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Gleichstellungspolitik kontrovers - eine Argumentationshilfe

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WISO<br />

Diskurs<br />

18<br />

3. Argumente zum Thema Männerbenachteiligung<br />

Thomas Gesterkamp<br />

Antifeministen stilisieren Männer zu benachteiligten<br />

Opfern in nahezu jeder Lebenslage. Ob in<br />

der Arbeitswelt, im Bildungswesen, in der Gesundheitspolitik,<br />

beim Thema Gewalt oder im<br />

Scheidungsrecht: Überall verwenden Männerrechtler<br />

ein plattes Gewinner-Verlierer-Schema,<br />

das an Selbstviktimisierung grenzt. Frauenförderung<br />

und Gender Mainstreaming10 verschärfen<br />

nach dieser Lesart die Diskriminierung von Männern.<br />

Die Klage, „Männerbenachteiligung“ sei in<br />

den Medien kein Thema, wird dabei selbst zum<br />

Bestandteil des Opferdiskurses.<br />

3.1 Antifeministische Behauptung<br />

„Männer sind häufi ger arbeitslos als Frauen.“<br />

3.1.1 Widerlegung und Erläuterung<br />

Vor allem in den neuen Bundesländern waren<br />

nach der deutschen Vereinigung deutlich mehr<br />

Frauen als Männer ohne Job. Im Laufe der 1990er<br />

Jahre kehrte sich die Entwicklung um: Die Arbeitslosenquote<br />

der Männer stieg in West- wie<br />

Ostdeutschland überproportional, nach der Jahrtausendwende<br />

übertraf sie erstmals die der Frauen.<br />

In dieser Entwicklung drückt sich die Krise<br />

der traditionellen, von Männern geleisteten Industriearbeit<br />

und der Wandel zur Dienstleistungs-<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

ökonomie aus (Gesterkamp 2007). Tätigkeiten in<br />

Bereichen wie Erziehung, Pfl ege oder Service, die<br />

mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden, sind<br />

nicht so direkt abhängig von Weltwirtschaft und<br />

Schwankungen in der Konjunktur. Der Stellenabbau<br />

in diesen Bereichen erfolgt eher in <strong>eine</strong>r<br />

„zweiten Runde“ als Folge von öffentlichen Haushaltskürzungen<br />

(-> Kapitel 6.7).<br />

Die isolierte Betrachtung der Arbeitslosenquote<br />

liefert ohnehin ein verzerrtes Bild, weil sie<br />

das Arbeitsvolumen und die Länge der Arbeitszeiten<br />

nicht berücksichtigt. Teilzeitarbeitende<br />

Frauen und geringfügig tätige 400 Euro-Kräfte<br />

gelten als „beschäftigt“ und verschwinden so aus<br />

der Statistik. Zudem ist die „stille Reserve“ jener,<br />

die sich gar nicht (mehr) erwerbslos melden, ein<br />

überwiegend weibliches Phänomen.<br />

Schlecht qualifi zierte Männer haben mehr<br />

Schwierigkeiten als früher, <strong>eine</strong>n Job zu fi nden;<br />

insgesamt aber ist das männliche Geschlecht auf<br />

dem Arbeitsmarkt weiterhin privilegiert. Männer<br />

profi tieren von <strong>eine</strong>r staatlich geförderten geschlechtsspezifi<br />

schen Bereichsteilung, die ihnen<br />

die Funktion des (Haupt-)Ernährers und Frauen<br />

die (Haupt-)Verantwortung für Fürsorge zuschreibt.<br />

Diese traditionellen Geschlechterrollen<br />

drücken sich in unterschiedlichen Bewertungen<br />

von Tätigkeiten und deutlichen Einkommensunterschieden<br />

(etwa zwischen handwerklichen<br />

und erzieherischen Berufen) aus.<br />

10 Gender Mainstreaming ist <strong>eine</strong> gleichstellungspolitische EU-Strategie, die zum Ziel hat, bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen<br />

Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen und auf<br />

die Gleichstellung der Geschlechter hinzuwirken (-> Glossar).

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