Walkemühle - Rudolf Giesselmann
Walkemühle - Rudolf Giesselmann
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zung des Bundes und der dort zum Ausdruck<br />
kommenden Absicht, andere politischen Organisationen<br />
als Rekrutierungsfeld für eine eigene<br />
Parteigründung zu benutzen.<br />
Die Arbeit des IJB hatte diese alte Satzung jedoch<br />
schon lange überholt. Der IJB legte -<br />
auch als Antwort auf die Angriffe - eine neue<br />
Satzung vor, die als obligatorisch für<br />
IJB-Mitglieder die Mitgliedschaft in der SPD<br />
vorschrieb. Dies wurde jedoch von der<br />
SPD-Leitung ignoriert. Bei der letzten Einigungsmöglichkeit<br />
manipulierte der Parteivorstand<br />
die Versammlung so, dass Nelson - in<br />
seinem Wahrheitsempfinden tief verletzt - mit<br />
allen anderen IJB-Mitgliedern den Raum verließ.<br />
In Abwesenheit des IJB wurde dann die Unvereinbarkeit<br />
der Doppelmitgliedschaft von<br />
IJB-Mitgliedern in sozialdemokratischen Organisationen<br />
beschlossen.<br />
Ähnlich misstrauisch den Aktivitäten der IJB-ler<br />
gegenüber hatte schon 1922 die Jugendorganisation<br />
der KPD, die KJ, den Beschluss gefasst,<br />
dass Mitglieder der KJD (Kommunistische<br />
Jugend Deutschlands) nicht gleichzeitig Mitglieder<br />
des IJB sein können. (32)<br />
Der Unvereinbarkeitsbeschluss der SPD stand<br />
weithin im Gegensatz zu den Auffassungen an<br />
der Parteibasis, denn die Ortsgruppen wollten<br />
auf die aktiven IJB-ler nicht verzichten und<br />
stimmten auch in der Tagespolitik oft mit ihnen<br />
überein.<br />
Man hätte nun den IJB auflösen und als Einzelpersonen<br />
weiter in der SPD mitarbeiten<br />
können, aber der Erfolg der letzten Jahre<br />
machte Mut, eine eigene Organisation zu<br />
gründen, den “Internationalen Sozialistischen<br />
Kampfbund” (ISK), welcher die politische Arbeit<br />
jetzt noch enger allein an den eigenen Überzeugungen<br />
ausrichtete.<br />
23<br />
Wie man auf die <strong>Walkemühle</strong><br />
kam<br />
Erste Geschichte<br />
Von einem 1924 in Göttingen arbeitslos gewordenen<br />
Jugendlichen - eine Gänseleberpastetenfabrik<br />
hatte aus Mangel an Rohstoffen<br />
zugemacht, und da sein Bruder aktiver Gewerkschaftler<br />
war, wollte ihn niemand mehr<br />
anstellen:<br />
“Ich geriet 1924 durch meinen Bruder in Göttingen<br />
in den Internationalen Jugendbund;<br />
mein Bruder gehörte demselben schon an. Das<br />
war nicht so, als wenn man einem Verein beitritt.<br />
Ich wurde zuerst in so einen äußeren Kreis<br />
eingeladen, gelegentlich, Mittwoch nachmittags,<br />
auch manchmal abends, nahm ich<br />
an Aussprachen teil, die in Form von Arbeitsgemeinschaften<br />
nach der sokratischen Methode<br />
gehalten wurden. Der Leiter war meist<br />
Willi Eichler. Daneben war ich auch noch bei<br />
den Jungsozialisten, die damals ein Diskutierklub<br />
für junge Mitglieder in der SPD waren.<br />
Durch diese Veranstaltungen geriet ich also in<br />
den IJB und wurde eines Tages gefragt, ob ich<br />
für eine Zeit von drei oder vier Jahren auf die<br />
<strong>Walkemühle</strong> wollte. Da ich Interesse besaß,<br />
wurde ich nun gebeten, Leonard Nelson in<br />
seiner Wohnung im Nikolausberger Weg in<br />
Göttingen aufzusuchen. Der wohnte da im<br />
Dachgeschoss eines Professorenhauses, ein<br />
paar kleine Stübchen und Kämmerlein, ziemlich<br />
einfach alles, und er hat sich dann eine<br />
Stunde mit mir unterhalten. Man legte damals<br />
nicht so viel Wert darauf, Leute in die <strong>Walkemühle</strong><br />
zu kriegen, die bereits in irgendwelchen<br />
anderen Jugendorganisationen, z.B. bei den<br />
Kommunisten, mit Marxismus schon geschult<br />
worden waren. Man legte dagegen besonderen<br />
Wert darauf, nach der <strong>Walkemühle</strong><br />
junge Arbeiter und Arbeiterinnen zu bekommen.<br />
Wahrscheinlich deshalb, weil Nelson bei<br />
seinen Versuchen mit Intellektuellen bisher<br />
immer enttäuscht worden war.<br />
So kam ich Anfang 1925 in die <strong>Walkemühle</strong>,<br />
wahrscheinlich als einer der ersten, denn alles<br />
war noch so im Anfang, dass vordem von einem<br />
geregelten Schulbetrieb wohl noch nicht<br />
gesprochen werden konnte.” (Helmut<br />
Schmalz)