Gleichstellungspolitik kontrovers - eine Argumentationshilfe
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WISO<br />
Diskurs<br />
40<br />
Minijobs zunimmt (Der Spiegel 2010). Seit 1998<br />
ist ein kontinuierlicher Anstieg des Niedriglohnsektors<br />
zu beobachten. Hier ist der Anteil von<br />
Frauen besonders hoch. Wenn Teilzeitbeschäftigung<br />
und Minijobs mit einbezogen werden, liegt<br />
der Anteil von Frauen in diesem Bereich bei fast<br />
70 Prozent.<br />
Aus all diesen Fakten entstehen weitere Wirkungen<br />
zu Lasten von Fraueneinkommen insgesamt<br />
– geringere Rentenansprüche, erhöhtes<br />
Armutsrisiko und wirtschaftliche Abhängigkeit<br />
von Partner oder Staat.<br />
6.2 Antifeministische Behauptung<br />
„Die Menschen werden dem Diktat der Ökonomie<br />
unterworfen, dadurch sollen Frauen schuften und<br />
vernachlässigen ihre Kinder.“<br />
6.2.1 Widerlegung<br />
– Frau sein ist nicht an Mutterschaft gebunden,<br />
genauso wenig wie Mann sein nicht gleichbedeutend<br />
mit Vaterschaft ist.<br />
– Elternschaft und Berufstätigkeit sind k<strong>eine</strong> sich<br />
ausschließenden Kategorien.<br />
– Aktuelle Kritik am Wirtschaftsmodell wird hier<br />
genutzt, um sie mit rückwärtsgewandten Familienbildern<br />
zu verknüpfen.<br />
6.2.2 Erläuterung<br />
Dieses Argument soll glaubhaft machen, dass die<br />
Berufstätigkeit von Frauen dazu führt, Familien<br />
zu zerstören. Dahinter steckt der Wunsch nach<br />
traditionellen Familienmustern und nach Rollenverteilungen,<br />
die sich klar nach Geschlecht verorten.<br />
Damit wird versucht, sich auf ein idealtypisches<br />
Bild von Familie zu beziehen, frühere<br />
Zeiten heraufzubeschwören, die noch „Werte“<br />
wie „Mutterschaft“ und „Familienoberhaupt“<br />
(also Ernährer) verkörperten und für gesamtgesellschaftliche<br />
Veränderungen die Berufstätigkeit<br />
von Frauen verantwortlich zu machen. Hier zeigt<br />
sich ein mit feststehenden Stereotypen verbundenes<br />
Verständnis vom Geschlecht (Frau gleich<br />
Mutter, Großmutter, Pfl egende, Sorgende; Mann<br />
Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
gleich Versorger, Verdiener, Erzeuger). Dem folgt<br />
die Unterstellung, dass <strong>eine</strong> Frau, die, aus welchen<br />
Gründen auch immer, kinderlos bleibt,<br />
ihrer „Bestimmung als Frau“ und damit „Mutter“<br />
nicht gerecht wird. Solche Aussagen gehen an<br />
den heutigen Lebensrealitäten von Männern und<br />
Frauen vorbei. Es werden damit Menschen angesprochen,<br />
die sich von der Transformation in<br />
der Gesellschaft bedroht fühlen und Sehnsucht<br />
nach klaren Regeln, Normen und Werten und damit<br />
auch klar abgegrenzten Geschlechterrollenbildern<br />
haben. Eine Folge davon ist, dass die Berufstätigkeit<br />
von Frauen dann mit der Vernachlässigung<br />
von Kindern gleichgesetzt wird (-> Kapitel<br />
4.2, 5.3) und höchstens für Schichten<br />
„zulässig“ ist, in denen es Zuverdienste zum<br />
Überleben braucht. Die Rolle von Männern als<br />
aktive Väter kommt hier nicht vor. Damit wird<br />
gleichzeitig <strong>eine</strong> natürliche Verantwortung von<br />
Frauen für Kinder unterstellt. Die Kritik an der<br />
Ökonomisierung aller Lebensbereiche wird mit<br />
<strong>eine</strong>m rückwärtsgewandten Familien- und Geschlechterbild<br />
gekoppelt.<br />
6.3 Antifeministische Behauptung<br />
„Männer müssen die Drecksarbeit machen, Frauen<br />
wollen gar nicht in diesen Jobs arbeiten.“<br />
6.3.1 Widerlegung<br />
– Mit Drecksarbeit sind hier ausschließlich männerdominierte<br />
Berufszweige gemeint. Genauso<br />
oder ähnlich belastende Berufe wie beispielsweise<br />
im Pfl egebereich werden aus dieser Argumentation<br />
ausgeklammert.<br />
– Es existieren immer noch Ausschlussstrukturen<br />
in männerdominierten Branchen, die<br />
Frauen <strong>eine</strong>n Zugang erschweren.<br />
6.3.2 Erläuterung<br />
Dieses Argument bezieht sich auf Branchen und<br />
Berufe, in denen primär Männer beschäftigt werden.<br />
Der geringe Frauenanteil wird damit begründet,<br />
dass Frauen diese Arbeit gar nicht machen<br />
wollten und sich mit <strong>eine</strong>r Quotierung beispiels-