Lues im Mund - Zm-online
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54 Gesellschaft<br />
RKI-Studie<br />
Deutschland wird dicker<br />
Zum ersten Mal seit Ende der 1990er-Jahre hat das Robert Koch-Institut (RKI)<br />
wieder den Gesundheitszustand der Erwachsenen untersucht. Die komplette<br />
„Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DGES), wird 2013 veröffentlicht,<br />
erste Ergebnisse gab das RKI aber schon jetzt bekannt. Demnach<br />
werden die Menschen <strong>im</strong>mer sportlicher – und gleichzeitig <strong>im</strong>mer adipöser.<br />
Das Institut befragte zwischen Novem-<br />
ber 2008 und Januar 2012 über 8 000<br />
Menschen zu ihrer Gesundheit. Die<br />
meisten wurden zudem körperlich un-<br />
tersucht, Blut- und Urinproben wurden<br />
genommen und analysiert. Durch die<br />
Auswahl der Probanden ist die Studie<br />
nach RKI-Angaben repräsentativ für die<br />
gesamte Bevölkerung.<br />
„Die gewonnenen Daten zu Gesund-<br />
heitsstatus, Versorgung, Gesundheits-<br />
verhalten und Lebensbedingungen<br />
sind eine solide Basis für die bedarfs-<br />
gerechte gesundheitspolitische Planung<br />
und die Weiterentwicklung der Präven-<br />
tionsmaßnahmen in Deutschland“, er-<br />
klärt Bundesgesundheitsminister Daniel<br />
Bahr (FDP). Die ersten veröffentlichten<br />
Ergebnisse drehen sich unter anderem<br />
um Übergewicht, psychische Gesund-<br />
heit und körperliche Aktivität.<br />
Adipositas n<strong>im</strong>mt zu<br />
Im Vergleich zum letzten Gesundheits-<br />
survey von 1998 haben sich be<strong>im</strong><br />
Anteil der Übergewichtigen kaum Verände-<br />
rungen ergeben – 67 Prozent der Männer<br />
und 53 Prozent der Frauen sind zu dick.<br />
Nach Ansicht des RKI stagniert die Zahl<br />
der Übergewichtigen insgesamt auf einem<br />
hohen Niveau. Einen deutlichen Anstieg<br />
gibt es hingegen bei Adipositas zu beob-<br />
achten, vor allem bei Männern (von knapp<br />
19 auf über 23 Prozent), bei Frauen ist der<br />
Anteil moderater angestiegen (von 22,5 auf<br />
knapp 24 Prozent). Nach Definition des RKI<br />
beginnt Übergewicht ab einem Body-Mass-<br />
Index von 25, Adipositas ab 30. „Besorgnis-<br />
erregend ist, dass sich die Gruppe der<br />
Adipösen insbesondere <strong>im</strong> jungen Erwach-<br />
senenalter weiter vergrößert hat“, erläutert<br />
zm 102, Nr. 14 A, B, 16.7.2012, (1038)<br />
Der Anteil der Adipösen steigt. Auch Fernando Boteros<br />
Skulpturen in Medellin, Kolumbien haben ein<br />
paar Kilo zu viel auf den Rippen.<br />
Bärbel-Maria Kurth, <strong>im</strong> RKI verantwortlich<br />
für Epidemiologie und Gesundheitsbericht-<br />
erstattung. Auch Einkommens- und Bil-<br />
dungsstand haben einen Einfluss auf die<br />
Adipositas-Verbreitung. Je höher der sozio-<br />
ökonomische Status, desto weniger ver-<br />
breitet ist die Fettsucht – das gilt sowohl für<br />
Männer als auch für Frauen.<br />
Eine ähnliche Verbindung zu Einkommens-<br />
und Bildungsstand zeigt die Studie auch<br />
für die Verbreitung von Depressionen auf.<br />
Bei Befragten mit einem niedrigen sozio-<br />
ökonomischen Status geben fast 14 Prozent<br />
eine aktuelle Depression an, bei denjenigen<br />
mit einem hohen Status sind es nur knapp<br />
fünf Prozent. Doch „Menschen mit einem<br />
Foto: Vario Images<br />
minderen Einkommens- und Bildungsniveau<br />
sind <strong>im</strong> Kern nicht häufiger depressiv er-<br />
krankt“, erklärt RKI-Sprecherin Susanne<br />
Glasmacher. „Aber sie gehen seltener und<br />
später zum Arzt, was zu einem schwereren<br />
Verlauf der Krankheit führt. Das schlägt sich<br />
dann in der Statistik nieder.“<br />
Junge sind eher depressiv<br />
Insgesamt berichten gut acht Prozent<br />
der Teilnehmer von aktuellen Depressions-<br />
symptomen (Frauen: zehn Prozent, Männer:<br />
sechs Prozent). Am weitesten verbreitet ist<br />
die psychische Störung in der Altersgruppe<br />
der 18- bis 29-Jährigen. Hier gibt jeder<br />
Zehnte an, aktuell unter einer Depression<br />
zu leiden. Zum Vergleich: Bei den über<br />
65-Jährigen ist es nur jeder Sechzehnte.<br />
Dagegen erklären gut vier Prozent, dass ein<br />
Arzt beziehungsweise ein Psychotherapeut<br />
bei ihnen schon einmal ein Burn-out-<br />
Syndrom diagnostiziert hat. Burn-out ist<br />
am weitesten verbreitet in der Altersgruppe<br />
von 50 bis 59 (fast sieben Prozent), am<br />
seltensten kommt es bei den 18- bis 29-<br />
Jährigen vor. Anders als bei Depressionen<br />
sind von einem Burn-out Syndrom am häu-<br />
figsten Menschen mit einem hohen sozio-<br />
ökonomischen Status betroffen.<br />
Auch zur körperlichen Ertüchtigung hat<br />
das RKI Daten erhoben. Dadurch könnten<br />
„gesundheitsbewusstes Verhalten besser<br />
eingeschätzt und Gesundheitsrisiken besser<br />
erkannt werden“, erklärt Glasmacher. Die<br />
sportlichen Aktivitäten von Männern wie<br />
Frauen haben verglichen mit 1998 deutlich<br />
zugenommen. Circa die Hälfte beider<br />
Geschlechter treibt regelmäßig mindestens<br />
einmal pro Woche Sport – ein Anstieg um<br />
15 Prozentpunkte. Die von der Weltgesund-<br />
heitsorganisation empfohlenen mindestens<br />
zweieinhalb Stunden körperlicher Ertüch-<br />
tigung erreichen allerdings nur ein Viertel<br />
der Männer beziehungsweise 15,5 Prozent<br />
der Frauen – obwohl jeweils rund ein Drittel<br />
angibt, stark auf ausreichende körperliche<br />
Aktivität <strong>im</strong> Alltag zu achten. eb