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Lues im Mund - Zm-online

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Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

Positivisten hatten es nie leicht. Daran<br />

hat sich bis heute kaum etwas geändert.<br />

Immer noch laufen gesellschaftspolitische<br />

Diskussionen nur selten rein sachbezogen<br />

ab.<br />

Dass sich das in einer mit schnell wach-<br />

senden wissenschaftlichen Kenntnissen ent-<br />

wickelnden Gesellschaft, die dazu mit dem<br />

massiven Druck von HIV, MRSA, Silikon-<br />

<strong>im</strong>plantat-Skandalen, Arzne<strong>im</strong>ittelmängeln<br />

oder wieder ansteigenden <strong>Lues</strong>-Fällen<br />

fertig werden muss, umkehrt und endlich<br />

wissenschaftliche Logik Einzug hält, bleibt<br />

in vielen Bereichen <strong>im</strong>mer noch purer<br />

Wunsch.<br />

Zum Aufgeben darf so etwas dennoch<br />

nicht verleiten. Also zwecks Reminiszenz:<br />

Medizin, auch Zahn-, <strong>Mund</strong>- und Kiefer-<br />

medizin, ist Wissenschaft. Hier sind Faktoren<br />

wie Validität und Evidenz für übergeordnete<br />

Entscheidungen ausschlaggebend. Das ist<br />

eine für die moderne Gesellschaft wichtige<br />

Erkenntnis. Sie gehört viel eher in politische<br />

Stammbücher als die Ausrichtung nach<br />

öffentlichem „Mainstream“. Soviel zum<br />

Thema Vernunft.<br />

■ <strong>Mund</strong>gesund? Zahnärztliche Prophylaxe gilt als eines der erfolgreichsten, vom Bundesgesundheitsminister<br />

jüngst wieder als beispielhaft herausgestellten Kapitel der medizinischen Versorgung<br />

in Deutschland.<br />

Trotzdem: Zahn-/-medizinische Versorgung<br />

findet nun mal nicht „<strong>im</strong> luftleeren Raum“<br />

statt. Die Komplexität der Diskussionen<br />

führt nur bedingt zu eigentlich gebotenen<br />

sachorientierten Lösungen. Eher beherrscht<br />

„Meinungsbildung“ die Entscheidungs-<br />

strukturen. Auf der Strecke bleiben dann<br />

mitunter Erkenntnisse wie die, dass syste-<br />

mische Vorsorge oder Früherkennung wie<br />

bei Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

oder auch <strong>Lues</strong> in zahnärztlichen Praxen<br />

durchaus gut angesiedelt wäre.<br />

Sicher ist es schon ein merklicher Erfolg,<br />

wenn nach jahrelanger Prophylaxe und<br />

valider Datenbasis die Erfolge der Karies-<br />

prophylaxe als beispielhaft für andere ärzt-<br />

liche Bereiche angeführt werden. Doch ob<br />

sich ein solcher, jüngst vom Bundesgesund-<br />

heitsminister öffentlich konstatierter Erfolg<br />

dann auch <strong>im</strong> richtigen Maße auszahlt, ist<br />

schon wieder ein ganz anderes Thema.<br />

Denn letztlich best<strong>im</strong>men andere Maßgaben<br />

das gesundheitspolitische Geschäft: Da ist es<br />

leichter, das Entfernen industriell mangelhaft<br />

gefertigter Silikon<strong>im</strong>plantate auf Rechnung<br />

der GKV zu setzen als Geld für die Versorgung<br />

von pflegebedürftigen Alten oder Menschen<br />

mit Behinderungen zu bekommen.<br />

Es bleibt bitter, aber wahr: Deutschlands<br />

Krankenkassen argumentieren für den<br />

eigenen Sparstrumpf. Gesünder für diese<br />

Gesellschaft wäre, wenn sie ihre Kraft<br />

der Prävention widmet. Deren Erfolge sind<br />

mittel- bis langfristig, also nicht zur nächs-<br />

ten Wahl, auf der Haben-Seite. Aber sie<br />

sprechen angesichts der künftig prekären<br />

Versorgungslage in mehrfacher Hinsicht für<br />

die Menschen.<br />

Für die Positivisten unter uns: Es hat auch<br />

lange gedauert, bis die Menschen akzeptiert<br />

haben, dass die Erde keine Scheibe ist.<br />

Mit freundlichem Gruß<br />

Egbert Maibach-Nagel<br />

zm-Chefredakteur<br />

zm 102, Nr. 14 A, B, 16.7.2012, (987)<br />

3<br />

Foto: Vario Images

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