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Walkemühle - Rudolf Giesselmann

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kemühle werden, was mich kolossal faszinierte.<br />

So etwas wird einem ja nicht alle Tage geboten.<br />

An der Universität hatte ich bis dahin promoviert<br />

in theoretischer Physik bei Max Born, der<br />

auch mit Nelson befreundet war. Ich war dann<br />

noch einige Zeit an der Universität geblieben<br />

und hatte einige Probleme der Physik weiterverfolgt,<br />

hatte aber die Absicht, Staatsexamen<br />

zu machen.”<br />

(Gustav Heckmann)<br />

Dritte Geschichte:<br />

Eine junge Frau<br />

“Ich hatte einen inneren Widerstand, weil ich<br />

noch nicht wusste, ich war mir noch nicht sicher,<br />

ob ich die Forderungen, die der ISK stellte,<br />

erfüllen kann, ob ich überhaupt schon übersehen<br />

kann, was da alles auf mich zukommt.<br />

Und ich kannte mich, ich wusste, wenn ich<br />

mich mal entscheide, dann entscheide ich<br />

mich, ich laufe nicht eines Tages wieder davon,<br />

und ich entscheide mich jetzt nur, weil man es<br />

von mir wünscht, das ist nicht mein Lebensstil.<br />

Das hatte ich von meinem Vater, der sagte<br />

immer: ,Du kannst machen, was du willst, aber<br />

überleg dir die Konsequenzen deines Handelns;<br />

und wenn du es dann tust, nachdem du dir die<br />

Konsequenzen überlegt hast, dann musst du<br />

deine Suppe auslöffeln.’ Das war sein Grundprinzip<br />

der Erziehung, und das hatte auf mich<br />

immer einen großen Einfluss.<br />

Ich habe mich immer gedrückt, von mir aus<br />

habe ich überhaupt nie was dazu gesagt.<br />

Eines Tages sagte Minna dann: ,Nun wird es<br />

aber Zeit, dass du dich entscheidest.’ Ich hatte<br />

kein Argument mehr zu sagen: ,Nein’, und man<br />

war auch noch nicht so weit, dass man die<br />

Argumente immer schon so zur Hand hatte.<br />

Das kam erst viel später, nachdem man die<br />

Dinge übersah. Und so ging ich in den Kurs<br />

hinein, voller Widerstand. Das war ein Einführungskurs<br />

zur Mitgliedschaft im ISK in der <strong>Walkemühle</strong>.<br />

Und dann ging das los, über Philosophie, über<br />

alle möglichen Probleme, die anstanden, und<br />

ich sagte nichts. Ich hatte irgendwie das Gefühl:<br />

,Ich sage nichts’, und ich sagte auch<br />

nichts. Plötzlich wurde es dann Minna zu<br />

25<br />

dumm. Sie war Leiterin in diesem Erziehungskurs;<br />

der bestand nur aus fünf Leuten, die alle<br />

sprachen, mir machte das aber keinen großen<br />

Eindruck. Ich wollte nicht! Und dann sagte<br />

Minna plötzlich: ,So, entweder du sagst jetzt<br />

was zu der Sache, oder du verlässt den Raum!’<br />

Ich habe den Raum verlassen, dann bin ich<br />

runter in die Küche und habe vor lauter Freude<br />

die Topfdeckel zusammengeklopft und habe<br />

gedacht: ,Das bin ich los! Das bin ich los!’<br />

Ja, und später, nachdem ich dann in Göttingen<br />

ins Leben wieder hineinkam, nachdem ich<br />

die <strong>Walkemühle</strong> wieder verlassen hatte, da<br />

habe ich mich freiwillig entschlossen. Nachdem<br />

mir ganz klar war, was ich vor mir hatte.<br />

Ich fand das auch nicht ganz richtig von Minna,<br />

einen mehr oder weniger hineinzudrücken,<br />

denn sie musste ja den Widerstand von mir<br />

gemerkt haben. Ich hatte auch schon mal zu<br />

ihr gesagt: ,Ich weiß nicht, ob ich die Forderungen<br />

von Nelson je erfüllen kann.’ Minnas<br />

Antwort war da: ,Du kannst nicht, also willst du<br />

nicht.’ Aber sie hat sehr mit mir gekämpft, um<br />

mich da eben doch hineinzubringen durch<br />

Verstandesgründe.<br />

Aber ich muss sagen, ich habe auch noch<br />

nachher gekämpft, die zwei Jahre, die ich<br />

dann als ISK-Mitglied in der <strong>Walkemühle</strong> war,<br />

waren hart, und ich bedaure nicht, dort gewesen<br />

zu sein. Ich habe sehr profitiert. Erst<br />

einmal habe ich meine eigenen Kräfte messen<br />

müssen, besonders auch, da ich dort nicht alles<br />

geschluckt habe, willensmäßig und auch verstandesmäßig.<br />

Minna hat das dann später<br />

auch verstanden, die hat das sehr verstanden.”<br />

(Emmi Gleinig )<br />

Hinzufügung<br />

Schüler, Lehrer und Helfer schildern die Härte<br />

der Bedingungen, die man auf der <strong>Walkemühle</strong><br />

antraf.<br />

Eine Schülerin:<br />

“Es war oft nicht einfach. In der <strong>Walkemühle</strong><br />

mussten erwachsene Menschen unterschiedlicher<br />

Lebenskreise und Bildung miteinander und<br />

mit den Kindern auskommen. Kinder, erwachsene<br />

Schüler, Lehrer und Helfer lebten ja<br />

zusammen in einer Lebensgemeinschaft und<br />

teilten sich die täglichen Arbeiten wie zum<br />

Beispiel auch den Abwasch in der Küche. Zuvor<br />

hatte jeder sein eigenes Zimmer, doch das war

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