Walkemühle - Rudolf Giesselmann
Walkemühle - Rudolf Giesselmann
Walkemühle - Rudolf Giesselmann
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Leonard Nelson, der Inter-nationale<br />
Jugendbund<br />
(IJB) und der Internationale<br />
Sozialistische Kampfbund<br />
(ISK)<br />
Schon kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges<br />
bemühte sich Nelson, eine Friedensgesellschaft<br />
zu gründen, der die Gedanken<br />
eines umfassenden Staatenbundes zugrunde<br />
lagen, wie er sie zusammen mit den Mitgliedern<br />
der Fries-Gesellschaft entwickelt hatte.<br />
Diese Fries-Gesellschaft war 1904 aus einem<br />
Diskussionskreis um Nelsons Doktorarbeit entstanden,<br />
welche die Philosophie von Fries zum<br />
Thema hatte. Doch weder aus der Fries-, noch<br />
aus der Friedensgesellschaft wurde eine politisch<br />
arbeitende Gruppe im Sinne Nelsons.<br />
Enttäuscht schrieb er über “seine Kreise”, Studenten<br />
und Akademiker: “Überzeugend und<br />
hinreißend wirken nicht Argumentationen und<br />
Reden, sondern nur die lebendige Kraft des<br />
persönlichen Beispiels.” (26)<br />
Im Angesicht des tobenden Krieges begann<br />
Nelson nun auch mit Jugendlichen außerhalb<br />
der Universität Kontakt aufzunehmen, besonders<br />
mit Arbeiterjugendlichen, und gründete<br />
1917/18 den lnternationalen Jugendbund (IJB).<br />
In den Kriegsjahren waren zunächst hauptsächlich<br />
junge Frauen Mitglieder, da die<br />
meisten Männer sich noch “im Felde” befanden.<br />
Mit Mitgliedern dieser Gruppe bemühte er sich,<br />
die Freideutschen Jugendverbände der Jugendbewegung<br />
dahin zu bringen, mit ihren<br />
Ideen auch nach außen wirksam zu werden,<br />
ihre “politische Abstinenz” aufzugeben und<br />
eine bewusste Erziehungsgemeinschaft zu<br />
werden. Doch seine Bemühungen schlugen<br />
fehl. Sogar die Sozialistische Arbeiterjugend<br />
(SAJ) besaß die Tendenz zu “apolitisch - bürgerlicher<br />
Jugendbewegtheit”. 1920 erklärte der<br />
Führer der SAJ bei ihrem ersten Reichstreffen:<br />
“Nicht nach Politik stand und steht euer Sinn,<br />
ihr wollt nur das Leben leben, das euch gemäß<br />
ist. Die Jugend ist nur um ihrer selbst willen da<br />
(Heilruf). Es gilt in diesen Jahren nur den eigenen<br />
Menschen heranzubilden; wir wollen<br />
keinen Parteidrill für politische Zwecke - wir<br />
wollen wandern in den Gefilden der äußeren<br />
und inneren Welt, jung sein, froh und frei!” (27)<br />
21<br />
Nelson folgerte daraus, den IJB in Form einer<br />
straffen Kaderorganisation aufzubauen:<br />
“Wenn aber, wie für mich feststeht, eine erfolgreiche<br />
Umgestaltung von der freideutschen<br />
Gesamtbewegung nicht erwartet werden<br />
kann, so muss die dafür erforderliche Arbeit<br />
vielmehr von einem kleinen Kreis schon erprobter<br />
Charaktere ausgehen und also in<br />
durchaus intensiver Methode erfolgen. Denn<br />
nur so wird es möglich sein, alle die Elemente<br />
auszuschalten, die durch Ehrgeiz und Eitelkeit<br />
oder romantischen Spieltrieb und Mangel an<br />
Ernst die Sache aus ihren Bahnen lenken<br />
könnten. Von diesem kleinen Kreis müssen die<br />
Führer ausgehen, die dann das Unternehmen<br />
weitertragen und ausgestalten.” (28)<br />
Bevor sie in die politische Aktion eintreten,<br />
sollten jedoch die IJB-Mitglieder zuerst in den<br />
richtigen Anschauungen erzogen werden;<br />
auch in der revolutionären Situation in<br />
Deutschland nach dem Kriege vertrat Nelson<br />
diese Auffassung. Für die weitere Entwicklung<br />
des IJB bedeutete dies, dass immer ein<br />
Schwergewicht auf der Erziehung der eigenen<br />
Mitglieder lag. Doch parallel arbeitete man<br />
auch praktisch-politisch insofern, als viele jugendliche<br />
IJB-Mitglieder gleichzeitig noch in<br />
anderen politischen Organisationen mitarbeiteten,<br />
wie in der Gewerkschaft oder bei den<br />
Jungsozialisten.<br />
Entsprechend Nelsons Vorstellungen von der<br />
Herrschaft der Weisen war auch der IJB nach<br />
dem Führerschaftsprinzip aufgebaut, und<br />
Nelson war es selbst, der hier sämtliche wichtigen<br />
Entscheidungsbefugnisse innehatte.<br />
Doch hieß das nicht, dass er führte und alle<br />
anderem ihm folgten, sondern die Politik<br />
wurde unbürokratisch in einem Diskussionsprozess<br />
aller entwickelt, was wegen der geringen<br />
Größe des IJB noch einfach möglich war.<br />
Ein besonderes Gewicht wurde im IJB dann<br />
auch auf die Arbeit in den Ortsgruppen gelegt.<br />
Wer im IJB Voll-Mitglied werden wollte, es gab<br />
auch einen sogenannten äußeren Kreis, musste<br />
bestimmte Mindestanforderungen erfüllen: Er<br />
musste sich in einjähriger Arbeit als Gast “im<br />
inneren Kreis” tätig bewährt haben, musste<br />
sich vegetarisch ernähren und aus der Kirche<br />
ausgetreten sein. Die letzten beiden<br />
Forderungen lagen in Nelsons Theorie begründet.<br />
In seinen Abhandlungen zur Ethik ist<br />
das Kapitel “Pflichten gegen Tiere” (29) enthalten,<br />
was in einem Gespräch mit dem Satz<br />
“Tiere haben ein Recht darauf zu leben” (Grete