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Lues im Mund - Zm-online

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6 Leitartikel<br />

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,<br />

Was in der Öffentlichkeit Ende Juni als harte<br />

Reaktion auf das sogenannte Korruptions-<br />

urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) kur-<br />

sierte, war weder haltbar noch diskutabel.<br />

Die Karlsruher Richter<br />

haben mit dieser Recht-<br />

sprechung formal geklärt,<br />

dass ein freiberuflicher<br />

Arzt, wenn er von Pharma-<br />

firmen Geld für die Ver-<br />

schreibung best<strong>im</strong>mter<br />

Medikamente erhält, wegen Bestechlichkeit<br />

nicht strafrechtlich belangt werden kann.<br />

Und für die, die daran zweifeln: Dass die<br />

Zahnärzteschaft diese Rechtsprechung mit<br />

Genugtuung zur Kenntnis n<strong>im</strong>mt, hat nichts<br />

mit mangelnder Ethik zu tun. Im Gegenteil:<br />

Die Zahnmedizin steht schon wegen Umfang<br />

und Art der Verschreibung von Medikamen-<br />

ten gar nicht <strong>im</strong> Fokus der Pharmafirmen.<br />

Abgesehen davon: Für diese Art falsch ver-<br />

standener Grundhaltung hat die Selbst-<br />

verwaltung genug disziplinarische Möglich-<br />

keiten, Korruption oder andere Formen ärzt-<br />

lich-ethischen Fehlverhaltens zu ahnden und<br />

abzustellen. Das ist für mich der Auftrag,<br />

den ich aus dem Urteil des BGH herauslese.<br />

Selbstzufrieden zurücklehnen ist nicht!<br />

zm 102, Nr. 14 A, B, 16.7.2012, (990)<br />

”Wir dürfen in unserer<br />

Entscheidungsfreiheit,<br />

in Diagnose und Therapie, nicht<br />

von Dritten beeinflusst werden.<br />

Der BGH hat klar die bestehende Rechts-<br />

lage beurteilt: Danach wäre ein Korruptions-<br />

vorwurf nur dann gerechtfertigt, wenn<br />

Ärzte und (die mal wieder in Sippenhaft<br />

genommenen) Zahnärzte Amtsträger oder<br />

Beauftragte der Krankenkassen sind. Und<br />

er hat klar geurteilt: Wir<br />

sind keine Amtsträger<br />

und keine Beauftragten<br />

der Kassen. Will man<br />

das Übel zweifellos<br />

fragwürdiger Zusammen-<br />

arbeit zwischen Ärzten<br />

(und Zahnärzten) hier und der Pharma-<br />

industrie und anderen mehr dort an der<br />

Wurzel packen und unter Strafe stellen,<br />

dann müsse man die Gesetzeslage ändern<br />

oder erweitern.<br />

Klare Worte<br />

Erinnern wir uns: Uns Vertrags-(zahn-)ärzten<br />

wurde die Zwangsfortbildung aufgedrückt,<br />

weil die eigenen (Mediziner-)Reihen Schiff-<br />

bruch erlitten, den zum Fünfuhrtee von<br />

der Pharmaindustrie gesponsorten Beta-<br />

blocker-Vortrag auf der von derselben<br />

Pharmaindustrie gesponsorten Kreuzfahrt<br />

auf der „Queen Mary“ als Fortbildung zu<br />

etikettieren. Man hatte es in der Hand,<br />

aber das Herz in der Hose, die Kreuzfahrt<br />

<strong>im</strong> Sinn und die Schw<strong>im</strong>mweste <strong>im</strong> Blick!<br />

Die Folgen sind bekannt.<br />

Foto: KZBV-Axentis.de<br />

Nach dem BGH-Urteil ist jetzt internes<br />

„Klar-Schiff-machen“ angesagt! Wir brau-<br />

chen keine neuen Gesetze.<br />

Das Urteil des BGH hat eine für mich<br />

viel wichtigere, viel kostbarere Botschaft:<br />

Wir sind keine Amtsträger, Beauftragte<br />

oder andere Büttel der Krankenkassen!<br />

Damit ist der Versuch interessierter poli-<br />

tischer Kreise (erst einmal) gescheitert,<br />

sozusagen <strong>im</strong> Kielwasser eines Korruptions-<br />

prozesses politische Fakten zu setzen und<br />

unsere Freiberuflichkeit nicht nur zu unter-<br />

laufen, sondern in ihren Grundfesten zu<br />

erschüttern:<br />

■ Der freiberuflich tätige Zahnarzt ist in<br />

seinem Handeln dem Patienten verant-<br />

wortlich. Dieses Verhältnis gehört gegen<br />

direkte Einflussnahme durch Staat oder gar<br />

Krankenkassen geschützt. Der Freiberufler<br />

ist aus guten – ethisch begründeten –<br />

Prinzipien kein Angestellter Dritter, sondern<br />

dem Wohl ihm vertrauender Patienten ver-<br />

pflichtet.<br />

■ Wer gegen dieses Prinzip verstößt,<br />

muss <strong>im</strong> Rahmen der Selbstverwaltung<br />

zur Verantwortung gezogen werden. Das<br />

Disziplinarrecht muss vor schwarzen<br />

Schafen <strong>im</strong> Berufsstand schützen.<br />

■ Wer in diesem Stadium die Entscheidung<br />

des Bundesgerichtshofs so versteht, dass<br />

er durch zusätzliche Gesetzbarkeiten den<br />

elementaren Schutzbereich von Freiberufler<br />

und Patient aufbrechen will, gefährdet<br />

gerade dadurch die notwendige medizi-<br />

nische Entscheidungsfreiheit des Arztes<br />

oder Zahnarztes zulasten von Kontrolle<br />

und Ökonomisierung.<br />

Wir dürfen in unserer Entscheidungsfreiheit,<br />

in Diagnose und Therapie, nicht von Drit-<br />

ten beeinflusst werden. Nicht von Pharma-<br />

firmen, von keiner Apotheke dieser Welt<br />

– und schon gar nicht von rein ökono-<br />

mischen Zielen verschriebenen Kranken-<br />

kassen. Klare Worte zur richtigen Zeit.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Dr. Jürgen Fedderwitz<br />

Vorsitzender der KZBV

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