Jahresbericht 2011 (PDF) - Zentrum für Zeithistorische Forschung ...
Jahresbericht 2011 (PDF) - Zentrum für Zeithistorische Forschung ...
Jahresbericht 2011 (PDF) - Zentrum für Zeithistorische Forschung ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
nicole kramer<br />
die »trümmerFrau« als ikone der<br />
westdeutschen erinnerungskultur<br />
»Den vielleicht größten Teil dessen, was den Menschen aufgeladen war, haben die Frauen<br />
der Völker getragen. Ihr Leiden, ihre Entsagung und ihre stille Kraft vergisst die Weltgeschichte<br />
nur allzu leicht. Sie haben gebangt und gearbeitet, menschliches Leben getragen<br />
und beschützt. Sie haben getrauert um gefallene Väter und Söhne, Männer, Brüder<br />
und Freunde. Sie haben in den dunkelsten Jahren das Licht der Humanität vor dem Erlöschen<br />
bewahrt. Am Ende des Krieges haben sie als erste und ohne Aussicht auf eine<br />
gesicherte Zukunft Hand angelegt, um wieder einen Stein auf den anderen zu setzen,<br />
die Trümmerfrauen in Berlin und überall.« 1<br />
In seiner breit rezipierten und gefeierten Rede zum 40. Jahrestag der deutschen<br />
Kapitulation würdigte Richard von Weizsäcker die weiblichen Angehörigen der verschiedenen<br />
am Krieg beteiligten Länder. Er beschwor eine »Internationale« der guten und friedfertigen<br />
Frauen. Die »Trümmerfrau« war in seiner Ansprache kein rein deutsches Phänomen.<br />
Der Bundespräsident trug der Tatsache, dass die Mobilisierung der weiblichen<br />
Bevölkerung <strong>für</strong> den Krieg in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Formen und<br />
Intensität angenommen hatte, keine Rechnung. Die nationalen Merkmale der Kriegserfahrung<br />
von Frauen verschwanden zugunsten vermeintlich grenzüberschreitender<br />
und zeitloser weiblicher Attribute.<br />
Untersucht man das »Trümmerfrauengedenken«, das sich etwa seit den 1950er<br />
Jahren entwickelte, zeigt sich zunächst, dass es westdeutschen, wenn nicht sogar West-<br />
Berliner Ursprungs war. Gedenkveranstaltungen, Denkmäler und Medien ehrten die<br />
»Trümmerfrauen«, wobei sich im Laufe der Jahrzehnte stark veränderte, welche Frauen<br />
und welche Leistungen damit gemeint waren.<br />
Zu Beginn, in den 1950er Jahren, als die Kriegsfolgen soweit beseitigt schienen,<br />
dass eine erste Rückschau auf das Geleistete und auf die Protagonisten des Wiederaufbaus<br />
erfolgen konnte, fiel der Blick auf eine bestimmte Gruppe von Frauen. 1952 verlieh<br />
1 Ansprache des Bundespräsidenten zum 40. Jahrestag der Beendigung des Zweiten Weltkriegs, 8.5.1985, in: Bulletin<br />
des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 52, S. 441–446.<br />
2 Senator <strong>für</strong> Arbeit von Berlin an Senatskanzlei von Berlin, 30.10.1952, Landesarchiv (LA) Berlin, B Rep. 002/3575 II.