der Ausgabe 7-8/2004 - Berliner Behindertenzeitung
der Ausgabe 7-8/2004 - Berliner Behindertenzeitung
der Ausgabe 7-8/2004 - Berliner Behindertenzeitung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Berliner</strong> Behin<strong>der</strong>tenzeitung <strong>Ausgabe</strong> Juli/August <strong>2004</strong><br />
Psychische Krankheit und Lebensqualität<br />
Thomas Schramme (Philosoph) und Morus Markard (kritischer<br />
Psychologe) hielten am 1.06.04 im IMEW (Institut Mensch, Ethik und<br />
Wissenschaft) Vorträge zum Thema.<br />
Die Veranstaltung war mit ca. 25 Besuchern/-innen gut besucht.<br />
Objektive Beurteilung von Lebensqualität möglich?<br />
Schramme eröffnete seinen Vortrag mit <strong>der</strong> Frage im Titel. Der<br />
potenzielle Wert <strong>der</strong> Qualität von Leben sei nicht moralisch zu<br />
bewerten, son<strong>der</strong>n es gehe um Wohlergehen. Eine sehr schwierige<br />
Frage sei, ob durch Urteile über die Min<strong>der</strong>wertigkeit von<br />
Lebensqualität Tötung in <strong>der</strong> Folge gerechtfertigt sein kann. Es gehe<br />
zentral um die Kriterien für die Beurteilung von Lebensqualität und<br />
ob diese objektiv bestimmbar sind. Sie beziehen sich jedenfalls nicht<br />
auf das nackte, son<strong>der</strong>n auf das gelebte Leben. Aus einer<br />
festgestellten negativen Lebensqualität ergebe sich nicht<br />
automatisch ein Todeswunsch. Ein objektives Urteil diesbezüglich ist<br />
jedenfalls immer eine wissenschaftliche Feststellung.<br />
Fraglich sei ebenso, ob eine Dritt-Person-Perspektive von außen in<br />
diesem Zusammenhang überhaupt möglich ist. Der subjektive Faktor<br />
sei bei diesen Fragen viel entscheiden<strong>der</strong> für die Beurteilung und<br />
dieser sei von außen nicht feststellbar. Für die Bewertung von<br />
Lebensqualität sei die Erfüllbarkeit von Wünschen, Interessen und<br />
Werten ausschlaggebend und dafür seien immer die subjektiven<br />
Wünsche des/r Betroffenen von zentraler Bedeutung. Da von ihr/ihm<br />
her zu entscheiden ist, handele es sich hier um eine medizinkritische<br />
Fragestellung.<br />
Geht es eigentlich nur um erlebtes Wohlbefinden? Dieses beruhe auf<br />
<strong>der</strong> Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung. Wer entscheidet<br />
über Depression, über Fehlurteil o<strong>der</strong> Täuschung bei <strong>der</strong><br />
Wahrnehmung durch eine Person? Man gehe zwar von einer<br />
gestörten Wahrnehmung <strong>der</strong> eigenen Lebensqualität bei psychisch<br />
beeinträchtigten Personen aus, jedoch seien sie deshalb niemals als<br />
inkompetent anzusehen.