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Gleichstellungspolitik kontrovers - eine Argumentationshilfe

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Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

4. Argumente zum Thema Familie<br />

Manfred Köhnen<br />

Es gab in den letzten Jahren viele Diagnosen über<br />

die „Demographische Katastrophe“, also die geringe<br />

Zahl der Geburten mit 1,34 Kindern pro<br />

Frau und die „Überalterung der Gesellschaft“. In<br />

diesem Zusammenhang wird ebenfalls der Zerfall<br />

„der Familie“ beklagt, der auch an <strong>eine</strong>r Scheidungsquote<br />

von 34 Prozent der Ehen festgemacht<br />

werden kann. 11 Die Diagnosen klingen beunruhigend<br />

und werden oft in den Medien präsentiert.<br />

Das Bild vom „Aussterben der Deutschen“,<br />

vom „Raum ohne Volk“ schürt existenzielle<br />

Ängste. Ebenso ist der Begriff der Familie mit dem<br />

grundlegenden Bedürfnis nach emotionaler Nähe<br />

und Sicherheit verknüpft. Es stimmt viele Menschen<br />

besorgt und ängstlich, dass immer mehr<br />

Ehen geschieden werden und dass die Vorstellung<br />

von Familie als lebenslanger Verbindung aus Vater,<br />

Mutter, Kind immer seltener funktioniert.<br />

Die Lösung von einigen Problemen ist in<br />

<strong>eine</strong>r modernen <strong>Gleichstellungspolitik</strong> (-> Glossar)<br />

zu fi nden.<br />

4.1 Antifeministische Behauptung<br />

„Die Deutschen sterben aus, weil Frauen k<strong>eine</strong> Kinder<br />

kriegen.“<br />

4.1.1 Widerlegungen<br />

– Es wird seit über hundert Jahren prognostiziert,<br />

dass die Deutschen aussterben – ohne, dass es<br />

eingetreten wäre.<br />

– Frauen sind nicht all<strong>eine</strong> verantwortlich für<br />

Geburt und Erziehung von Kindern.<br />

– Elternschaft braucht (wirtschaftliche) Sicherheit<br />

– und die fehlt zunehmend.<br />

– Familienpolitik und Gesellschaft sind auf ein<br />

Familienmodell konzentriert, das den Lebenslagen<br />

vieler Menschen nicht entspricht.<br />

4.1.2 Erläuterung<br />

Seit über hundert Jahren wird vorausgesagt, dass<br />

„die Deutschen“ aussterben. Aber nicht nur die.<br />

Auch die Bevölkerung der anderen westlich geprägten<br />

Länder sei „bedroht“. Auch dort gehen<br />

seit den jeweiligen Phasen von Industrialisierung<br />

und Verstädterung die Geburtenziffern zurück. In<br />

Deutschland ist das etwa seit 1900 der Fall. Trotz<br />

der beiden Weltkriege und dem kontinuierlichen<br />

Rückgang der Geburtenrate sind „die Deutschen“<br />

nicht ausgestorben. Dennoch ist dem Thema in<br />

Medien und Wissenschaft immer wieder große<br />

Beachtung geschenkt worden (Regenhard 2007;<br />

Ferdinand 2003). Von Oswald Sprengler (1918)<br />

bis zu den Zeitgenoss/innen Eva Herman, Frank<br />

Schirrmacher (Frankfurter Allgem<strong>eine</strong> Zeitung) und<br />

Thilo Sarrazin (2010) wurde immer wieder <strong>eine</strong><br />

Ursache benannt: die Emanzipation der Frauen.<br />

Diesen Theorien scheint die Annahme zugrunde<br />

zu liegen, es gäbe <strong>eine</strong> einheitliche Gruppe, nämlich<br />

„die Frauen“, die aus egoistischen Mo tiven<br />

willentlich in den Gebärstreik getreten seien.<br />

Eine genauere Sicht macht die blinden Flecken<br />

der Debatte deutlich: Migration, Geschlechterrollen<br />

und soziale Ungleichheit werden nicht<br />

berücksichtigt und daraus folgt <strong>eine</strong> Politik, die es<br />

nicht schafft, so auf die Bedürfnisse und Lebenslagen<br />

der Menschen einzugehen, dass sie sich für<br />

ein Leben mit Kindern entscheiden.<br />

Doch zunächst zu den blinden Flecken der<br />

Debatte über den Bevölkerungswandel. Zumeist<br />

wird nur die Bevölkerung mit deutscher Staats-<br />

11 So waren 34 Prozent der im Jahr 1982 geschlossenen Ehen nach 25 Jahren geschieden (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2009).<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

23

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