in denen Sie als<br />
Kind gegangen sind. Wir jedoch sind heimatlos geworden und<br />
werden immer voll Sehnsucht an die Straßen unserer Heimatstadt<br />
zurückdenken’. Ich bin damals sehr still geworden hinsichtlich<br />
dessen, was ich noch von der Welt und den Menschen<br />
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