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Jahresbericht 2011 (PDF) - Zentrum für Zeithistorische Forschung ...

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Interessant ist vor allem der im Hintergrund stattfindende Kreml-Zwist zwischen dem<br />

wütenden KPdSU-Chef Breschnew, der die Vorteile <strong>für</strong> den Sowjetkommunismus nicht<br />

erkennt, und dem ihn deswegen kritisierenden himmlischen Lenin, der die Taktiken<br />

zur kommunistischen Machterreichung besser verstanden zu haben scheint als sein<br />

Nachfolger.<br />

Tatsächlich gab es neben einigen bi- und trilateralen Treffen der Parteien wie der<br />

vielbeachteten gemeinsamen Konferenz der drei Generalsekretäre der kommunistischen<br />

Parteien Frankreichs, Italiens und Spaniens im März 1977 in Madrid kaum einen nennenswerten<br />

Austausch zwischen den Eurokommunisten. Die jeweiligen Strategien –<br />

so z. B. der compromesso storico des PCI oder die union de la gauche des PCF – blieben<br />

primär national orientiert.<br />

In den frühen achtziger Jahren ebbte die Brisanz des Themas rasch ab. Die vieldiskutierte<br />

Abhängigkeit der italienischen Regierung vom Stimmverhalten der Kommunisten<br />

war nach den Parlamentswahlen im Juni 1979 entfallen, in Griechenland und<br />

Spanien (sowie in Portugal nach dem kommunistischen Putschversuch) war der Einfluss<br />

der Kommunisten deutlich geringer als vor der post-faschistischen Transitionsphase<br />

erwartet. Einige der großen eurokommunistischen Parteien (v. a. die französische, japanische<br />

und spanische KP) beendeten weitestgehend ihren Reformkurs oder spalteten sich<br />

aufgrund von Richtungskämpfen, und nicht zuletzt waren die erwarteten Folgen im<br />

Falle einer kommunistischen Regierungsbeteiligung nicht eingetreten. Weder der Parti<br />

Communiste Français (PCF) in Frankreich (1981–1984) noch die vom PCI geduldete Minderheitsregierung<br />

in Italien (1976–1979) hatten den Weg zu einer kommunistischen<br />

Diktatur beschritten.<br />

Der Eurokommunismus blieb somit vor allem ein von außen geprägter und mit<br />

Zuschreibungen aufgeladener Begriff. In der Realität gab es keine großangelegte kommunistische<br />

Verschwörung zur Machterreichung im Westen. Nicht zuletzt sahen auch<br />

die Generalsekretäre der drei großen westeuropäischen KPs den Begriff kritisch. Lediglich<br />

Santiago Carrillo versuchte sich als Generalsekretär des Partido Comunista de España<br />

an einer theoretischen Unterfütterung, die allerdings deutlich von den spanischen Erfahrungen<br />

geprägt war. 6 Eurokommunismus sollte daher primär als Projektionsfläche<br />

<strong>für</strong> Ängste und Hoffnungen im Kalten Krieg in den westlichen Staaten und weniger als<br />

eine gemeinsame politische Strategie der Westkommunisten verstanden werden.<br />

6 Santiago Carrillo, Eurocomunismo y estado, Barcelona 1977 [deutsche Übersetzung: Santiago Carrillo, Eurokommunismus<br />

und Staat, Hamburg/Berlin 1977].<br />

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