Neue Bewilligungen - VolkswagenStiftung : Seite nicht gefunden
Neue Bewilligungen - VolkswagenStiftung : Seite nicht gefunden
Neue Bewilligungen - VolkswagenStiftung : Seite nicht gefunden
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Situation leisteten. Da aber die Unterschied lichkeit einiger zentraler Ent wick -<br />
lungen weit in die Vergangen heit reicht und sich entsprechende Konti nui -<br />
tätslinien frühzeitig etablieren, schloss der mögliche Untersuchungs zeit raum<br />
für historische Forschungen neben der Neuzeit auch das Mittelalter ein.<br />
Für eine Vielzahl von Fragestellungen bot sich aus Sicht der Stiftung ein<br />
fachübergreifender Ansatz an. Die Stiftung begrüßte daher bei Forschungs -<br />
projekten ausdrücklich eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Zugleich<br />
legte sie großen Wert auf eine länderübergreifende Forschungskooperation;<br />
erwartet wurde in diesem Zusammenhang eine substanzielle Beteiligung<br />
der Wissenschaftler aus dem östlichen Europa. Erforderlich war zudem, dass<br />
von den geplanten Vorhaben zugleich Impulse zur Stärkung der wissenschaftlichen<br />
Kapazität im östlichen Europa ausgingen – zum Beispiel durch<br />
die Qualifizierung und Förderung von Nachwuchs wissenschaftlern.<br />
Im Berichtsjahr wurden neun größere Forschungsvorhaben neu in Förde rung<br />
genommen. Sie sind in ihrer Mehrzahl historisch ausgerichtet, beleuchten<br />
aber oft die Grundlagen hochaktueller Themen und Probleme. So wendet<br />
sich eines dieser Projekte den Bauernparteien in Ostmitteleuropa zu, die hier<br />
eine mehr als hundertjährige Tradition haben. Diese Parteien standen – und<br />
stehen – dabei <strong>nicht</strong> nur für bäuerliche Partikularinteressen; vielmehr barg<br />
ihre landreformerische Zielsetzung zumeist auch erhebliches sozialrevolutionäres<br />
Potenzial. In ihrer Rhetorik traten sie früher oft – und treten in einigen<br />
Ländern auch heute noch – antimodern, antistädtisch und antiintellektuell<br />
auf. Viele Bauernparteien beeinflussten insofern die Kultur der jeweiligen<br />
Gesellschaften im Sinne kleinbürgerlicher Vorstellungen und Ressentiments.<br />
Der „Agrarismus“ – eine Ideologie, die die Landwirtschaft als entscheidende<br />
Produktionssphäre und die Dorfgemeinschaft als Zelle der gesellschaftlichen<br />
und staatlichen Struktur ansieht – entwickelte sich in Ostmitteleuropa aus<br />
den verspäteten und gebrochenen Modernisierungsprozessen seit dem Ende<br />
des 19. Jahrhunderts. Er erlebte den Höhepunkt seiner Entwicklung während<br />
der Zwischenkriegszeit mit dem Einzug verschiedener Bauernparteien in<br />
Regierungen und Parlamente. Sein Niedergang setzte ein, als er nach der<br />
Weltwirtschaftskrise zum Bestandteil autoritärer Ideologien und die Bauern<br />
zur Massenbasis rechtsnationaler Regimes wurden. Die Entmachtung vieler<br />
Bauernparteien erfolgte schließlich im Zusammenhang mit der sozialistischen<br />
Transformation und der Einführung des sowjetischen Modells stalinistischer<br />
Industrialisierung beziehungsweise der Kollektivierung der Landwirtschaft.<br />
Das an die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder bewilligte Projekt<br />
will die Politik, Ideologie und Kultur des Agrarismus in Ostmitteleuropa<br />
umfassend untersuchen: von Slowenien bis Estland, von Polen bis Bulgarien<br />
– und zwar für den Zeitraum von 1890 bis 1960. Geleitet wird das Vorhaben<br />
von Professorin Dr. Helga Schultz und Dr. Uwe Müller von der Forschungs -<br />
stelle für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Ostmitteleuropas in Kooperation<br />
In zehn Teilstudien eines international an -<br />
gelegten Kooperationsvorhabens wird der<br />
„Agrarismus in Ostmitteleuropa“ umfassend<br />
untersucht. Am Workshop zum Projektauf takt<br />
in Frankfurt/Oder nahmen Wissen schaft ler<br />
aus Tschechien, der Slowakei, Polen, Rumä -<br />
nien und Ungarn teil. Im Vordergrund rechts<br />
Dr. András Vári, Budapest, der das Projekt<br />
gemeinsam mit den Professoren Dr. Helga<br />
Schultz und Dr. Uwe Müller aus Frankfurt/<br />
Oder konzipiert hat.<br />
Jahresbericht 2007 Beendete Förderinitiativen 129