17.07.2013 Aufrufe

DAV Memmigen Jahresschrift 2013

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Wenn die Brotzeit im<br />

Rucksack gefriert<br />

Eigentlich hatte diese Schitour in „Fachkreisen“<br />

das Prädikat „schöne Ganztagestour<br />

ohne Dramatik: zwei nette, skifreundliche<br />

Gipfel, 1761m und 1877 m im Bregenzer<br />

Wald“. Doch dann kam die Kältewelle. „...<br />

Bei solch einer Kälte sollte man tunlichst zu<br />

Hause bleiben…!“, so oder so ähnlich, konnte<br />

man diverse Kommentare hören. Also sollte<br />

dieses sonnige Wochenende wohl am Kachelofen<br />

zu Hause verbracht werden. Aber es gibt<br />

doch ein paar anpassungsfähige Zeitgenossen,<br />

die das nicht sonderlich berührt. Also<br />

doch auf Skitour gehen! Ein Anruf bei einem<br />

der Tourenführer, dem Andi, ergab, dass wir<br />

die Tour etwas umgestalten sollten und statt<br />

der längeren Fahrzeit eine längere Gehzeit<br />

einlegen sollten, sprich – eine Tour in der<br />

Nähe, aber dafür etwas anspruchsvoller.<br />

Und so war die Umfahrung der Köllespitze<br />

angesagt.<br />

Ein paar Vorbereitungen für außergewöhnliche<br />

Temperaturen waren schon empfehlenswert:<br />

Mindestens eine Schicht mehr<br />

nach dem „Zwiebelprinzip“ anziehen und<br />

ordentlich Fettcreme ins Gesicht auftragen,<br />

des Weiteren eine besondere Auswahl der<br />

Handschuhe und Ersatzhandschuhe (am besten<br />

direkt am Körper vorwärmen). Bei kalten<br />

Minus 19 Grad starteten wir - eine Dame,<br />

fünf Mannsbilder und ein Hund - in Memmingen,<br />

um uns am Parkplatz „Roßschläg“<br />

bei Minus 23 Grad auf diese Tour zu begeben.<br />

Die scheinbar klirrende Kälte empfanden<br />

wir nach ca. 20 Minuten Gehzeit gar nicht<br />

mehr so extrem, also konnte hier schon die<br />

erste Schicht, der Anorak, abgelegt werden.<br />

Eine traumhaft schöne, von der Kälte mit dicken<br />

Eiskristallen bestückte Winterlandschaft<br />

begleitete uns, bis wir das Reintal verließen,<br />

um zum Sabacher Joch aufzusteigen. Anfangs<br />

stark ansteigend durch den Waldgürtel<br />

wurde das Hochtal weiter und offener. Unser<br />

vierbeiniger Begleiter hatte längst schon<br />

seine eigene Route gewählt und war für uns<br />

Unerfahrene nicht mehr zu sehen. Lediglich<br />

sein entferntes Bellen sagte uns, dass er noch<br />

da war. Sein „Chef“ aber hatte wohl alles<br />

im Griff, denn mit dem richtigen Ton und<br />

der Laustärke meldete sich „Bilbo“ regelmäßig<br />

zurück. Wir stiegen später bei weiteren<br />

Kältesteigerungen (hier war der Windschatten<br />

zu Ende) hinauf zum Sabacher Joch, wo wir<br />

ganz schnell auch nur den kleinsten Windschatten<br />

suchen mussten. Denn hier hieß es<br />

abfellen, abfahren und dann wieder anfellen.<br />

Also wieder was direkt an den Körper: Die<br />

Felle, weil die sonst nicht wieder ankleben.<br />

Die Felle abzuziehen und zu verstauen mit<br />

den Handschuhen, denn sonst wären die<br />

Finger schell in negative Temperaturen<br />

abgekühlt, war nicht ganz einfach. Karin<br />

gönnte sich schnell einen Riegel, der ihr aber<br />

wenig mundete, weil er sich in der Rucksacktasche<br />

inzwischen der Umgebungstemperatur<br />

angepasst hatte. Nach der Zwischenabfahrt<br />

und dem anschließenden Anstieg zur Nesselwängler<br />

Scharte, bei dem doch der eine<br />

oder andere Fellkleber streikte, gönnten wir<br />

uns eine kleine Pause im Windschatten eines<br />

Felskopfes, der zudem eine große Schneekuhle<br />

bereit hielt. Hier konnten wir in Ruhe,<br />

auch mal ohne Handschuhe etwas trinken<br />

und die angefrorenen Brotzeiten auf ihre<br />

Genießbarkeit zu testen. Danach folgte noch<br />

ein kurzer Anstieg unterhalb des Köllespitz-<br />

Westgrates und wir standen vor dem großen<br />

Kälteloch, der Nesselwängler Scharte, von<br />

der es nun nordseitig und sehr steil abfallend<br />

ins Reintal zurückgehen sollte. Aber zuerst<br />

war die Beurteilung der Lawinensituation<br />

angesagt. Nach eingehender Prüfung durch<br />

unsere Tourenführer Andreas und Stefan<br />

gaben diese grünes Licht unter der Maßgabe<br />

„in der kritischen Felspassage nicht stürzen!“.<br />

Alle hatten gute Nerven und wir erreichten<br />

bald traumhafte, rassige Pulverhänge. Leider<br />

sind solche Abfahrtsgenüsse natürlich immer<br />

zu kurz – doch gegen einen Wiederaufstieg<br />

hatten wir diesmal ein Argument: „S´ isch<br />

halt scho saukalt!“<br />

Also entspanntes Abfahren auf der Forststraße<br />

hinunter zur „Bärenfalle“, wo wir<br />

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