Gleichstellungspolitik kontrovers - eine Argumentationshilfe
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WISO<br />
Diskurs<br />
8<br />
Feminismus, Frauenbewegung, <strong>Gleichstellungspolitik</strong><br />
und gleichstellungspolitische Strategien<br />
(Gender Mainstreaming, Quoten, geschlechtergerechte<br />
Sprache) werden in (medien-)öffentlichen<br />
Diskussionen häufi g zusammengeworfen und als<br />
Gesamtpaket diffamiert. Im Folgenden werden<br />
diese antifeministischen Behauptungen vorgestellt<br />
und mögliche Gegenargumentationen vorgeschlagen.<br />
2.1 Antifeministische Behauptung<br />
„Feminismus, Quoten und Gender Mainstreaming<br />
sind überfl üssig – heute haben Frauen die Macht!“<br />
Feminismus3 und gleichstellungspolitische Maßnahmen<br />
(z. B. Gender Mainstreaming4 , Quoten,<br />
geschlechtergerechte Sprache oder Gleichstellungsbeauftragte)<br />
werden als „gestrig“ dargestellt:<br />
Unter Verweis auf berufl ich erfolgreiche und in<br />
der Öffentlichkeit präsente Frauen aus Politik,<br />
Medien und Wirtschaft wird <strong>eine</strong> weibliche Übermacht<br />
behauptet. Die Notwendigkeit gleichstellungspolitischer<br />
Maßnahmen zu Gunsten von<br />
Frauen bestehe daher nicht mehr.<br />
2.1.1 Widerlegung<br />
– Die Sichtbarkeit berufl ich erfolgreicher Frauen<br />
ist kein hinreichender Indikator für den Erfolg<br />
von Feminismus und <strong>Gleichstellungspolitik</strong>.<br />
Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
2. Argumente zum Thema <strong>Gleichstellungspolitik</strong> und Feminismus<br />
Julia Roßhart<br />
– Ausgeblendet wird die anhaltende ungleiche<br />
Verteilung von Lohn und Vermögen und das<br />
erhöhte Armutsrisiko von Frauen.<br />
– Die Behauptung ist falsch: Frauen sind in<br />
Entscheidungspositionen nach wie vor stark<br />
unterrepräsentiert.<br />
– Feministische Ziele gehen weit über die Frage<br />
nach Frauenanteilen in Entscheidungspositionen<br />
hinaus.<br />
2.1.2 Erläuterung<br />
Die Behauptung, feministische und gleichstellungspolitische<br />
Ziele seien angesichts der Existenz<br />
erfolgreicher Frauen heute bereits erreicht<br />
bzw. übererfüllt, ist falsch. Zunächst lässt sich<br />
festhalten, dass die Darstellung am Anspruch<br />
feministischer Politik vorbeigeht: Die Sichtbarkeit<br />
erfolgreicher Frauen ist kein hinreichender<br />
Indikator für den Erfolg von Feminismus und<br />
<strong>Gleichstellungspolitik</strong> (hooks 2000 a: 101 - 110;<br />
McRobbie 2010). Die Fokussierung auf weibliche<br />
Erfolgsgeschichten täuscht vielmehr darüber hinweg,<br />
dass Löhne, Besitz und gute Arbeit zu Lasten<br />
von Frauen massiv ungleich verteilt sind; so verdienen<br />
Frauen in Deutschland durchschnittlich<br />
23 Prozent weniger als Männer (Statistisches Bundesamt<br />
Deutschland 2010; GenderKompetenz-<br />
Zentrum 2010). Frauen sind sowohl auf nationaler<br />
Ebene als auch weltweit überdurchschnittlich<br />
stark von Armut betroffen (Gender Datenreport<br />
2005; United Nations Statistic Division 2010).<br />
3 Feminismus bezeichnet <strong>eine</strong> Vielzahl emanzipatorischer Bewegungen des Denkens und des Handelns, die politisch auf den Abbau von<br />
Geschlechter-Hierarchien und Geschlechter-Zwängen abzielen (-> Glossar).<br />
4 Gender Mainstreaming stellt <strong>eine</strong> spezifi sche, auf EU-Ebene rechtlich verankerte und von Deutschland ratifi zierte Strategie zur Herstellung<br />
von tatsächlicher Gleichstellung von Frauen und Männern dar. Eine konsequente Umsetzung von Gender Mainstreaming bedeutet,<br />
alle politischen Entscheidungen und Maßnahmen daraufhin zu überprüfen, welche Auswirkungen sie auf die im Grundgesetz verankerte<br />
Gleichstellung von Frauen und Männern haben – und politisches Handeln entsprechend auszurichten (-> Glossar).