Neue Bewilligungen - VolkswagenStiftung : Seite nicht gefunden
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Forschungslücke im Bereich der Holocaust- und Massengewaltforschung<br />
geschlossen werden kann und Ergebnisse produziert werden, die auch für<br />
Strategien der politischen Bildung, der Gedenkstättenpädagogik und des<br />
Geschichtsunterrichts von Relevanz sind. Die Stiftung unterstützt das<br />
Vorhaben mit rund 348.000 Euro.<br />
Über die Geschichte der Juden im Nachkriegsdeutschland ist bislang wenig<br />
bekannt; die Jahreszahl 1945 markiert für viele das vermeintliche Ende des<br />
Judentums in diesem Land. Dass die Geschichte der Juden in Deutschland<br />
über das Jahr 1945 hinausreicht und die hiesige jüdische Gemeinde inzwischen<br />
zur drittgrößten in Europa herangewachsen ist, wird vielfach <strong>nicht</strong><br />
einmal zur Kenntnis genommen. Dieser stark vernachlässigten zeithistorischen<br />
Spur möchte jetzt Professor Dr. Michael Brenner verstärkt nachgehen; er ist<br />
Vorsitzender der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft des Leo Baeck<br />
Instituts und Leiter der Abteilung für Jüdische Geschichte und Kultur der<br />
Universität München. Sein Ziel ist es, ein umfassendes Werk zur „Geschichte<br />
der Juden in Deutschland seit 1945“ zu erarbeiten. Es ist als Gesamtdar stel -<br />
lung konzipiert, die alle Facetten jüdischen Lebens in der Bundesrepublik<br />
Deutschland und in der DDR behandelt und als Gemeinschaftsarbeit namhafter<br />
jüdischer und <strong>nicht</strong>jüdischer Wissenschaftlerinnen und Wissen -<br />
schaftler entsteht. Fünf Fragestellungen sollen die Untersuchung im<br />
Einzelnen konturieren.<br />
Erstens: Wie stellt sich die demografische Struktur der Juden in Deutschland<br />
nach 1945 dar, und wie wirken sich die jüdischen Migrationsströme, die nach<br />
Deutschland herein- beziehungsweise aus Deutschland herausführen, aus?<br />
Zweitens: Welche Sozialstruktur und Geschlechterbeziehungen lassen sich<br />
im Vergleich zur deutschen, <strong>nicht</strong>jüdischen Mehrheitsgesellschaft ausmachen?<br />
Drittens: Wie haben sich politische und kulturelle Beteiligungsprozesse der<br />
Juden in Deutschland in dem untersuchten Zeitraum verändert? Viertens:<br />
Welche Rolle spielen Religion und Ethnizität für individuelle und kollektive<br />
jüdische Identitäten? Und fünftens: Wie lässt sich das Verhältnis zwischen<br />
den Juden in Deutschland und der sich entwickelnden Zivilgesellschaft in<br />
der Bundesrepublik unter Berück sichtigung des Spannungsverhältnisses zur<br />
DDR beschreiben?<br />
Bei ihren Forschungen werden die Wissenschaftler auf Bestände verschiedener<br />
Archive in Deutschland – darunter das Zentralarchiv zur Erforschung der<br />
Geschichte der Juden in Deutschland – sowie in Großbritannien, den USA<br />
und in Israel zurückgreifen. Neben der archivalischen Überlieferung ist zu -<br />
dem eine Auswertung von Medien (Zeitungen, Hörfunk, Fernsehen), aber<br />
auch von Literatur und Theater geplant. Die <strong>VolkswagenStiftung</strong> unterstützt<br />
die Entstehung des Werkes mit rund 278.000 Euro. Es ist gedacht als fünfter<br />
Band zur „Deutsch-jüdischen Geschichte in der Neuzeit“, deren erste vier<br />
Bände bereits erschienen sind. An ihrer Finanzierung hatte sich die Stiftung<br />
zwischen 1990 und 1996 ebenfalls beteiligt.<br />
Jüdisches Leben in Deutschland hat heutzutage<br />
viele Facetten – dazu gehören auch<br />
eigene Medien: Lena Gorelik M. A. (Bild oben),<br />
Mitarbeiterin im Projekt von Professor Dr.<br />
Michael Brenner von der Universität München,<br />
liest zum Beispiel eine russischsprachige<br />
jüdische Zeitung. Die Projektmitarbei terin -<br />
nen Monika Halbinger M. A. (links) und Lida<br />
Barner erstellen eine Archivdatenbank zur<br />
Geschichte der Juden in Deutschland seit<br />
1945. In ihr sollen Informa tionen mehrerer<br />
Archive verschiedener Länder gebündelt<br />
werden. Auch die Auswertung von Lite ratur,<br />
Theater und aktuellen Medien fließt ein.<br />
Jahresbericht 2007 Offen – für Außergewöhnliches 117