der Ausgabe 7-8/2004 - Berliner Behindertenzeitung

Berliner Behindertenzeitung – Ausgabe Juli/August 2004
Pauls Taufe
In der St. Jacobi Kirche in der Oranienstraße in Kreuzberg,
einem alten Baksteingebäude mit verwunschenen Ecken und
Winkeln, versammelten sich an diesem Sonntag nicht nur die
üblichen 10-Uhr-Gottesdienstbesucher, sondern auch viele Freunde,
Verwandte und Bekannte der Patchwork-Familie mit ihren
Orgelpfeifenkindern in jeder Größe, um an Pauls Taufe teilzunehmen.
Nachdem der Pfarrer seine Gemeinde begrüßt hatte, begann der
Gottesdienst, bei dem selbst die Kleinsten mitsangen, die noch kein
Gesangbuch selbst in den Händen halten konnten, da sie mit der
Kirche und den Abläufen des Gottesdienstes bestens vertraut sind.
Eingebettet in den Gottesdienst nahm der Pfarrer die Taufe vor, zu
der sich Pauls Angehörige und Freunde dicht gedrängt um das
Taufbecken versammelten.
Die Kinder wurden in den Kindergottesdienst entlassen, als der
Pfarrer seine Predigt über das Thema Liebe hielt.
Nach dem „Vaterunser" und einem weiteren Lied war der „offizielle
Teil" des Gottesdienstes beendet und der Pfarrer rief nicht nur zu
Spenden auf, sondern gedachte auch der katholischen
Kirchengemeinde in der Nähe, die demnächst geschlossen werden
muss.
Er informierte darüber, dass an den kommenden Sonntagen weitere
Taufen stattfinden würden, und er vermeldete hierzu, dass ein
elfjähriger Junge noch einen Taufpaten sucht. ...
Paul, der achtjährige Lausebengel, hatte sich nicht nur alleine
entschieden, dass er nunmehr gerne getauft werden würde, er hatte
sich auch für seinen wichtigen Tag schön gemacht mit schwarzer
Hose, schwarzer Krawatte und einem blütenweißen Hemd.
Er war so aufgeregt, dass er ausnahmsweise mal seinen zwei Jahre
älteren Bruder Bamba in Ruhe ließ und zwischen seinem großen
Bruder und Taufpaten Willi und seiner Mutter nervös hin und her
pendelte, bis es endlich dann soweit war.