Robert F. Hartlauer im E&W-Gespräch
Robert F. Hartlauer im E&W-Gespräch
Robert F. Hartlauer im E&W-Gespräch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
E&W 4/07 HINTERGRUND 19<br />
ich es nicht ernst nehme, sondern<br />
weil ich in so vielen Bereichen<br />
kämpfe. In Teilbereichen<br />
kann ich mir nicht über jede<br />
Veränderung große Gedanken<br />
machen oder versuchen, das zu<br />
analysieren.<br />
Sie konzentrieren sich also nur<br />
auf sich selbst?<br />
Das ist ein ganz wesentlicher Aspekt.<br />
Wenn ein Sportler anfängt,<br />
nach einem Skirennen nur mehr<br />
die Gegner zu analysieren, dann<br />
verliert er seinen eigenen Stil<br />
und sein Selbstvertrauen. Man<br />
denkt dann nur mehr über Andere<br />
nach. Es ist dre<strong>im</strong>al gescheiter,<br />
sich auf sich selbst zu konzentrieren.<br />
Ich will auch gar<br />
nichts hören über meine Mitbewerber.<br />
Ein bisschen etwas muss<br />
ich wissen, aber ich würde nie<br />
<strong>im</strong> Leben einen Euro ausgeben,<br />
um Informationen über einen<br />
Mitbewerber zu bekommen, die<br />
nicht in der Zeitung stehen. Einen<br />
großen Überblick über die<br />
Branche macht man sich. Aber<br />
ich mache mir keine detaillierteren<br />
Gedanken.<br />
Die ganze Branche spricht über<br />
das Internet, und die meisten<br />
sitzen davor wie das Kaninchen<br />
vor der Schlange. Wie stehen Sie<br />
dazu?<br />
Ich bin ein absoluter Fan des<br />
Internets. Der Punkt ist aber: Das<br />
Internet kommt <strong>im</strong>mer dann<br />
zum Tragen, wenn man kein Geschäft<br />
in der Nähe hat. Immer<br />
dann, wenn es ein physisches Geschäft<br />
gibt, geht der Kunde lieber<br />
in das Geschäft, als <strong>im</strong> Internet<br />
zu bestellen. Dass man sich informiert,<br />
bevor man in das Geschäft<br />
geht, ist ein anderes Thema. Es<br />
gibt die Tendenz, dass viele Kunden<br />
zuvor alles wissen wollen<br />
und dann hingehen und schauen,<br />
ob sie das Gleiche erzählt bekommen.<br />
Und wenn ihnen das<br />
Gleiche erzählt wird, dann vertrauen<br />
sie und kaufen auch. Viele<br />
werden leider dumm behandelt.<br />
Kunden sind aber nicht dumm.<br />
Ich bin Kunde, wir sind alle<br />
Kunden in irgendeiner Art und<br />
Weise. Wir sind genauso gescheit<br />
oder genauso dumm wie alle<br />
anderen.<br />
Sie sehen das Internet also nicht<br />
als Bedrohung?<br />
Wir kalkulieren unsere Preise<br />
schon <strong>im</strong>mer scharf und hart.<br />
Das ist meine max<strong>im</strong>al-niedrige<br />
Kalkulation. Die mache ich, auch<br />
wenn es gar nicht notwendig ist<br />
– siehe Optik. Und ich mache<br />
die gleichen Preise <strong>im</strong> Internet<br />
wie <strong>im</strong> Geschäft. Sonst forciert<br />
man nur, was keiner will: dass die<br />
Leute ins Geschäft zur Beratung<br />
kommen, aber zuhause bestellen,<br />
weil sie sich da Geld sparen. Das<br />
ist ja pervers. Das haben Mitbewerber<br />
von mir gemacht. Die<br />
haben teilweise sogar Preisschilder<br />
<strong>im</strong> Geschäft stehen gehabt,<br />
wo draufgestanden ist: „Das ist<br />
der Internet-Preis.” Viele haben<br />
da einfach nicht nachgedacht,<br />
oder das schnelle Einmalgeschäft<br />
gewittert und gesagt, „wenn ich<br />
<strong>im</strong> Internet einen billigen Preis<br />
mache, kann ich hohe Umsätze<br />
machen.” Dass man von Umsätzen<br />
nicht leben kann, haben die<br />
nicht mitberücksichtigt. Aber ich<br />
kann <strong>im</strong> Internet zB Produkte<br />
anbieten, die ich <strong>im</strong> herkömmlichen<br />
Geschäft nicht anbieten<br />
kann. Weil sie zu teuer sind, als<br />
dass ich in jedem Geschäft zwei<br />
davon lagernd haben könnte<br />
oder weil es Produkte für Nischen<br />
sind, die ich normalerweise<br />
nicht mehr besetze. Solche<br />
Produkte kann ich in einem<br />
Geschäft einlagern und sie von<br />
dort aus prompt zuschicken. Das<br />
sind meine Gedanken dazu.<br />
Aber nicht als Ersatz für ein ordentlich<br />
geführtes Fachgeschäft?<br />
Nein, keinesfalls. Nicht für die<br />
breite Masse, die sagt, „jetzt rük-<br />
ke ich aus und will mir eine<br />
Spiegelreflexkamera kaufen”.<br />
Wenn sich einer bei Kameras<br />
nicht auskennt und versucht, <strong>im</strong><br />
Internet eine Spiegelreflexkamera<br />
zu kaufen, denn da fehlt eine<br />
ganz entscheidende Frage am<br />
Anfang. Und die gibt es auch bei<br />
Google noch nicht: „Wozu brauchen<br />
Sie die Kamera denn?“<br />
Wie wichtig ist das Thema Bildausarbeitung<br />
für Sie in Zukunft?<br />
Die Ausarbeitung hatte noch nie<br />
so eine große Chance wie jetzt<br />
durch die Digitalfotografie. Bisher<br />
hat der Amateurfotograf <strong>im</strong><br />
Schnitt 70 Mal pro Jahr abgedrückt.<br />
In der Regel sagt man,<br />
dass 10% der Fotos wirklich top<br />
sind. Die Kunden waren frus-<br />
<strong>Robert</strong> F. <strong>Hartlauer</strong>: „Ich<br />
rede nicht über Mitbewerber<br />
und ich sehe auch<br />
keine, bei denen ich sagen<br />
könnte: Das ist mein<br />
Feind.”<br />
triert, weil sie überall, wo sie<br />
hingeschaut haben, erstklassige<br />
Fotos gesehen haben. Dann haben<br />
sie ihre eigenen Fotos zurückbekommen<br />
und mathematisch<br />
betrachtet waren von 36<br />
nur 3,6 schön. Die haben sich<br />
dann gedacht, „ich kann nicht<br />
fotografieren und lasse es bleiben”.<br />
Durch die digitale Fotografie<br />
ist das komplett anders geworden.<br />
Auf einen gewöhnlichen<br />
Chip passen hunderte Bil-<br />
ROBERT F. HARTLAUER<br />
der. Man kann fotografieren und<br />
es kostet nichts. Das empfehle ich<br />
heute dem Amateur: Fotografieren,<br />
fotografieren, fotografieren!<br />
Dann kommen die schönen Bilder<br />
automatisch. Und wenn die<br />
kommen, dann kommen auch<br />
die Wünsche, mit den Bildern etwas<br />
zu machen. Deshalb sehe ich<br />
darin eine so große Chance:<br />
Wenn der Amateur anfängt, <strong>im</strong><br />
Urlaub 600 statt 36 Fotos zu machen<br />
und davon 10% auf Papier<br />
haben will, dann hat das Potenzial.<br />
Dann bekomme ich von einem<br />
Amateur, von dem ich nach<br />
einem Urlaub früher 24 Bilder<br />
bekommen habe, jetzt 60 Bilder<br />
zur Ausarbeitung.<br />
Ich habe gehört, es gibt in der<br />
Früh den <strong>Hartlauer</strong> Tagesbefehl<br />
für Filialleiter. Ist das wirklich<br />
so, dass es ein Hirn gibt das in<br />
Steyr sitzt und die Filialleiter<br />
relativ wenig Eigenverantwortung<br />
haben?<br />
Nein, so ist das nicht. Bei mir<br />
sind es außerdem Geschäftsleiter<br />
und keine Filialleiter, weil ich<br />
Geschäfte und keine Filialen<br />
habe. Der Geschäftsleiter hat<br />
enorme Verantwortung, enorme<br />
Aufgaben und auch Freiheiten.<br />
Aber nicht in einem Punkt, der<br />
so gerne als Freiheit gesehen<br />
wird: Preisgestaltung. Es gibt in<br />
ganz Österreich bei <strong>Hartlauer</strong><br />
den selben Verkaufspreis. Egal, ob<br />
ich in einer Gemeinde bin, wo<br />
ich keinen einzigen Mitbewerber<br />
habe, wo ich wahrscheinlich um<br />
20% mehr verlangen könnte,<br />
oder <strong>im</strong> härtesten Mitbewerb. Es<br />
gibt auch keinen Nachlass, den<br />
man sich heraushandeln kann. Es<br />
gibt einen Verkaufspreis und der<br />
steht <strong>im</strong> Katalog. Eingekauft<br />
wird zentral. Die Einkäufer holen<br />
aber sehr viel Feedback von<br />
den Verkäufern ein. Sie kom- ❯<br />
<strong>Robert</strong> F. <strong>Hartlauer</strong> istJahrgang 1975, gelernter<br />
Optiker, verheiratet und hat zwei Töchter.<br />
Seit dem Tod des Vaters <strong>im</strong> Jahr 2000 führt er<br />
das Geschäft. Sich selbst bezeichnet er als<br />
Kaufmann – „Das hatte schon mein Vater auf<br />
seiner Visitenkarte stehen.”<br />
Das Unternehmen hat 153 Geschäfte und erwirtschaftete<br />
2006 einen Umsatz von 202,1 Mio Euro brutto.