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Gleichstellungspolitik kontrovers - eine Argumentationshilfe

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WISO<br />

Diskurs<br />

32<br />

nen und Bezugspersonen aller Geschlechter, also<br />

Pädagog_innen verschiedener Geschlechter mit<br />

verschiedenen Eigenschaften, in verschiedenen<br />

Positionen, mit verschiedenen Aufgaben und<br />

Fähigkeiten. Allein die Einstellung von männlichem<br />

Personal ändert nicht die Qualität der Bildung.<br />

Dass Pädagog_innen Gender-Kompetenzen<br />

brauchen, ist in Fachkreisen bekannt. Dazu gibt<br />

es theoretische und praktische Forschung: In<br />

den Publikationen der Koordinationsstelle Männer<br />

in Kitas des BMFSFJ (2010) oder des europäischen<br />

Forschungsprojektes Gender Loops ( Krabel/<br />

Cremers 2008) wird die Wichtigkeit von genderkompetentem<br />

Fachpersonal und geschlechtersensiblen<br />

Konzepten betont. Erzieher_innen und<br />

Lehrer_innen mit Gender-Kompetenzen sind sensibel<br />

für Geschlechterstereotype, refl ektieren ihre<br />

eigenen Rollenbilder, wissen um gesellschaftliche<br />

Geschlechterverhältnisse und sind in der Lage, geschlechtersensibel<br />

zu arbeiten. Geschlechtersensible<br />

Pädagogik und Didaktik hat zum Ziel, Kinder<br />

und Jugendliche unabhängig ihres Geschlechtes<br />

zu fördern und zu fordern und gleichzeitig mit<br />

ihnen Stereotype und Rollenbilder zu refl ektieren.<br />

Niemand hat etwas davon, wenn nur überlegt<br />

wird, wer am stärksten benachteiligt ist. Vielmehr<br />

ist <strong>eine</strong> grundlegende Kritik des Bildungssystems<br />

notwendig, von dem scheinbar niemand<br />

richtig profi tiert und in dem es nur um Gewinner_innen<br />

und Verlierer_innen geht – das ist ein<br />

neoliberales Modell, in dem der ökonomische<br />

Nutzen im Vordergrund steht. Was kritisiert werden<br />

muss, ist das katastrophale Bildungssystem –<br />

bestehend aus 16 verschiedenen Bildungs-Katastrophen<br />

in 16 verschiedenen Bundesländern –, das<br />

aus verschiedenen Gründen reformbedürftig ist.<br />

Wir brauchen also k<strong>eine</strong> pauschalisierenden<br />

Debatten über „schlaue“ und „dumme“ Kinder,<br />

sondern darüber, wie ein inklusives Bildungssystem<br />

aussehen kann, in dem alle Lernenden gleiche<br />

Chancen erhalten – unabhängig von Differenzierungskategorien<br />

wie Geschlecht, sexuelle<br />

Identität, ethnische Zugehörigkeit, Behinderung,<br />

Religion oder soziale Schicht. Es gibt immer mehr<br />

Studien, Expertisen, Handreichungen für die<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Praxis sowie Ausbildungskonzepte und Fortbildungskonzepte<br />

für Fachkräfte frühkindlicher Bildung.<br />

Diese müssen diskutiert, weiterentwickelt<br />

und vor allem umgesetzt werden.<br />

5.2 Antifeministische Behauptung<br />

„Geschlechtersensible Pädagogik zerstört Identitäten<br />

und will geschlechtslose Menschen erschaffen.“<br />

5.2.1 Widerlegung<br />

– Im Gegenteil, Ziel geschlechtersensibler Pädagogik<br />

ist es, Entwicklungsmöglichkeiten und<br />

Handlungsspielräume zu erschaffen.<br />

– Geschlechtersensible Pädagogik ist ein international<br />

anerkannter Forschungszweig mit<br />

vielfältigen praktischen Ansätzen.<br />

5.2.2 Erläuterung<br />

Das Ziel von geschlechtersensiblen Ansätzen in<br />

der Pädagogik ist es, Kindern, Jugendlichen und<br />

Erwachsenen vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten<br />

zu geben. Bereits in den 80er Jahren haben<br />

sich Pädagog_innen theoretisch und praktisch<br />

mit verschiedenen Ansätzen von Jugendarbeit<br />

auseinander gesetzt und dabei festgestellt, dass<br />

diese hauptsächlich an den Bedürfnissen von<br />

Jungen orientiert waren (Hagemann-White 1984).<br />

Aus dieser Erkenntnis haben sich zunächst Ansätze<br />

von feministischer Mädchenarbeit entwickelt<br />

sowie Ansätze refl ektierender Jungenarbeit, in denen<br />

es darum ging und geht, auf die Bedürfnisse<br />

von Mädchen bzw. Jungen einzugehen und sexistische17<br />

Rollenbilder zu verändern. Grundgedanke<br />

von Mädchen- und Jungenarbeit war und ist,<br />

dass sexistische Vorstellungen davon, wie ein<br />

„richtiger“ Junge und ein „richtiges“ Mädchen zu<br />

sein hat, allen Kindern schadet. In aktuellen<br />

Ansätzen geschlechtersensibler Pädagogik (Glaser<br />

et al 2004; SFBB 2010) geht es vor allem darum,<br />

Mädchen und Jungen in ihren spezifi schen Lebenslagen<br />

und in all ihrer Vielfalt wahrzuneh-<br />

17 Sexismus ist die Einteilung von Menschen in zwei (heterosexuelle) Geschlechter, die mit der Abwertung <strong>eine</strong>s Geschlechts verbunden<br />

wird.

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