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Gleichstellungspolitik kontrovers - eine Argumentationshilfe

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Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

durch Studien belegt, welche Branchen in den<br />

Fokus der Rettungspakete der bundesdeutschen<br />

Regierung gestellt wurden. 72 Prozent aller Maßnahmen<br />

der Konjunkturpakete der EU und der<br />

Bundesregierung kamen männerdominierten<br />

Branchen zugute (Schambach 2010). Diese Konjunkturpakete<br />

sind staatliche Maßnahmen, um<br />

den Arbeitsmarkt vor <strong>eine</strong>m krisenbedingten Einbruch<br />

zu stützen. Beispielsweise wurde die Automobilindustrie<br />

mit <strong>eine</strong>r Abwrackprämie und<br />

subventionierter Kurzarbeit gestützt.<br />

Gleichzeitig hat die Frauenerwerbstätigkeit<br />

in frauendominierten Wirtschaftszweigen ein<br />

wenig zugenommen, wie zum Beispiel in den<br />

haushaltsnahen Dienstleistungen, wobei aber davon<br />

auszugehen ist, dass es sich hier nicht um<br />

vergleichbare Jobs zu Arbeitsplätzen wie in der<br />

Automobilindustrie handelt. Die Verdienstmöglichkeiten<br />

und Arbeitsplatzgestaltungen (Teilzeit/<br />

Vollzeit) in den männerdominierten Berufszweigen<br />

sind mit <strong>eine</strong>m Großteil der frauendominierten<br />

nicht zu vergleichen (siehe auch Gender Pay<br />

Gap; Berufstätigkeit von Frauen). Ein Anstieg von<br />

Arbeitsplätzen in den frauendominierten Bereichen<br />

kann hier <strong>eine</strong>n Zuwachs an Teilzeit- oder<br />

Niedriglohnbeschäftigung bedeuten. Die immer<br />

noch wachsende Zunahme von Teilzeitbeschäftigung<br />

sowie geringfügiger Beschäftigung von<br />

Frauen erfordern <strong>eine</strong> zwingend komplexere Sichtweise<br />

auf Krisensituationen und ihre Überwindung.<br />

Europaweit wirkte sich die Wirtschaftskrise<br />

stark auf den Arbeitsmarkt und die Beschäftigungszahlen<br />

aus. Von Mai 2008 bis September<br />

2009 war die Arbeitslosenquote auf EU-Ebene bei<br />

den Männern stärker angestiegen (von 6,4 Prozent<br />

auf 9,3 Prozent) als bei den Frauen (von<br />

7,4 Prozent auf 9 Prozent). Die Krise hat die Industrie<br />

und das Baugewerbe, wo viele Männer<br />

beschäftigt sind, schwer getroffen. Doch schon<br />

Ende 2009 war sichtbar, dass die Arbeitslosenquoten<br />

von Frauen und Männern im gleichen<br />

Tempo anstiegen, was darauf zurückzuführen<br />

sein dürfte, dass die Krise auch andere Branchen<br />

erfasst hat, in denen ein ausgewogeneres Verhältnis<br />

zwischen weiblichen und männlichen Arbeitnehmer/innen<br />

herrscht, als in den zunächst<br />

betrof fenen Branchen.<br />

In Zeiten des nun bereits wieder begonnenen<br />

Aufschwungs nach der Krise profi tieren jetzt eben<br />

gerade die Branchen wieder, die männlich dominiert<br />

sind. So sind die Wirkungen für Männer<br />

nicht nachhaltig negativ, während Frauen und<br />

frauendominierte Branchen nicht gleichermaßen<br />

<strong>eine</strong>n Aufschwung erfahren. Eher das Gegenteil<br />

ist der Fall: Die Steuergelder, die für die Bankenrettung<br />

und Konjunkturpakte von den Staaten<br />

zur Krisenrettung investiert wurden, sollen europaweit<br />

durch Sparpakete wieder eingespart<br />

werden. Das ist mit den Zweitrundeneffekten der<br />

Krise gemeint und betrifft größtenteils die soziale<br />

Infrastruktur, die zur öffentlichen Daseinsfürsorge<br />

gehört (Kuhl 2010). In fast allen europäischen<br />

Haushalten werden Sparpakete aufgelegt und die<br />

Gelder für staatliche Leistungen, den öffentlichen<br />

Dienst, für öffentliche Einrichtungen gekürzt.<br />

Das heißt, Unterstützungen im Bildungsbereich<br />

sowie öffentliche Angebote und staatliche Unterstützungen<br />

für zivilgesellschaftliche Organisationen<br />

werden zurückgefahren oder ganz zusammengestrichen.<br />

Staatliches Eigentum geht in privates<br />

Eigentum über, was oftmals mit steigenden<br />

Preisen für Verbraucher und Verbraucherinnen<br />

und Arbeitsplatzverlusten einhergeht. In Deutschland<br />

machen die Kürzungen im sozialen Bereich<br />

den Großteil des Sparpakets aus. Dabei trifft es<br />

All<strong>eine</strong>rziehende, die ALG II (Arbeitslosengeld II)<br />

bekommen, besonders hart, hier wurde das Elterngeld<br />

ersatzlos gestrichen. 43 Prozent der Mütter,<br />

die ihre Kinder allein erziehen, sind auf ALG<br />

II angewiesen. Diese Maßnahmen treffen Frauen<br />

im besonderen Maße, da sie nach wie vor den<br />

Großteil der Familien- und Sorgearbeit erledigen<br />

und auf <strong>eine</strong> funktionierende soziale Infrastruktur<br />

besonders angewiesen sind.<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

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