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Nos - Revue des sciences sociales

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teil nur diese, die einen Zeitabschnitt<br />

darstellt, der, mehr noch als der Tag, als<br />

ein Raum aufgefasst werden kann: da es<br />

Menschen gibt, die ihn füllen, bedeutet<br />

dies, dass die Nacht wie ein Gefäß ist.<br />

MICHEL NACHEZ<br />

Die Nacht am Cyberspace-Treffpunkt<br />

Für das Individuum, das in der Welt<br />

körperlich verankert ist, scheinen die<br />

Tages- und Nachtgrenzen von einer<br />

astronomischen Regelmäßigkeit geprägt.<br />

Aber wie steht es für den Cyberspieler?<br />

Dieser erlebt eine künstliche Raumzeit,<br />

wo sich der Nachtbegriff in vielfältigen<br />

Definitionen entwickelt, wo man sich<br />

eine Weltanschauung von Nichtnächten<br />

und von Nichttagen vorstellen könnte.<br />

Tragen dann diese Neudefinitionen der<br />

Nacht zu einer raumzeitlichen Verwirrung,<br />

oder führen sie beim Benutzer <strong>des</strong><br />

Cyberspaces zu einer Neugestaltung seiner<br />

Vorstellungen ein? Als man durch den<br />

Cyberspace nicht nur die Welt sondern<br />

Welten erprobt, werden Erfahrung und<br />

Semantik der Nacht geändert. Gibt es<br />

dann Bereicherung oder Verminderung<br />

<strong>des</strong> Nachtkonzepts?<br />

ERIK PESENTI<br />

Überwindung der Nacht bei Henri<br />

Bosco, Federico Fellini und Fortunato<br />

Seminara<br />

Der Autor dieses Artikels spricht über<br />

die Nacht im Werk zweier Schriftsteller<br />

(<strong>des</strong> Franzosen H. Bosco und <strong>des</strong> Italieners<br />

F. Seminara) und eines Filmemachers,<br />

F. Fellini. Es gilt, bei jedem von<br />

ihnen die Bedeutung der Überwindung<br />

der Nacht zu zeigen. Bei Bosco, <strong>des</strong>sen<br />

letzter Roman analysiert wird (Une<br />

ombre, unvollendet, wo der Ausdruck<br />

,,die Nacht überwinden“ erscheint), wird<br />

die Nacht als ein anderes Leben erlebt,<br />

ein Leben der Träume und der mysteriösen<br />

Welten. In der Romanwelt von<br />

F. Seminara, ist die Nacht dagegen eine<br />

schreckliche (und bisweilen tödliche)<br />

Prüfung, die es zu überstehen gilt, meist<br />

verbunden mit Verrücktheit und Mondsymbolik.<br />

Nur die Nacht in der Filmwelt<br />

von Fellini gesteht dem Menschen zu,<br />

sich zu entfalten und sich mit der Stadt<br />

zu versöhnen.<br />

FREDDY RAPHAËL & GENEVIÈVE<br />

HERBERICH-MARX<br />

Intellektuelles und menschliches<br />

Abenteuer – nicht nur am Rhein.<br />

Kultur der Grenze, der Erinnerung<br />

und der Identitätsfindung<br />

Der Artikel möchte das spannende<br />

gemeinsame Abenteuer der intellektuellen<br />

und menschlichen Wegfindung<br />

zelebrieren, die sich aus den zwanzig<br />

Jahren Arbeit eines gemeinsamen Seminars<br />

zwischen dem Projekt Kultur und<br />

Gesellschaften in Europa der Straßburger<br />

Universität Marc Bloch aus und dem<br />

Ludwig-Uhland-Institut für Volkskunde<br />

der Universität Tübingen ergeben. Indem<br />

sie die Auswirkungen der Geschichte überwanden,<br />

von einem zum anderen Ufer<br />

<strong>des</strong> Rheins wechselten – jenem durch<br />

die jeweilige Volksidentität zum Mythos<br />

erhobenen Fluss –, einen Übergang schufen,<br />

dann eine Brücke, haben sie mit der<br />

Zeit gelernt, selbst den Wechsel auf die<br />

andere Seite, die Übertragung der Denkund<br />

Sprachkategorien zu würdigen und<br />

zu lieben.<br />

FLORENCE RUDOLF<br />

Unterscheidung zwischen Natur<br />

und Kultur. Kontroverse der reflexiven<br />

Moderne<br />

Dieser Beitrag wird anhand der Beobachtung<br />

der Verschiebung der Differenz<br />

Natur-Kultur, die die reflexive Moderne<br />

begleitet, aufgebaut. Die Autorin stellt<br />

die theoretischen Überlegungen die diese<br />

Leitdifferenz zur Frage stellen dar und<br />

diskutiert sie.<br />

PATRICK SCHMOLL<br />

Auf den Fußstapfen <strong>des</strong> Navire<br />

Night: Obskures Objekt der Online-<br />

Liebe<br />

Frauen und Männer verlieben sich im<br />

Internet in Partner, die sie nie zu Gesicht<br />

bekommen haben. Die Online-Sex- und<br />

Partnerdienste knüpfen an die konventionellen<br />

Figuren von Liebe und Leidenschaft<br />

an, die uns seit der Romantik<br />

auferlegt wurden: Liebe auf den ersten<br />

Blick, sich begründend auf eine flüchtige<br />

erste Begegnung, einen ersten Blickaustausch,<br />

zwei Körper, die sich begehren.<br />

Eine völlige Umkehrung dieses Paradigmas<br />

lässt hier die Leidenschaft aus dem<br />

reinen verbalen Austausch erwachsen,<br />

ohne die Zeichen der körperlichen Präsenz<br />

<strong>des</strong> anderen. Der Artikel behandelt<br />

diese eigenartige Funktion von Lust und<br />

Sexualität, die sich in einem mediatisierten<br />

Kommunikationsmittel ausdrückt, das<br />

keine Blicke kennt: Telefon oder Internet.<br />

Die Nacht unterhält mit dieser Art von<br />

Erfahrungen eine Beziehung <strong>des</strong> geheimen<br />

Einverständnisses, nicht nur, weil es<br />

ihr als Zeit der Freiheit und <strong>des</strong> Verbotenen<br />

entspricht. Es ist auch, dass man über<br />

diese Medien den anderen nicht sieht, in<br />

der Nacht aber so tut, als ob dem nicht so<br />

sei: man ignoriert, dass man nicht sieht.<br />

Die Sinnenfreude wird so erlebt, wie es<br />

sein sollte: mit geschlossenen Augen.<br />

JULIETTE SMÉRALDA-AMON<br />

Prostituierte, ,,Arbeiterinnen“ bei<br />

Tag und bei Nacht. Beispiel Santo<br />

Domingo<br />

Die Verdrängung in die Nacht, der mit<br />

Sex und Prostitution verbundenen Aktivität,<br />

hängt zusammen mit der Entwicklung<br />

<strong>des</strong> Kapitalismus. Die freie Sex Aktivität<br />

ist im Grunde genommen mit intensiver<br />

Ausbeutung der Arbeitskraft unverbindlich.<br />

In die kapitalistische Ordnung<br />

verfallen hat sich der Sex zum Konsumobjekt<br />

verwandelt, der nur formell stigmatisiert<br />

wurde von denjenigen, die in<br />

Wirklichkeit nie richtig versucht haben,<br />

ihn zu bekämpfen, sondern ihn abzuwandeln.<br />

Immer war es die Absicht, eine<br />

Tätigkeit zu beschützen, die die Frau in<br />

eine total unterworfene Position drängt,<br />

die dem Mann dient, und gleichzeitig die<br />

Ungleichheiten der Geschlechter (Genus)<br />

Beziehung weiterführt. Das Beispiel der<br />

Prostituierten aus Santos-Domingo zeigt,<br />

dass dieses alte Paradigma nicht überholt<br />

ist.<br />

198 <strong>Revue</strong> <strong>des</strong> Sciences Sociales, 2004, n° 32, “La nuit”

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