Gleichstellungspolitik kontrovers - eine Argumentationshilfe
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WISO<br />
Diskurs<br />
42<br />
6.5 Antifeministische Behauptung<br />
„Durch Quoten werden schlecht qualifi zierte Frauen<br />
gefördert und gut qualifi zierte Männer ausgeschlossen.“<br />
6.5.1 Widerlegung<br />
– Die Quote ist nichts anderes als <strong>eine</strong> Zielvorgabe<br />
in der Personalentwicklung, die die<br />
gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und<br />
Männern sicherstellt.<br />
– Frauen waren noch nie so gut ausgebildet wie<br />
jetzt, das widerspricht der Unterstellung <strong>eine</strong>r<br />
schlechten Qualifi zierung.<br />
6.5.2 Erläuterung<br />
Diese Behauptung ist so alt wie die Quotendiskussion<br />
selbst. Leider funktioniert die Argumentation<br />
auch bei Frauen, die „Quotenfrau“ als <strong>eine</strong><br />
Abwertung empfi nden, weil der Begriff durch diese<br />
Argumentationslinie oft mit mangelnder Kompetenz<br />
gleichgesetzt wird. Dabei ermöglicht <strong>eine</strong><br />
solche Zielvorgabe Frauen den angemessenen<br />
Einsatz ihrer Kompetenzen. Organisationen und<br />
Unternehmen fördern mit <strong>eine</strong>r Quotierung die<br />
systematische Nutzung aller Potenziale und <strong>eine</strong><br />
Veränderung/Verbesserung von Organisationskultur.<br />
Nach Studien der Unternehmensberatung<br />
McKinsey fördern gemischtgeschlechtliche Teams<br />
nicht nur die Profi tabilität, sondern darüber<br />
hinaus auch die Problemlösungskompetenz und<br />
Innovationsfähigkeit (McKinsey 2007). Elke Holst<br />
und Anne Busch machen im aktuell erschienenen<br />
Führungskräftemonitor des Deutschen Instituts<br />
für Wirtschaftsforschung auch auf die Nachteile<br />
von bestehenden Monostrukturen aufmerksam<br />
und verweisen darauf, dass Vergleichsstudien<br />
den größeren Erfolg gemischter Führungsteams<br />
Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
in den Unternehmen belegen (Holst/Busch 2010).<br />
(Geschlechts-)Homogene Teams neigen zum<br />
„Herdentrieb“ und „Tunnelblick“.<br />
In Norwegen wurde <strong>eine</strong> 40 Prozent Frauen-<br />
Quote für Aufsichtsräte eingeführt – die Ergebnisse<br />
zeugen vom Erfolg. Bevor das Gesetz verabschiedet<br />
wurde, hieß es seitens der Konzerne, dass<br />
es k<strong>eine</strong> kompetenten Frauen gäbe. Da sie aber<br />
suchen mussten, weil ansonsten Sanktionen gegriffen<br />
hätten, haben sie überaus kompetente<br />
Frauen gefunden. Aktuell gilt Norwegen in dieser<br />
Hinsicht als Vorzeigemodell und beweist ausreichend,<br />
dass es genug kompetente Frauen gibt<br />
und andere Ausschlussgründe statt mangelnder<br />
Kompetenz existieren, wenn zu wenige Frauen<br />
in Führungspositionen vertreten sind (Storvik/<br />
Teigen 2010).<br />
Quotierungen damit gleichzusetzen, dass dadurch<br />
weniger qualifi zierte Frauen gefördert werden,<br />
bedeutet in der letztendlichen Konsequenz<br />
<strong>eine</strong> strukturelle Diskriminierung von Frauen im<br />
Berufsleben. „Frau sein“ wird in dieser Argumentation<br />
implizit mit Inkompetenz verbunden und<br />
parallel dazu suggeriert, dass Männer in Führungspositionen<br />
kompetenter sind. Dahinter liegen<br />
Stereotypisierungen von Geschlechterrollen,<br />
in denen bestimmte Eigenschaften mit Kompetenz<br />
und gleichzeitig mit „männlichen“ und „weiblichen“<br />
Verhaltensweisen verbunden werden. Diese<br />
Zuschreibungen sind längst überholt, kommen<br />
aber gerade in der Diskussion um die Besetzung<br />
von Führungspositionen oft zum Vorschein.<br />
Eine destruktive Perspektive auf den Quotenbegriff<br />
verstellt den Blick darauf, worum es wirklich<br />
geht: Es geht darum, unter Qualitätsaspekten<br />
der Organisationsführung und Organisationskultur<br />
Ziele zu setzen und Rahmenbedingungen<br />
zu gestalten, die <strong>eine</strong> gleichberechtigte Teilhabe<br />
von Frauen und Männern an Führung und Macht<br />
ermöglichen und sicherstellen.