Jahresbericht 2012 (PDF) - Institut für Europäische Geschichte der ...
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34 Forschungen zu den Grundlagen Europas – Bilanz des Forschungsprogramms 2007–<strong>2012</strong><br />
Monarchie zu England und den Nie<strong>der</strong>landen konnte gezeigt werden, dass beide Seiten schon<br />
im letzten Drittel des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts bereit waren, die existierenden konfessionellen Differenzen<br />
gemeinsamen außen- und handelspolitischen Interessen unterzuordnen, und in <strong>der</strong><br />
Praxis zu mitunter erstaunlich pragmatischen Lösungen im Umgang mit dem konfessionell<br />
An<strong>der</strong>en in <strong>der</strong> Lage waren. Die jüngst neuerlich vertretene These einer Konfessionalisierung<br />
<strong>der</strong> Außenpolitik, <strong>für</strong> die die spanische Monarchie unter Philipp II. oft als Paradebeispiel angeführt<br />
wird, ist daher mit einem Fragezeichen zu versehen. In jedem Fall muss hier deutlicher<br />
zwischen <strong>der</strong> Selbstdarstellung und Fremdwahrnehmung des spanischen Imperiums auf <strong>der</strong><br />
einen und <strong>der</strong> politischen und diplomatischen Praxis auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite unterschieden<br />
werden. Für die soziale Praxis <strong>der</strong> unmittelbar involvierten Akteure, etwa <strong>der</strong> protestantischen<br />
Kaufleute, die sich zeitweise o<strong>der</strong> dauerhaft im Herrschaftsbereich <strong>der</strong> spanischen<br />
Krone aufhielten, bedeutete <strong>der</strong> interkonfessionelle Kontakt, sich den Erwartungen und Verhaltensanfor<strong>der</strong>ungen<br />
ihres katholischen Umfelds zumindest äußerlich anzupassen. Solche<br />
Praktiken <strong>der</strong> Dissimulation beför<strong>der</strong>ten offenbar langfristig die Verwischung konfessioneller<br />
Identitäten innerhalb dieser hochmobilen Personengruppe, die damit in deutlichem Kontrast<br />
zu religiösen Diasporagemeinschaften (Juden, Hugenotten) steht. Im Rahmen <strong>der</strong> Forschung<br />
zeigte sich, dass die Maßnahmen <strong>der</strong> spanischen Krone, den Transfer religiöser Ideen zu filtern<br />
und zu kontrollieren, Hand in Hand mit einer allgemeinen Verschärfung entsprechen<strong>der</strong><br />
Grenzregime mit Blick auf den Transfer von Personen und Handelswaren gingen. Auch hier<br />
standen den Praktiken <strong>der</strong> Kontrolle Strategien <strong>der</strong> Dissimulation, Verstellung und des Spiels<br />
mit falschen Identitäten gegenüber. Neben religiös-konfessionellen Unterschieden rückten<br />
dabei insbeson<strong>der</strong>e im Zusammenhang mit den gegen die aufständischen<br />
Nie<strong>der</strong>lande verhängten Handelsembargos vermehrt »nationale«<br />
Zuschreibungen entlang politisch-territorialer Grenzen ins Blickfeld <strong>der</strong><br />
Obrigkeiten. Im Zusammenhang mit <strong>der</strong> diplomatischen Praxis hansischer<br />
und nie<strong>der</strong>ländischer Gesandter auf <strong>der</strong> Iberischen Halbinsel fiel <strong>der</strong> politisch-soziale<br />
Gegensatz zwischen Fürstenstaaten und Stadtrepubliken<br />
ins Auge, <strong>der</strong> die konfessionelle Problematik zum Teil überlagerte. Als<br />
weiterhin ungeklärt muss die Frage gelten, wie sich die religiös-konfessionelle<br />
Selbst- und Fremdzuschreibung auf die ökonomische Praxis <strong>der</strong><br />
zeitgenössischen Akteure auswirkte. Erste Untersuchungsergebnisse am<br />
Beispiel hanseatischer Kaufleute in Sevilla lassen jedenfalls keinen Zusammenhang<br />
erkennen, <strong>der</strong> sich im Sinne eines vermeintlichen Gegensatzes<br />
zwischen katholischer »Mußepräferenz« und protestantischer »Arbeits-<br />
und Berufsethik« deuten ließe. Die Forschungsergebnisse sollen in einer<br />
Monographie gebündelt werden, die voraussichtlich 2013 abgeschlossen<br />
wird.