Gleichstellungspolitik kontrovers - eine Argumentationshilfe
Gleichstellungspolitik kontrovers - eine Argumentationshilfe
Gleichstellungspolitik kontrovers - eine Argumentationshilfe
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />
men. Dabei soll die Entwicklung von Kindern<br />
und Jugendlichen nicht durch Geschlechterstereotype<br />
verengt, sondern erweitert werden.<br />
Ein Kind soll alle Potenziale ausschöpfen können,<br />
ohne dabei von Rollenerwartungen und Geschlechterstereotypen<br />
eingeschränkt zu werden.<br />
Kinder, Jugendliche und Erwachsene lernen<br />
besser in <strong>eine</strong>r Umgebung, in der sie nicht diskriminiert<br />
werden: weder aufgrund ihres Geschlechtes<br />
noch aufgrund ihrer Sexualität oder<br />
der Lebensweise ihrer Eltern. Es gibt auf der ganzen<br />
Welt Pädagog_innen, die gegen Homophobie18<br />
in Schulen kämpfen und dabei deutlich<br />
machen, dass davon alle Schüler_innen profi tieren<br />
(Dijk/Driel 2008; Ebenfeld 2010). Häufi g werden<br />
geschlechtsuntypische Verhaltensweisen als<br />
„schwul“ oder „lesbisch“ bezeichnet und abgewertet.<br />
Genau darum geht es bei geschlechtersensiblen<br />
Ansätzen: zu zeigen, dass verschiedene<br />
Eigenschaften und Lebensweisen allen offen stehen<br />
und diese dabei nicht hierarchisiert werden.<br />
Denn Kategorien engen ein und gehen immer<br />
mit <strong>eine</strong>r Bewertung einher.<br />
Es gibt Menschen, die behaupten, geschlechtersensible<br />
Pädagogik würde <strong>eine</strong> „freie“ Geschlechtsentwicklung<br />
einschränken. Dabei will<br />
geschlechtersensible Pädagogik genau das Gegenteil:<br />
Eine freie Entwicklung ermöglichen, in der<br />
Kindern mehr als <strong>eine</strong> festgelegte Rolle offen<br />
steht. Es geht darum, Entwicklungsmöglichkeiten<br />
zu erweitern und Handlungsspielräume zu<br />
öffnen, anstatt sie zu beschränken. Niemand will<br />
irgendjemandem sein_ihr Geschlecht „rauben“,<br />
sondern aufzeigen, dass nicht alles durch die Biologie<br />
vorbestimmt ist. Niemand will zerstören,<br />
sondern befreien, stärken und ermuntern. Im ersten<br />
Augenblick mag die Vorstellung von unendlichen<br />
Möglichkeiten beängstigen. Kinder brauchen<br />
klare Grenzen und Regeln – ja, aber nur<br />
soweit, wie sie Entwicklung unterstützen und<br />
nicht, wenn sie <strong>eine</strong>ngen. Und stereotype Rollenbilder<br />
sind k<strong>eine</strong> brauchbaren Regeln, da kein<br />
Mensch tatsächlich so lebt. Oder wer kennt schon<br />
<strong>eine</strong>n 100 Prozent-typischen Mann oder <strong>eine</strong><br />
100 Prozent-typische Frau? Eben! Das sind gesell-<br />
schaftlich-kulturelle Bilder, die vor allem in der<br />
Werbung existieren. Kinder brauchen lebendige<br />
Vorbilder, an denen sie sich orientieren können.<br />
Männer, Frauen, Menschen aller Geschlechter<br />
mit verschiedenen Eigenschaften, die unabhängig<br />
ihres Geschlechtes, ihrer Herkunft, ihrer Religion<br />
usw. stark und schwach, emotional, rational,<br />
kreativ, verspielt und ernst und vieles andere<br />
sein können – vor allem müssen sie verlässliche<br />
Bezugspersonen sein.<br />
Pädagog_innen sollten Kinder und Jugendliche<br />
in ihrer Vielfalt wahrnehmen und sich an<br />
den Bedürfnissen, Wünschen, Fähigkeiten und<br />
Interessen von Menschen orientieren, ohne diese<br />
in geschlechts-, kultur- oder sexualspezifi sche<br />
Gruppen zu unterteilen (Tuider 2004). Kinder<br />
und Jugendliche sollen ihre Potenziale und<br />
Fähigkeiten entwickeln können, um als erwachsene<br />
Menschen selber entscheiden zu können,<br />
wie sie leben wollen. Es geht darum, nichts „sein“<br />
zu müssen, sondern verschiedene Lebensformen<br />
wählen zu können. Ziel ist <strong>eine</strong> Pädagogik vielfältiger<br />
Lebensweisen, bei der die zentrale Frage<br />
nicht lautet „Wer oder was bin ich?“, sondern<br />
„Wie will ich leben?“ (Hartmann 2004: 66).<br />
5.3 Antifeministische Behauptung<br />
„Kinder müssen in der Familie betreut werden, da<br />
Fremdbetreuung vor allem Kleinkindern schadet.“<br />
5.3.1 Widerlegung<br />
– Was Kinder brauchen, ist <strong>eine</strong> qualitativ hochwertige<br />
frühkindliche Bildung, damit sie gefördert<br />
und gefordert werden.<br />
– Kinder lernen durch Interaktion mit anderen<br />
Kindern. So werden soziale Kompetenzen gefördert<br />
und Kinder lernen vielfältige Lebensweisen<br />
kennen.<br />
– Diese Behauptung dient dazu, Frauen auf <strong>eine</strong><br />
Mutterrolle festzulegen, vielfältige Angebote<br />
ermöglichen hingegen echte Wahlfreiheit für<br />
Eltern.<br />
18 Homophobie bedeutet <strong>eine</strong> Ablehnung von und Angst vor Homosexualität. Dabei ist Homophobie nicht nur <strong>eine</strong> persönliche Einstellung,<br />
sondern auch von <strong>eine</strong>r gesellschaftlich-strukturell verankerten Abwertung und Ablehnung von Homosexualität gekennzeichnet.<br />
WISO<br />
Diskurs<br />
33