Walkemühle - Rudolf Giesselmann
Walkemühle - Rudolf Giesselmann
Walkemühle - Rudolf Giesselmann
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Selbstversorger, autark. Aber auch aus politischen<br />
Gründen war eine bestimmte Unabhängigkeit<br />
und Selbständigkeit erforderlich. Es<br />
gab Werkstätten für fast alle Arbeiten, eine<br />
eigene Gärtnerei, Sicherungen gegen Übergriffe<br />
durch die SA, eine eigene Stromversorgung<br />
und eigene Transportmittel, Fahrräder.<br />
Ein Helfer:<br />
“Nelson hatte immer gesagt: ,Das<br />
Transportmittel ist das Fahrrad.’ Wir hatten in<br />
der <strong>Walkemühle</strong> 25 Fahrräder, unsere<br />
,Kommuneräder’. Größtenteils waren die<br />
meisten jedoch nicht fahrbar, obwohl eigentlich<br />
alle gemeinsam die Räder in Ordnung<br />
halten sollten, nur die schlimmsten<br />
machte ich dann in der Schlosserei.<br />
Manchmal ist es vorgekommen, wenn jemand<br />
schnell nach Melsungen hin wollte,<br />
kam der dann zu mir gelaufen: ,Mensch Willi,<br />
borg mir schnell dein Rad!’, denn ich hatte<br />
mein eigenes Rad mit auf die <strong>Walkemühle</strong><br />
gebracht, es aber nie in diese ,Kommune’<br />
eingruppiert; das stand immer in der Schlosserei<br />
und es war tatsächlich manchmal das<br />
einzige Rad, das funktionierte. Wir haben<br />
darüber gesprochen und gesagt: ,Das ist der<br />
beste Beweis gegen den Kommunismus, das<br />
funktioniert einfach nicht.’ ” (Willi Warnke)<br />
Eine Schülerin dazu:<br />
“Das mit den Fahrrädern haben wir sehr<br />
ausgiebig diskutiert: Gemeinschaftsbesitz und<br />
Individualbesitz. Das liegt in der menschlichen<br />
Natur, dass, wenn er selber etwas besitzt, wenn<br />
er nicht gerade schlampig ist, er das mehr<br />
pflegt, als wenn es einer Gemeinschaft gehört,<br />
wo jeder es gebrauchen kann. Es war tatsächlich<br />
so, die Gemeinschaftsräder waren<br />
nicht so in Schuss, als wenn jeder sein eigenes<br />
gehabt hätte, und der Leidtragende war dann<br />
der, der sie zum Schluss reparieren musste, der<br />
Schlosser.” (Emmi Gleinig)<br />
Die Stromversorgung<br />
Ein Helfer:<br />
“Der Ludwig Wunder, mit dem das ja alles in<br />
der <strong>Walkemühle</strong> angefangen hatte, muss in<br />
mancher Hinsicht ein eigenartiger Kauz gewesen<br />
sein. Er tat bestimmt viel für die Land-<br />
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bevölkerung, was die interessierte, aber dann<br />
leistete er sich auch mit der Anschaffung der<br />
Turbinen einen hanebüchenen Blödsinn. Er<br />
glaubt also, dass er mit zwei lächerlichen Turbinen<br />
Adelshausen und das halbe Pfieffetal mit<br />
Strom versorgen könnte.<br />
Wasserfall an der Turbine<br />
Die eine Turbine leistete dann endlich 16 PS, die<br />
andere war eine sogenannte Hochwasserturbine<br />
mit 2000 l/sec Durchgang, lief also nur<br />
selten im Jahr; sogar wir brauchten nachher für<br />
manche Zeiten zur zusätzlichen Stromerzeugung<br />
noch einen Dieselmotor.<br />
Hinten über der Turbinenwelle war noch eine<br />
Kammer, da standen die Fettfässer und<br />
Schmierstoffe, da wollte Wunder zuerst noch<br />
Akkus aufstellen, den Strom in Zeiten geringen<br />
Bedarfs speichern, um ihn dann bei höherem<br />
Bedarf wieder abgeben zu können. Und neben<br />
dieser Anlage, unten im riesengroßen Akademiegebäude,<br />
habe ich dann fast drei Jahre<br />
mutterseelenallein gehaust. Technisch war das<br />
zwar sehr interessant, doch das hat mich<br />
Nerven gekostet!” (Willi Schaper)