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Walkemühle - Rudolf Giesselmann

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Schlosser der <strong>Walkemühle</strong>, ein Berliner, Kurt<br />

Mietke, dem ich während des Kurses<br />

manchmal geholfen hatte, erfuhr ich, dass er<br />

einen Nachfolger suchte. Der war zweieinhalb<br />

Jahre da und wollte weg.<br />

In einem Gespräch sagte Minna Specht dann<br />

zu mir: ,Ach, wenn das schief geht mit deiner<br />

Arbeit in Hannover, kommst du zu uns.’ Das<br />

kam so spontan. Da habe ich gesagt: ,Ist gut,<br />

das mache ich.’<br />

Ich musste dann noch von dem Kursus nach<br />

Hannover, um als Minderjähriger, achtzehn<br />

Jahre war ich alt, die Einwilligung meiner Eltern<br />

zu holen. Mein Vater wollte das zuerst gar<br />

nicht. Wir lebten in kümmerlichen Verhältnissen,<br />

mein Vater war Schlosser bei der Bahn. Ich<br />

habe ihn nur dadurch herumgekriegt, dass ich<br />

ihm gesagt habe: ,Was wird, wenn ich demnächst<br />

arbeitslos werde, dann sitze ich dir auf<br />

der Tasche.’ Dann hat mein Vater schließlich<br />

gesagt: ,Nun gut, dann mach es.’ Dann bin<br />

ich im August in die <strong>Walkemühle</strong> gegangen.”<br />

(Willi Schaper)<br />

Die Schmiede<br />

29<br />

Schule der Erwachsenen<br />

Die Schüler begannen ihre Zeit auf der <strong>Walkemühle</strong><br />

mit praktischer Arbeit. Ein Schüler<br />

schreibt über den Beginn des Unterrichts:<br />

“Wir waren erfüllt von der Hoffnung, die aus<br />

der russischen Oktoberrevolution entsprang<br />

und ... bitter enttäuscht über die Stabilisierung<br />

der kapitalistischen Welt nach dem ersten<br />

Weltkrieg.<br />

Ich kam mit 21 Jahren in die <strong>Walkemühle</strong>,<br />

bewegt von dem heißen Wunsch, ein sozialistischer<br />

Kämpfer zu werden, fähig, die harten<br />

Proben zu bestehen, die der Arbeiterbewegung<br />

auf ihrem Wege zu einer klassenlosen<br />

Gesellschaft bevorstanden. Ich hatte das Buch<br />

von Lenin ,Was tun?’ gelesen und war tief<br />

beeindruckt von Lenins klarer und harter Forderung,<br />

Berufsrevolutionäre heranzubilden. Der<br />

Weg schien mir einfach vorgezeichnet zu sein:<br />

Es kam nur darauf an, das theoretische Rüstzeug<br />

zu erwerben, mit dessen Hilfe man die<br />

Welt interpretieren konnte, um sie entsprechend<br />

zu ändern.<br />

Statt uns auf Theorien<br />

und Bücher zu stürzen,<br />

wie wir das alle<br />

wünschten, mussten wir<br />

in zwei Werkstätten Holz<br />

und Eisen verarbeiten.<br />

Minna Specht, die Seele<br />

der Schule, verstand es<br />

bald, uns im Alltag unseresGemeinschaftslebens<br />

die Notwendigkeit<br />

dieser pädagogischen<br />

Maßnahmen klarzumachen:<br />

Wir sollten ein<br />

festes und arbeitsfähiges<br />

Team bilden und lernen,<br />

die Schwierigkeiten des<br />

Zusammenlebens in einer<br />

Arbeit zu überwinden,<br />

die keine Möglichkeiten<br />

zuließ zu bluffen und<br />

deren Organisierung die<br />

Mitarbeit eines jeden einzelnen erforderte.<br />

Die gelegentlich aufkommenden Konflikte<br />

wurden hart und unerbittlich auf ihre Wurzeln<br />

hin untersucht. Wir sollten lernen, unseren<br />

Hochmut und unsere Empfindlichkeit zu bekämpfen<br />

ebenso wie unseren Mangel an<br />

Ausdauer und Sorgfalt. Wir revoltierten

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