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Der Mythos vom Geld

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6 DIE MONETÄRE VORHERRSCHAFT IN DER RENAISSANCE 107<br />

Zusammenhang mit der von Spufford dokumentierten extremen Silberknappheit<br />

in Europa gesehen werden.<br />

Später erlangten die Könige zwar das Münzrecht in ganz Europa<br />

wieder zurück, doch betrachteten sie das Münzgeld lediglich als eine<br />

ihrer wertvollsten Einnahmequellen. Das Münzgeld wurde also nicht<br />

stabiler, nur weil das Münzrecht wieder auf die Könige überging. Mit<br />

jedem Machtwechsel nahm die Qualität der Münzen ab. Eine Verordnung<br />

nach der anderen erging, um den Nominalwert der Münzen<br />

dem Bedarf der Krone entsprechend anzuheben, während der »immanente«<br />

<strong>Geld</strong>wert beständig abnahm. <strong>Geld</strong> wurde auf- oder abgewertet,<br />

je nachdem, ob der König gerade Gläubiger oder Schuldner<br />

war – so Pirennes pauschalisierende Beurteilung. Vor allem seit dem<br />

13. Jahrhundert wurde es zunehmend zur Regel, Neuausgaben von<br />

immer minderwertigeren Münzen zu vervielfachen. <strong>Geld</strong> wurde immer<br />

wieder aus dem Verkehr gezogen, neu gegossen und neu verteilt,<br />

wobei es jedesmal an Wert verlor. Solche Eingriffe kamen besonders<br />

häufig in Deutschland während der 32jährigen Herrschaft Bernhards<br />

von Askanien vor. Unter ihm wurde das Münzgeld durchschnittlich<br />

dreimal jährlich verändert oder vielmehr verschlechtert. 8 Sogar Del<br />

Mar, dem klar war, daß die Grafen durchaus selbstsüchtig handelten,<br />

war überrascht über die in ganz Europa nach dem Niedergang Konstantinopels<br />

einsetzende offen skrupellose und radikale Veränderung,<br />

Verschlechterung und Wertminderung der Münzsysteme, die<br />

im Unterschied zu vorangegangenen Manipulationen einen endgültigen<br />

und unwiderruflichen Bruch mit den römischen Währungsstandards<br />

darstellten. Diese <strong>Geld</strong>verschlechterungen begleiten den<br />

Aufstieg mancher christlichen Fürsten von Vasallen zu unabhängigen<br />

Monarchen. 9<br />

Es wundert deshalb nicht, daß die autoritären Staatsformen im allgemeinen<br />

viel schlechtere <strong>Geld</strong>systeme hervorbrachten als die in<br />

höherem Maße selbstverwalteten italienischen Republiken, die im 4.<br />

Kapitel beschrieben wurden.<br />

Münzverschlechterung als Steuerersatz<br />

In seiner Untersuchung des steuerlichen Aspektes dieser Entwicklung<br />

stellte sie Spufford in einen größeren Zusammenhang und wies nach,<br />

daß eine Münzverschlechterung die Funktion einer effektiven Steuer

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