Lues im Mund - Zm-online
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Konvergenz von PKV und GKV<br />
Der Konflikt n<strong>im</strong>mt an Fahrt auf<br />
Die Debatten in Politik und Fachöffentlichkeit fokussieren sich in jüngster Zeit<br />
auf ein Reizthema: Die Konvergenz der Systeme von GKV und PKV. Vor allem<br />
die PKV gerät zunehmend in die Kritik. Soll sie abgeschafft oder reformiert<br />
werden? Und was wird mit der GKV? Die Systemfrage gewinnt an Dynamik<br />
und wird die Gesundheitspolitik der nächsten Wochen und Monate prägen.<br />
Erst jüngst ließ eine Aussage von Axel<br />
Baur, Leiter des Bereichs Gesundheitswesen<br />
der Unternehmensberatung McKinsey, die<br />
Fachwelt aufhorchen. Er plädierte in einem<br />
Interview der „Welt“ (26.6.2012) für ein<br />
gemeinsames System von gesetzlicher und<br />
privater Krankenversicherung und bezog<br />
sich auf eine Studie des Unternehmens, die<br />
in Kürze veröffentlicht wird. Beide Systeme<br />
sieht er vor gewaltigen Herausforderungen,<br />
für die Politik bestehe dringender Hand-<br />
lungsbedarf. Zwar wolle man mehr Wett-<br />
bewerb, aber in einem gemeinsamen Rah-<br />
men. Nicht nur die private, sondern auch<br />
die gesetzliche Krankenversicherung habe<br />
Schwachstellen. Die Gesundheitsreformen<br />
der Vergangenheit hätten zwar die Kosten<br />
ganz gut eingedämmt, jedoch nie die<br />
Grundsatzfragen gelöst.<br />
In der Fachwelt ausgiebig diskutiert wurde<br />
die <strong>im</strong> Juni vorgestellte neue Studie des<br />
Kieler Instituts für Mikrodaten-Analyse<br />
(IfMDA) und der Premium Circle Deutsch-<br />
land GmbH zur GKV/PKV-Systemgrenze.<br />
Eckdaten daraus hatte der BZÄK-Vorstand<br />
bereits auf seiner Klausurtagung Anfang Juni<br />
in Bautzen zur Kenntnis genommen, dort<br />
stand auch das Thema „Konvergenz des<br />
Systeme“ auf der Tagesordnung. Den Auto-<br />
ren Dr. Thomas Drabinski und Claus-Dieter<br />
Gorr zufolge leisten mehr als 80 Prozent der<br />
Tarife in der PKV weniger als die GKV. In Teil-<br />
bereichen leiste die PKV zwar mehr, bezogen<br />
auf die Mindestleistungen komme sie aber<br />
nicht an die GKV heran. Vorgeworfen wird<br />
der PKV ferner ein für den Versicherten nicht<br />
nachvollziehbarer Leistungswirrwarr. Für<br />
die 32 marktrelevanten PKV-Unternehmen<br />
könnten <strong>im</strong> Neukundengeschäft 208 Tarif-<br />
systeme mit insgesamt 1 567 Kombinatio-<br />
nen in Bezug auf die Komplettkriterien (das<br />
heißt den abgesicherten Leistungskatalog)<br />
abgeleitet werden. Die Autoren nennen das<br />
Intransparenz und Marktversagen.<br />
Konsequenzen gefordert<br />
Eine schnelle Reaktion auf die Studie kam<br />
aus der Politik. So forderte der Vorsitzende<br />
der Gesundheitsministerkonferenz, Andreas<br />
Storm (CDU), angesichts der anhaltenden<br />
Kritik an der PKV Konsequenzen. Die Vor-<br />
würfe seien gravierend und müssten geprüft<br />
werden.<br />
Die Debatten um<br />
die Konvergenz der<br />
Versicherungssysteme<br />
gewinnen an Fahrt.<br />
Das Thema wird die<br />
Gesundheitspolitik <strong>im</strong><br />
nächsten Wahlkampf<br />
beherrschen.<br />
Mindestens 80 Prozent der PKV-Tarife<br />
böten deutlich mehr als die GKV, konterte<br />
hingegen der PKV-Vorsitzende Reinhold<br />
Schulte, anlässlich der Mitgliederversamm-<br />
lung in Berlin auf die Studie von Drabinski<br />
und Gorr. Entscheidend sei, dass die medi-<br />
zinischen Leistungen vor allem bei den<br />
großen gesundheitlichen Risiken umfassend<br />
abgesichert seien. Dennoch gebe es be<strong>im</strong><br />
Leistungsumfang ein paar Problempunkte,<br />
wie er einräumte. Viele PKV-Unternehmen<br />
würden deshalb mit der Unisex-Tarifumstel-<br />
lung zum Dezember 2012 ihre Tarife auch<br />
mit Mindestleistungen versehen. Was die<br />
Systemfrage angeht, halte er die PKV für ein<br />
Erfolgsmodell und sprach sich für den Erhalt<br />
des dualen Systems aus.<br />
Das ist auch die Auffassung der Techniker<br />
Krankenkasse, allerdings mit Modifikationen.<br />
Systemangleichung statt PKV-Abschaffung<br />
lautet hier der Vorschlag, allerdings mit<br />
einer stärkeren Privatisierung der GKV. In<br />
einem Gutachten <strong>im</strong> Auftrag der TK emp-<br />
fehlen die Autoren, darunter Eberhard Wille<br />
und J.-Matthias Graf von der Schulenburg,<br />
eine Öffnung der separierten Teilmärkte für<br />
gesetzliche und private Krankenversiche-<br />
rungen. TK-Chef Norbert Klusen spricht von<br />
einer Umwandlung der gesetzlichen Kassen<br />
in Non-Profit-Organisationen.<br />
Die Debatte um die Konvergenz der Systeme<br />
prägte auch die Diskussionen auf dem Deut-<br />
schen Ärztetag in Nürnberg mit den Politi-<br />
kern Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach<br />
(SPD). Während Lauterbach ein Plädoyer für<br />
die Bürgerversicherung hielt, machte sich<br />
Spahn für Reformen in der PKV und für<br />
evolutionäre Korrekturen in den Systemen<br />
stark. Die Ärzte votierten schließlich für den<br />
Erhalt des dualen Systems von GKV und<br />
PKV. Auch in der zahnärztlichen Standes-<br />
politik gehört das Thema zu den Grundsatz-<br />
debatten für die Zukunft. Dem Votum der<br />
Ärzte schlossen sich die Delegierten der<br />
KZBV-Vertreterversammlung am 21.6. in<br />
Dresden an. Die BZÄK wird ihre Beratungen<br />
auf der Bautzener Tagung in ein gesund-<br />
heitspolitisches Programm münden lassen,<br />
das <strong>im</strong> November auf der Bundesversamm-<br />
lung in Frankfurt vorgestellt wird. pr<br />
zm 102, Nr. 14 A, B, 16.7.2012, (1009)<br />
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