12.09.2013 Aufrufe

Steiermarkwein Ausgabe 11 - Winter 2011

Winter 2011 Rotwein

Winter 2011
Rotwein

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Initiative zur Gründung einer neuen<br />

sektischen Ortsgruppe kam nicht<br />

nur aus dem Kreis der Sympathisanten,<br />

die größtenteils aus der Landwirtschaft<br />

stammten. Die Idee, irgendwo eine Kirche<br />

zu bauen, geht oft auf Einzelpersonen<br />

zurück, die sich von einer höheren<br />

Macht dazu berufen fühlen. Über den<br />

Kirchenbau in Heiligengeist ist überliefert:<br />

„So machte es ein Schneider von<br />

Leutschach, der auf dem Felsen des<br />

Dorfes Heiligengeist Schranken errichtete,<br />

an denen er angezündete Kerzen<br />

befestigte, der das Volk herbeirief, als<br />

seien es wunderbare Lichter, und es<br />

überredete, dass sie dort eine Kirche<br />

bauen möchten. Wenn sie die Kirche<br />

nicht bauten, kämen Hagel, Stürme<br />

über sie und würden die Ernten verwüsten<br />

und anderes Unheil zu erwarten<br />

sei.“<br />

Nicht immer beginnt das spirituelle<br />

Leben einer neuen Filiale mit dem<br />

Kirchenbau, manchmal genügt eine<br />

Waldlichtung, für das samstägliche Zusammentreffen.<br />

Es kann mehrere Jahre<br />

dauern, bis die Bausumme zusammengebettelt<br />

ist, wie aus den Gesuchen<br />

einzelner Springergemeinden um Einweihung<br />

ihrer mittlerweile errichteten<br />

Kirchen hervorgeht.<br />

Die Springerkirche bei Leutschach<br />

Sie stand auf dem sehr steilen und spitzen<br />

Osterberg, dessen Bezeichnung<br />

sich vom slowenischen ojster vrh, d. h.<br />

„scharfer Gipfel“ ableitet. Die fast 940<br />

Meter hohe Bergspitze war der ideale<br />

Ort für eine Sektenkirche: Weit vom<br />

Schuss, schwer erreichbar, in einer romantischen<br />

Lichtung mit herrlicher<br />

Fernsicht gelegen, von neugierigen Blicken<br />

geschützt, eine romantische Oase<br />

für Mystiker. Diesen Platz entdeckte<br />

ein Leutschacher Schneider und baute<br />

dort mit Gleichgesinnten eine Kirche.<br />

Die gemauerte Springerkirche brannte<br />

die Gegenformationskommission<br />

im Februar 1600 nieder. Einige Jahre<br />

später stand an diesem Ort eine katholische<br />

Kapelle, wahrscheinlich mit dem<br />

Bild des Heiligen Geistes.<br />

Die Springerkirche auf der Soboth<br />

In der Soboth sind die Umtriebe der<br />

Sekte am Ende des 16. Jahrhunderts<br />

und zu Beginn des 17. Jahrhunderts<br />

noch nachweisbar. Hier baute die<br />

78<br />

Sekte mit Hilfe der Landbevölkerung<br />

ein Kirchlein auf einem hohen Berg<br />

an einem abgelegenen Ort im Wald<br />

mit herrlicher Aussicht ins Drautal, an<br />

der Grenze zwischen Steiermark und<br />

Kärnten. Auch diese Kirche jagte die<br />

katholische Reformkommission in die<br />

Luft. Der genaue Standort geht aus<br />

den Quellen nicht hervor, wäre aber zu<br />

eruieren: Man suche nach einer Kapelle<br />

im Grenzgebiet zwischen Kärnten<br />

und Steiermark, mit Sicht auf die Drau.<br />

Vielleicht die Urbani-Kapelle?<br />

Die Springerkirche von St. Leonhard<br />

In St. Leonhard in den Windischen Büheln<br />

(Lenart) sind um 1600 die Springer<br />

bereits auf einige tausend Leute<br />

angewachsen. 1599 beginnen sie eine<br />

Kapelle aus Brettern zu errichten, die<br />

von ihnen „Heiliges Grab“ genannt<br />

wird. Die Grabeskapelle stand etwas<br />

außerhalb von St. Leonhard in Radach.<br />

Von nah und fern strömen die Winzer<br />

und slowenischen Weinbauern zu dieser<br />

Kultstätte. Die letzte Kapelle ließen<br />

die Behörden 1625 zerstören.<br />

Die Springerkirche bei Ehrenhausen<br />

Am Platsch bei Ehrenhausen befand<br />

sich ebenfalls eine Springerkirche,<br />

erbaut aus einfachsten Materialien,<br />

wie Reisig, Stauden und Pfosten, die<br />

der Nachwelt im Boden keine Spuren<br />

hinterließen. Hinweise geben nur die<br />

Kapelle von Zieregg und ein Steinkreuz<br />

mit der Jahreszahl 1641 sowie<br />

ein danebenliegendes Kellergewölbe,<br />

versehen mit einem Wappen, das die<br />

Jahreszahl 1631 trägt. Die ausgezeichnete<br />

Fernsicht in Richtung Süden zeigt<br />

unter anderem Heiligengeist. In der<br />

Kapelle von Zieregg hängt ein Bild, das<br />

ein dankbarer Gläubiger „Ex voto“ für<br />

eine erfolgte Krankenheilung der Gottesmutter<br />

stiftete. Die Vermutung, die<br />

Kapelle Zieregg könnte der Nachfolgebau<br />

einer ehemaligen Springerkirche<br />

sein, wird durch die Baugeschichte des<br />

Objektes gestützt.<br />

Das unglückliche Ende<br />

Bis zum Jahre 1600 hatten die Springer<br />

einen bedeutenden Zuwachs erhalten,<br />

die Mehrheit der Bevölkerung war allerdings<br />

protestantisch. Die Katholiken<br />

stellten nur mehr ein kleines Häuflein<br />

dar, deren Geistliche sich dem Familienleben<br />

widmeten oder sich mit dem<br />

Die Vermutung,<br />

die Kapelle Zieregg<br />

könnte der Nachfolgebau<br />

einer ehemaligen<br />

Springerkirche<br />

sein, wird durch die<br />

Baugeschichte des<br />

Objektes gestützt.<br />

eigenen Weingarten beschäftigten.<br />

Die Visitation der Kirche Gamlitz durch<br />

den Pfarrer von Leibnitz, Anton Avancinus,<br />

im Jahre 1614 brachte folgendes<br />

Ergebnis: Die Kirche in Gamlitz ist<br />

feucht, der Kirchenornat im schlechten<br />

Zustand, eine Kapelle auf dem Friedhofe<br />

entweiht, denn die gewesenen<br />

Pfarrer hatten sie zu einer „Fleisch- und<br />

Speckkammer gebraucht“.<br />

Gescheiterter Versuch<br />

Die noch immer sehr mächtige Amtskirche<br />

hatte sich auf ihrem Schloss<br />

Seggauberg eingeigelt und wartete<br />

auf das Signal zum Losschlagen gegen<br />

Protestanten und andere Ketzer.<br />

Im Jänner 1600 war Schluss mit lustig,<br />

es begann eine gewaltige Razzia, bekannt<br />

als Gegenreformation, in deren<br />

Verlauf die Springerkirche bei Leutschach<br />

in Flammen aufging. Der Rest<br />

erlitt dasselbe Schicksal. Als Bischof<br />

Martin Brenner am 14. Oktober 1616<br />

im Retzhof starb, befanden sich die<br />

Springer bereits im Untergrund oder<br />

auf der Flucht vor ihren Häschern. Mit<br />

seinem Vorhaben, den Weingenuss in<br />

der Steiermark durch die Vertreibung

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!